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# taz.de -- Überwachungspläne der EU: Messenger-Dienste sollen scannen
> Diese Woche soll eines der Überwachungsvorhaben der EU, die
> Chatkontrolle, abgestimmt werden. Kritiker:innen sehen die
> Privatsphäre in Gefahr.
Bild: Inhalte schicken via Messenger? Die EU will dabei mehr Überwachung
Berlin taz | Es soll ein Beschluss auf den letzten Drücker werden: Kurz vor
Ablauf der belgischen Ratspräsidentschaft versuchen deren
Vertreter:innen auf EU-Ebene einen Beschluss zu einem der
umstrittensten Überwachungsprojekte zu erzielen: Kommunikationsdienste wie
Whatsapp, Signal oder Facebook sollen demnach verpflichtet werden können,
auf Anordnung persönliche Bilder und Videos der Nutzer:innen zu
durchsuchen.
Unter Kritiker:innen hat das Überwachungsvorhaben den Titel
„[1][Chatkontrolle]“ bekommen. Denn das ist der Kern des Vorhabens:
Inhalte, die Menschen via Messengerdienst verschicken, sollen gescannt
werden können. Ziel ist es laut EU-Kommission, die das Vorhaben initiiert
hat, Darstellungen von sexualisierter Gewalt gegen Kinder aufzuspüren und
Urheber:innen oder Personen, die die Inhalte weiterverbreiten, zu
verfolgen.
Bislang scheiterte das Vorhaben, weil sich unter den Mitgliedstaaten nicht
die nötige Mehrheit fand. Das könnte sich nun ändern: Bereits Ende Mai
berichteten Insider:innen, dass Frankreich sein Veto aufgeben könnte. Damit
würde die bisherige Sperrminorität der kritischen Mitgliedstaaten fallen.
Wird der Beschluss bei einer anvisierten Abstimmung am Mittwoch angenommen,
würde das den Eintritt in die Trilogverhandlungen mit Kommission und
EU-Parlament bedeuten. Angesichts des Rechtsrutsches bei der Europawahl ist
unklar, ob das Parlament dabei auf seiner bislang verhältnismäßig
bürgerrechtsfreundlichen Linie bleibt.
## Scannen trotz Verschlüsselung
Die belgische Ratspräsidentschaft sieht ihren Vorschlag als Kompromiss: Die
Inhalte sollen nicht standardmäßig gescannt werden können, sondern nur
dann, wenn die Nutzer:innen zustimmen. Das Problem: Lehnen sie ab,
sollen sie keine Bilder und Videos mehr senden oder empfangen können.
Dienste, die die Kommunikation ihrer Nutzer:innen
Ende-zu-Ende-verschlüsseln, sollen dazu verpflichtet werden, ein Scannen
bereits auf dem Endgerät der nutzenden Person möglich zu machen.
„Die Behauptung, es handle sich dabei um Freiwilligkeit ist schlicht
irreführend, wenn ein Dienst ohne Chatkontrolle gar nicht mehr vollständig
genutzt werden kann“, kritisiert Tobias Bacherle,
Grünen-Bundestagsabgeordneter und Obmann im Digitalausschuss. Das Scannen
auch verschlüsselter Video- und Bildinhalte in privaten Chats bleibe ein
massiver Eingriff in die digitalen Grundrechte.
Alexandra Koch-Skiba, Leiterin der Beschwerdestelle des Verbandes der
Internetwirtschaft eco, sagt: „Im Ergebnis haben wir damit eine erzwungene
Zustimmung, die dem EU-Recht absolut widerspricht.“ Der Vorschlag
beeinträchtige „die Sicherheit und den Schutz der Privatsphäre aller
EU-Bürger weiterhin immens“.
Auch andere Expert:innen lehnen das Vorhaben ab. Bereits im vergangenen
Jahr [2][kamen alle im Digitalausschuss des Bundestages geladenen
Sachverständigen zu dem Ergebnis], dass das Vorhaben mehr Risiken als
Nutzen habe. Darunter waren der [3][Bundesdatenschutzbeauftragte],
Vertreter:innen von Chaos Computer Club und Generalstaatsanwaltschaft
Köln sowie der Vizepräsident des Kinderschutzbundes.
Die Expert:innen forderten stattdessen ein Maßnahmenbündel: unter
anderem eine verbesserte Prävention, mehr Personal und Ressourcen bei der
Ermittlung im Bereich sexualisierte Gewalt gegen Kinder und eine Pflicht
für Anbieter, aufgespürtes Material zu löschen.
16 Jun 2024
## LINKS
[1] /EU-Plan-in-der-Kritik/!5934442
[2] /Digitalausschuss-zu-Ueberwachungsplaenen/!5915998
[3] /Bericht-des-Bundesdatenschuetzers/!5922313
## AUTOREN
Svenja Bergt
## TAGS
Digitalisierung
Schwerpunkt Überwachung
Verbraucherschutz
GNS
Digitalisierung
Internet
Datenschutz
Netzüberwachung
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