# taz.de -- Ukraine unter russischem Dauerbeschuss: Schwere Angriffe auf Energi… | |
> Russland greift Kraftwerke der Ukraine an. Die Ukraine attackiert | |
> Infrastruktur auf der Krim. Eine Beteiligung am Anschlag in Moskau weist | |
> sie zurück. | |
Bild: Am Freitag erlebte die Ukraine die schlimmsten russischen Angriffe auf di… | |
Wer hat den [1][Terroranschlag auf die Konzerthalle am Freitag in Moskau] | |
verübt? Bekannt dazu hat sich die Terrororganisation Islamischer Staat | |
(IS). Terrorexperten halten den afghanischen Zweig ISPK für verantwortlich. | |
[2][Russland hingegen zeigt auf die Ukraine], und dort wiederum ist man | |
überzeugt, das Putin-Regime selbst sei in das Attentat verwickelt – gerade | |
um die Ukraine verantwortlich machen und den Anschlag als Vorwand für eine | |
neue Mobilisierung für den Krieg in der Ukraine nutzen zu können. | |
Bereits zuvor hatte Russland die seit Monaten schwersten Raketenangriffe | |
auf die ukrainische Energieversorgung gefahren. Die gingen auch am | |
Wochenende weiter, und in der Nacht zum Sonntag griff Russland mit 28 | |
Drohnen und 29 Marschflugkörpern erneut an. Hauptziel waren Energieanlagen | |
in der Oblast Lwiw im Westen der Ukraine. 18 der 29 Raketen sowie 25 der 28 | |
Drohnen konnte das ukrainische Militär nach eigenen Angaben abschießen. | |
Allein über Kyjiw und in der Umgebung der Hauptstadt sei es gelungen, etwa | |
ein Dutzend Raketen abzufangen. Dennoch habe es am frühen Morgen mehrere | |
Explosionen in Kyjiw gegeben. Die Schäden seien aber gering ausgefallen, | |
teilt die Militärverwaltung Kyjiws mit. | |
Eine der russischen Raketen war nach Auskunft Polens zudem für 39 Sekunden | |
in den polnischen Luftraum eingedrungen. Die polnischen Streitkräfte | |
mobilisierten daraufhin ihre Flugzeugflotte. Das Außenministerium erklärte, | |
den russischen Botschafter einbestellen zu wollen, der sich dazu erklären | |
müsse. | |
## Schwere Angriffe nach langer Pause | |
Die Raketenangriffe auf die Ukraine begannen nach einer langen Pause [3][am | |
Donnerstag]. Hauptziel war die Hauptstadt Kyjiw. Nach ukrainischen Angaben | |
wurden alle 31 Marschflugkörper abgeschossen. Trümmerteile beschädigten | |
jedoch mehrere Dutzend Häuser und verletzten 13 Menschen. Rund 30.000 | |
Einwohner*innen suchten während des Angriffs Schutz in den | |
U-Bahn-Stationen. | |
Eine von ihnen war die Washington-Post-Fotografin Oksana Parafenyuk. | |
[4][Auf Twitter/X veröffentlichte sie ein Foto], auf dem ihr Mann um 4 Uhr | |
morgens auf dem Boden einer U-Bahn-Station sitzt – mit Mütze, dicker Jacke | |
und Schlafsack. Neben ihm steht ein Kinderwagen, in dem ihr kleiner Sohn | |
schläft. Parafenyuk betitelte das Foto ironisch: „Und das sind mein Mann | |
und mein kleiner Sohn, die einen schönen Donnerstagmorgen in unseren warmen | |
Betten genießen.“ | |
Die Menschenrechtsaktivistin und Nobelpreisträgerin Oleksandra | |
Matwijtschuk, die ebenfalls in der überfüllten U-Bahn Schutz suchte, | |
kommentierte: „Ich weiß nicht, wie ich nach einer solchen Nacht den ganzen | |
Tag durchhalten und auf verschiedenen Veranstaltungen sprechen soll. Aber | |
ich weiß, dass ich und andere Menschen in Kyjiw es schaffen werden.“ | |
Längst haben die Ukrainer*innen ihren Alltag auf regelmäßige | |
Raketenangriffe eingestellt. Auch nach einer schlaflosen Nacht gehen sie | |
morgens zur Arbeit, bringen ihre Kinder in Kindergärten und Schulen, Cafés | |
und Geschäfte öffnen, und die Stadtverwaltung beseitigt schnell die | |
sichtbaren Folgen der Angriffe. Die Routine hilft dabei, eine gewisse | |
Normalität und Kontrolle zu behalten. | |
