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# taz.de -- Tucholskystraße in Berlin-Mitte: Unklar, ob die Poller fallen
> Der Beschluss des Verwaltungsgericht gegen die Sperre für den Autoverkehr
> in der Tucholskystraße könnte kurzlebig sein – dank der novellierten
> StVO.
Bild: Freie Fahrt für Autos: die Tucholskystraße vor ein paar Jahren
Berlin taz | Zwar hat das Berliner [1][Verwaltungsgericht entschieden],
dass die [2][Durchfahrtssperren für Autos in der Tucholskystraße] in Mitte
rechtswidrig angeordnet wurden und abzubauen seien – ob das Bezirksamt das
auch tut, bleibt abzuwarten. Denn die Entscheidung, über die das Gericht am
Dienstag die Öffentlichkeit informierte, fällt in einen außergewöhnlichen
Zeitraum: Wenn in Kürze die novellierte Straßenverkehrsordnung (StVO) in
Kraft tritt, könnte die Verkehrsmaßnahme auf einmal doch rechtmäßig sein.
Geklagt hatten AnwohnerInnen und Gewerbetreibende gegen die auf dem
Abschnitt zwischen Oranienburger und Torstraße eingerichtete Fahrradstraße,
die zusätzlich mit einem Modalfilter – einer diagonalen Pollerreihe – an
der Kreuzung mit der Auguststraße ausgestattet wurde. Die Unterbrechung der
Auguststraße zwinge sie und ihre KundInnen dazu, Umwege zu fahren, machten
sie vor Gericht geltend – Gründe der Verkehrssicherheit gebe es für die
Sperre nicht.
Das Bezirksamt, das die Fahrradstraße auf der Grundlage eines
Kiezblock-Beschlusses der BVV angeordnet hatte, argumentierte dagegen, es
gehe darum, mit der Unterbindung des Durchgangsverkehrs
„Gefahrensituationen an Kreuzungspunkten“ zu entschärfen. Das überzeugte
die VerwaltungsrichterInnen nicht: Die Verwaltung habe keine „qualifizierte
Gefahrenlage“ nachgewiesen, etwa indem sie Verkehrs- oder Unfallzahlen
vorgelegt hätte.
## Mobilitätsgesetz hilft (noch) nicht
Die Erfüllung des Sicherheitskriteriums ist für die StVO in ihrer geltenden
Form unabdingbar. Ausnahmen gibt es für die Anlage von Fahrradstraßen,
nicht aber für das Aufstellen von Pollern, die die Durchfahrt verhindern.
Auch auf das Berliner Mobilitätsgesetz, dem zufolge Fahrradstraßen und
Nebenstraßen so gestaltet werden sollen, dass Durchgangsverkehr
unterbleibt, könne sich der Bezirk nicht berufen, so das Gericht – es
handele sich dabei um „stadtplanerische Erwägungen“ und Zielvorgaben, die
Bundesrecht nicht „überlagern“ könnten.
[3][Allerdings tritt dieser Tage die novellierte StVO in Kraft, die Anfang
des Monats den Bundesrat passiert hat.] Damit verändert sich das Panorama
entscheidend, denn die Neufassung erlaubt die „Bereitstellung angemessener
Flächen für den fließenden und ruhenden Fahrradverkehr sowie für den
Fußverkehr“, was auch mit Zielen wie Umwelt-, Klima- und Gesundheitsschutz
oder der städtebaulichen Entwicklung begründet werden kann. Auf dieser
Grundlage hätte das Gericht die Anordnung wohl nicht als rechtswidrig
einstufen können.
Auf die StVO-Novelle und ihre neuen Spielräume verweist auch der grüne
Verkehrsstadtrat von Mitte, Christopher Schriner. Den Beschluss des
Verwaltungsgerichts respektiere man, schreibt er in einer Pressemitteilung,
das Bezirksamt werde aber „in den nächsten zwei Wochen den Beschluss
eingehend rechtlich prüfen“. Eine Beschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht
könnte folgen. Sollte es dazu kommen, wird sich das OVG mit einer
geänderten Rechtslage auseinanderzusetzen haben.
17 Jul 2024
## LINKS
[1] https://www.berlin.de/gerichte/verwaltungsgericht/presse/pressemitteilungen…
[2] /Ignorante-Autofahrerinnen/!5986713
[3] /Strassenverkehrsgesetz-reformiert/!6013702
## AUTOREN
Claudius Prößer
## TAGS
Schwerpunkt Radfahren in Berlin
Mobilitätsgesetz
Verwaltungsgericht
Straßenverkehrsordnung
Kiezblock
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Verkehrspolitik
Verkehrswende
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