| # taz.de -- Umsetzung des Cannabisgesetzes: Kiffer-Kontrollen noch ungeregelt | |
| > Straffrei gekifft werden darf nur unter Bedingungen. Nun beschäftigt die | |
| > Bundesländer, wer kontrolliert und welche Bußgelder verhängt werden. | |
| Bild: Die Blütenstände von erntereifen Cannabispflanzen werden mit einem elek… | |
| Hannover taz | Nun hat Hamburg also vorgelegt. Spektakuläre 30.000 Euro | |
| drohen für den sehr speziellen Fall, dass man Cannabis-Samen zu | |
| Geschäftszwecken aus Nicht-EU-Ländern einführt. Immerhin 1.000 Euro soll | |
| das Kiffen vor Minderjährigen kosten. Um die 500 Euro, wenn man sich vor | |
| Schulen, Kitas, Jugendeinrichtungen oder zur falschen Zeit in der | |
| Fußgängerzone erwischen lässt. Noch mehr, wenn man sich auf Militärgelände | |
| bewegt oder dort versucht, etwas anzubauen – wozu die Universität der | |
| Bundeswehr im Hamburger Stadtteil Jenfeld gehört. | |
| Hamburg orientiert sich damit im Wesentlichen [1][an der Vorlage Bayerns], | |
| das als erstes Bundesland mit so [2][hohen Strafandrohungen vorgeprescht | |
| war]. In Niedersachsen, Bremen und Schleswig-Holstein brütet man noch über | |
| den eigenen Bußgeld-Katalogen. | |
| Als „vielleicht an der ein oder anderen Stelle ein wenig überzogen“ hatte | |
| Niedersachsens Regierungssprecherin Anke Pörksen die bayerische Vorlage in | |
| der Landespressekonferenz vor zwei Wochen noch bezeichnet. „Ich weiß nicht, | |
| ob ein Bußgeld von 1.000 Euro bei einem Erstvergehen und einer | |
| vergleichsweise kleinen Ordnungswidrigkeit von den Gerichten mitgetragen | |
| würde – das wird man sehen.“ | |
| Pörksen bemüht sich auch darum, das Thema ein wenig tiefer zu hängen: Erst | |
| einmal sei man ja ohnehin noch in einer Phase, in der von der Polizei und | |
| den Ordnungsbehörden Verwarnungen ausgesprochen werden. Und bei | |
| hartnäckigen Verstößen könne man selbstverständlich auch jetzt schon | |
| Bußgelder verhängen – das geht auch ohne extra Katalog, obwohl es natürlich | |
| wünschenswert sei, zu einer halbwegs einheitlichen Regelung zu kommen. | |
| ## Entsprechende Verordnung erlassen | |
| Die kommunalen Spitzenverbände in Niedersachsen drängen auch aus anderen | |
| Gründen auf eine klare Regelung. Sie wollen wissen, wer für welche | |
| Kontrollen zuständig sein soll – und nach Möglichkeit auch für den | |
| zusätzlichen Aufwand entschädigt wird. So äußerten sich jedenfalls der | |
| Geschäftsführer des Niedersächsischen Städtetages, Jan Arning, und | |
| Oberbürgermeister Claudio Griese aus Hameln, der aktuell der | |
| Oberbürgermeisterkonferenz des Städtetages vorsteht. | |
| Um die Ordnungsdienste der Kommunen in die Kontrollen einzubinden, müsste | |
| das Land allerdings erst einmal eine entsprechende Verordnung erlassen. | |
| Nordrhein-Westfalen hat das schon getan – und seinen Kommunen in diesem | |
| Zuge auch vage einen finanziellen Ausgleich in Aussicht gestellt. Darum, | |
| wie dieser Ausgleich denn wohl aussehen könnte, wird aber noch gefeilscht. | |
| Der Aufwand ist ja auch nicht ganz leicht zu beziffern, nicht nur weil es | |
| an Erfahrungswerten fehlt, sondern auch weil der tatsächliche Aufwand ja | |
| auch daran hängt, wie eifrig man kontrolliert. Großangelegte | |
| Schwerpunktkontrollen sind mit dem vorhandenen Personal nicht zu stemmen, | |
| mahnen sowohl Kommunen als auch Polizei-Gewerkschaften bundesweit. | |
| ## Üppiger Verwaltungsprozess nötig | |
| Am Ende wird es vermutlich eher auf Stichproben und anlassbezogene | |
| Kontrollen hinauslaufen – wie etwa beim Nichtraucherschutzgesetz oder den | |
| Coronaregeln auch. Aber auch dafür müssen die Streifen erst einmal | |
| ausgestattet werden – mit Feinwaagen zum Beispiel, um festzustellen, ob | |
| sich die mitgeführte Menge noch im erlaubten Bereich bewegt oder eben | |
| nicht. | |
| Noch komplizierter wird es bei der Kontrolle der Anbauvereinigungen, die ab | |
| 1. Juli zugelassen werden sollen. Sie gehören zu dem Versuch, dem | |
| Schwarzmarkt ein Stück weit das Wasser abzugraben, um nicht die schlechten | |
| Erfahrungen der Niederlande zu wiederholen, die zwar den Konsum | |
| legalisiert, aber Anbau und Handel kriminellen Banden überlassen haben. | |
| Für die Zulassung und Kontrolle der Anbauvereinigungen ist allerdings ein | |
| üppiger Verwaltungsprozess nötig. Der Anbau muss vor der Aussaat beantragt | |
| werden, die Zuverlässigkeit der Antragssteller muss überprüft werden, die – | |
| bis zu 500 Leute umfassenden – Mitgliederlisten theoretisch auch. | |
| ## Landwirtschaftskammer oder Gesundheitsbehörde? | |
| Pro Mitglied dürfen 50 Gramm im Monat abgegeben werden, aber nur mit | |
| Beipackzettel. Bei Mitgliedern im Alter zwischen 18 und 21 Jahren sind es | |
| 30 Gramm im Monat – hier muss auch der THC-Gehalt auf 10 Prozent beschränkt | |
| werden. Vom Anbau über die Ernte bis zur Abgabe muss alles dokumentiert | |
| werden. | |
| In Niedersachsen sieht man diese Aufgabe aktuell bei der | |
| Landwirtschaftskammer, die kennt sich mit [3][Anbau] und Bürokratie | |
| schließlich aus. Bremen hat diese Zuständigkeit erst einmal der Senatorin | |
| für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz zugeordnet, Schleswig-Holstein | |
| und Hamburg haben sich dazu noch nicht klar geäußert. | |
| ## Bayern arbeitet mit Task Force | |
| Die genauen Verfahren sind überall noch in Arbeit, immerhin müssen ja auch | |
| insgesamt eine ganze Reihe von Ministerien beteiligt werden: das | |
| Gesundheits- und Sozialministerium für die im Gesetz festgeschriebenen | |
| Präventionsaufgaben, das Innenministerium beim Sicherheitsaspekt, das | |
| Landwirtschaftsministerium, der Verbraucherschutz. | |
| Bayern hat schon im März – noch bevor [4][das Gesetz] beschlossen und in | |
| Kraft war – angekündigt, eine mindestens 20-köpfige Task Force einsetzen zu | |
| wollen, deren Aufgabe wohl vor allem darin bestehen soll, alle | |
| bürokratischen Kontroll- und Verbotsmöglichkeiten des Gesetzes bis zum | |
| Anschlag auszunutzen. Daran hat sich Hamburg bisher kein Beispiel genommen. | |
| 14 May 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Nadine Conti | |
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