# taz.de -- Ukraine-Hilfen nach McCarthy-Abwahl: Die Zeit ist nicht ihr Freund | |
> Mit der Abwahl des Sprechers des Repräsentantenhauses stehen auch die | |
> Ukraine-Hilfen auf der Kippe. Die nächsten Wochen seien aber noch | |
> gesichert. | |
Bild: Seite an Seite: Wolodimir Selenski bei seinem jüngsten Besuch in Washing… | |
BERLIN taz | Nach der beispiellosen [1][Abwahl des republikanischen | |
Sprechers] des Repräsentantenhauses am Dienstag beeilte sich US-Präsident | |
Joe Biden, Vertrauen in die Zuverlässigkeit der USA bei der Unterstützung | |
der Ukraine zu verbreiten. | |
Bei einer Telefonkonferenz im Weißen Haus erklärte der US-Präsident | |
zahlreichen verbündeten Staats- und Regierungschefs, die derzeit noch zur | |
Verfügung stehenden Finanzmittel reichten aus, um die Ukraine noch einige | |
Wochen zu unterstützen. Und das, obwohl der [2][45-Tage-Zwischenhaushalt], | |
auf den sich eine überparteiliche Mehrheit im Kongress Ende vergangener | |
Woche geeinigt hatte, zunächst keine weiteren Gelder für die Ukraine | |
vorsieht. | |
Der Kommunikationsdirektor des nationalen Sicherheitsrats im Weißen Haus, | |
John Kirby, erläuterte am Dienstag, die aktuelle, vom Kongress bewilligte | |
Tranche reiche womöglich auch „ein paar Monate“ – aber das hänge von den | |
Gegebenheiten auf dem Schlachtfeld in der Ukraine ab. Die Zeit sei | |
jedenfalls „nicht unser Freund“, sagte Kirby. Jede Lücke in der | |
US-Unterstützung könnte Kremlchef Wladimir Putin zur Annahme verleiten, | |
dass er „uns aussitzen kann“. | |
Verhandlungen über weitere Finanzmittel und Militärhilfe für die Ukraine | |
müssen also bald erfolgen, und das geht erst, wenn das Repräsentantenhaus | |
durch die Wahl einer McCarthy-Nachfolge überhaupt wieder handlungsfähig | |
ist. Die nächsten Tage, bis ab kommendem Dienstag eine neue Spitze gewählt | |
werden soll, werden von intensivem Machtpoker hinter den Kulissen der | |
republikanischen Fraktion geprägt sein – welche Rolle das Thema der | |
Ukraine-Hilfe dabei genau spielen wird, ist von außen schwer | |
einzuschätzen. | |
## Trump-Anhängerin: in Kyjiw herrsche eine Nazibande | |
Denn es sind weit mehr als jene acht republikanischen Abgeordneten, die | |
gemeinsam mit den Demokraten für die Absetzung Kevin McCarthys sorgten, die | |
sich immer offener gegen die [3][weitere Unterstützung der Ukraine] | |
einsetzen. Marjorie Taylor Greene etwa, die QAnon- und Trump-Anhängerin, | |
war innerhalb der ultrarechten Kreise der Fraktion eine der wichtigsten | |
Verbündeten McCarthys – verbreitet aber in Sachen Ukraine das Narrativ, in | |
Kyjiw herrsche eine aggressive Nazibande und hat bereits mehrfach gegen | |
weitere Finanzmittel gestimmt. | |
Als Ukraines Präsident Wolodimir Selenski bei seinem jüngsten Besuch in | |
Washington darum bat, erneut beide Kammern des Kongresses direkt | |
adressieren zu können, lehnte McCarthy das ab – man habe dafür keine Zeit. | |
Im Senat steht zwar der republikanische Fraktionschef Mitch McConnell | |
durchaus fest für die Ukraine ein – aber sein Alter, sein | |
Gesundheitszustand und die Senatswahlen im kommenden Jahr sprechen dafür, | |
dass auch er Schwierigkeiten haben wird, seine Fraktion eindeutig auf Kurs | |
zu halten. Im Senat halten die Demokraten allerdings bei einer | |
50:50-Sitzverteilung im Zweifel durch die entscheidende Stimme von | |
Vizepräsidentin Kamala Harris noch die Mehrheit. | |
Für Joe Biden und die Ukraine wird es jedenfalls essentiell sein, mit der | |
neuen Führung im Repräsentantenhaus schnell zusammenzuarbeiten. Wie viele | |
Zugeständnisse die Regierung dafür ein Jahr vor den nächsten Wahlen zu | |
machen bereit ist, dürfte ein Aushandlungsprozess werden. | |
4 Oct 2023 | |
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## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
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