# taz.de -- Todesfahrt in Mannheim: Sorgt endlich für echte Sicherheit | |
> Rechte schlachten die Amokfahrt in Mannheim aus, dabei dachte der Täter | |
> selbst rechtsextrem. Zeit für eine Sicherheitspolitik, die diesen Namen | |
> wirklich verdient. | |
Bild: Ermittler der Polizei durchsuchen eine Wohnung in Ludwigshafen, in der de… | |
Es passiert schon wieder: Eine Gewalttat hat in Deutschland Menschen das | |
Leben gekostet – und andere instrumentalisieren sie für ihre politischen | |
Zwecke. Doch beim mutmaßlichen Attentat von Mannheim, bei dem bisher zwei | |
Menschen gestorben sind und viele verletzt wurden, bleibt die rechte | |
Instrumentalisierung bislang eher subtil. Warum ist das so? | |
Recherchen legen nahe, dass der mutmaßliche Attentäter von Mannheim in der | |
Vergangenheit [1][rechtsextremes Gedankengut geäußert] oder zumindest damit | |
sympathisiert hat. Dennoch hat ein großer Teil der medialen und politischen | |
Öffentlichkeit bereits entschieden: Ein politisches Motiv wird | |
ausgeschlossen, der Fall kann zu den Akten gelegt werden. | |
Dass der mutmaßliche Täter psychisch erkrankt war und deshalb mit seinem | |
Wagen in eine Menschenmenge raste, mag zutreffen – doch es ist viel zu | |
früh, dies als endgültige Erkenntnis festzuhalten. Eine ergebnisoffene | |
Analyse und Ermittlungen in alle Richtungen sind notwendig, um daraus zu | |
lernen und die Bevölkerung besser zu schützen. | |
Die bittere Erkenntnis wenige Stunden nach dem Attentat: Weiß-deutsche | |
Täter werden anders behandelt als jene, [2][die nicht weiß sind]. | |
## Deutsche Doppelstandards | |
In Deutschland herrscht ein Doppelstandard: Je nach Herkunft des Täters | |
wird eine Tat unterschiedlich bewertet. Die Fixierung auf Hautfarbe und | |
Namen verdrängt andere relevante Fragen: Warum nehmen so viele Männer mit | |
psychischen Erkrankungen keine Hilfe in Anspruch? Sind die bestehenden | |
Hilfsangebote ausreichend? Und warum sind deutsche Innenstädte oft nicht | |
besser gesichert? | |
Hundertprozentige Sicherheit kann es nicht geben – das erkennen | |
mittlerweile auch immer mehr Innenpolitiker*innen an. Doch was | |
tatsächlich zu mehr Sicherheit beitragen könnte, wäre der Verzicht auf | |
Doppelstandards. Jeder Attentäter, jede potenzielle Gefahr sollte nüchtern | |
analysiert werden. Unabhängige, seriöse wissenschaftliche Erkenntnisse | |
müssen im Mittelpunkt stehen – nicht politisch motivierte Kampagnen. | |
Doch auch im Mannheimer Fall: Wenige Augenblicke nach den ersten | |
Eilmeldungen versuchten verschiedene Seiten das Blame-Game zu betreiben, in | |
der Hoffnung, dass der Attentäter schon ein Asylbewerber sein oder | |
mindestens einen nicht-deutschen Namen tragen würde. | |
Auf verschiedenen sozialen Medien, besonders auf der Hassschleuder X, | |
machten AfD-Trolle mit blauen Herzen im Profil schnell „importierten | |
Terrorismus“ oder „die Islamisierung“ für die Gewalttat verantwortlich. | |
Andere versuchten absurderweise pro-palästinensische Demonstrant*innen | |
pauschal zu diffamieren. Kurz: ihre eigene politische Agenda zu bedienen. | |
## Wirksame Maßnahmen sind bekannt | |
Dabei führt genau dieser politisierte Ansatz nirgendwohin: Während des | |
Wahlkampfs wurden die mutmaßlichen Attentate von Magdeburg, Aschaffenburg | |
und München von nahezu allen Parteien für ihre Zwecke instrumentalisiert. | |
Drei nicht-weiße Täter, deren Gewalttaten Menschen das Leben nahmen und | |
ganze Gemeinschaften in eine Krise stürzten, wurden vor allem unter einem | |
migrationspolitischen Blickwinkel diskutiert. | |
Das Gedenken an die Opfer oder [3][konkrete Maßnahmen zur Erhöhung der | |
Sicherheit] rückten in den Hintergrund. Stattdessen schielten viele | |
Politiker*innen auf die Prozentpunkte, die sie durch populistische | |
Narrative gewinnen könnten. | |
Dabei ist längst bekannt: Mehr Sicherheit entsteht durch eine bessere | |
Betreuung psychisch erkrankter Menschen, eine effektivere Nutzung der | |
bereits (zu sehr) erweiterten Kompetenzen der Sicherheitsbehörden und eine | |
bessere Koordination zwischen Bund und Ländern. Doch anstelle pragmatischer | |
Lösungen setzen viele parteipolitische Akteur*innen auf | |
migrationspolitische Panikmache, hasserfüllte Parolen im Wahlkampf – und | |
politische Gleichgültigkeit danach. | |
Deutsche Debatten machen uns alle unsicherer. Es ist höchste Zeit, eine | |
Sicherheitspolitik einzufordern, die diesen Namen wirklich verdient. | |
5 Mar 2025 | |
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## AUTOREN | |
Mohamed Amjahid | |
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