## Über eine Million Menschen ohne Strom | |
In der Nacht auf Freitag gingen erneut Raketen auf die Ukraine nieder. 63 | |
Drohnen und 88 Raketen wurden registriert. Der ukrainischen Luftabwehr | |
gelang es nach eigenen Angaben, 92 dieser Flugobjekte abzuschießen. Dennoch | |
wurden Treffer in zehn Regionen in allen Landesteilen registriert. | |
Hauptziel waren Wasser- und Wärmekraftwerke. Laut Wolodymyr Kudrytskyj, | |
Leiter des Energieversorgers Ukrenergo, waren die Angriffe auf das | |
Energiesystem noch schwerwiegender [5][als die im vergangenen Winter]. | |
Dutzende von Hauptnetzeinrichtungen wurden demnach beschädigt, über eine | |
Million Menschen blieben ohne Strom. | |
Auch der [6][Damm des Dnipro-Wasserkraftwerks], des größten der Ukraine, | |
wurde schwer beschädigt. Es versorgt das unter russischer Besetzung | |
stehende Atomkraftwerk Saporischschja mit Wasser. Trotz mehrerer | |
Volltreffer hielt der Staudamm zunächst stand. Im Ort Saporischschja schlug | |
eine russische Rakete in einem Wohngebiet ein und zerstörte mehrere Dutzend | |
Häuser vollständig. Mindestens drei Menschen wurden getötet, darunter ein | |
achtjähriges Kind. | |
In Charkiw, der zweitgrößten Stadt der Ukraine, waren die Menschen mehr als | |
24 Stunden ohne Strom, Wasser, Heizung und Kommunikation. Die U-Bahn fuhr | |
nicht, das Luftschutzwarnsystem funktionierte nicht mehr, und die | |
Straßenbeleuchtung fiel aus. Laut dem Gouverneur der Oblast Charkiw, Oleh | |
Sinehubow, feuerte Russland 21 Raketen auf die kritische Infrastruktur der | |
Region ab. Es sei unmöglich, einen genauen Zeitrahmen für die | |
Wiederherstellung zu nennen. | |
„Die Straßen von Charkiw sind erfüllt vom Brummen der Generatoren. Ich habe | |
mich morgens im Licht der Taschenlampe geschminkt, Kaffee getrunken und | |
gehe jetzt zur Therapie. Die Russen haben unsere Infrastruktur zerstört, | |
aber nicht unsere Kraft und unseren Geist“, schrieb die Aktivistin Iryna | |
Voichuk. | |
Das Institute for the Study of War vermutet, die Angriffe zielten darauf | |
ab, die ukrainische Rüstungsindustrie zu beschädigen. Gleichzeitig | |
könnten die russischen Streitkräfte das Fehlen von Luftabwehrraketen auf | |
ukrainischer Seite ausnutzen, um erneut das Energiesystem der Ukraine | |
anzugreifen. | |
## Kritik an Verbündeten | |
Präsident Wolodymyr Selenskyj forderte in einer Videobotschaft mehr | |
Luftabwehrsysteme – und kritisierte das Zögern mancher Verbündeter. „Der | |
russische Terror ist nur deshalb möglich, weil wir nicht über genügend | |
moderne Luftabwehrsysteme verfügen, das heißt, um ehrlich zu sein, es fehlt | |
der politische Wille, sie bereitzustellen.“ | |
In der Nacht zu Sonntag gelang dem ukrainischen Militär nach eigenen | |
Angaben ein Erfolg: Bei Angriffen auf die von Russland annektierte | |
Halbinsel Krim traf sie demnach zwei große russische Landungsschiffe, ein | |
Kommunikationszentrum und andere von der Schwarzmeerflotte genutzte | |
Infrastruktur. | |
Für die russischen Behauptungen, die Ukraine sei in den Terroranschlag in | |
Moskau verwickelt, gibt es US-Vizepräsidentin Kamala Harris zufolge | |
„keinerlei Beweise“. Auch sie geht davon aus, dass der ISPK verantwortlich | |
sei. | |
24 Mar 2024 | |
## LINKS | |
[1] /IS-Terrorattentat-von-Moskau/!5999858 | |
[2] /Terror-in-Konzerthalle-in-Russland/!5999861 | |
[3] /-Nachrichten-im-Ukraine-Krieg-/!5999612 | |
[4] https://twitter.com/Oks_Parafeniuk/status/1770658291846144386 | |
[5] /Krieg-in-der-Ukraine/!5972813 | |
[6] /Nach-der-Zerstoerung-des-Staudamms/!5938879 | |
## AUTOREN | |
Anastasia Magasowa | |
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