# taz.de -- Pkw-Attacke in Mannheim: Amokfahrer war früher in rechtsextremer S… | |
> Nach der Pkw-Attacke in Mannheim schließen Ermittler ein politisches | |
> Motiv aus. Aber: Der Festgenommene war offenbar vor Jahren Teil der | |
> rechten Szene. | |
Bild: Durchsuchung der Wohnung von Alexander S., dem Tatverdächtigen der Amokf… | |
BERLIN taz | Die Ermittler legten sich vorerst fest: Das Pkw-Attentat, bei | |
dem am Montag in der Mannheimer Innenstadt zwei Menschen getötet und elf | |
teils schwer verletzt wurden, [1][habe keinen politischen Hintergrund]. Es | |
gebe vielmehr konkrete Hinweise auf eine psychische Erkrankung des | |
festgenommenen Alexander S. Nun aber gibt es laut der | |
[2][Antifa-Recherchegruppe Exif] ebenfalls Hinweise, dass der 40-Jährige | |
zumindest in der Vergangenheit politisch aktiv war: in der rechtsextremen | |
Szene. | |
Demnach zeigen Fotos Alexander S. bei einem [3][Aufmarsch von | |
Rechtsextremen und Reichsbürgern im Oktober 2018] in Berlin. Rund 1.300 | |
Teilnehmende hatten sich damals dem Aufzug des Bündnisses „Wir für | |
Deutschland“ angeschlossen – kurz zuvor war es in Chemnitz zu rechten | |
Unruhen gekommen. | |
Laut Exif soll Alexander S. zudem zumindest im Jahr 2018 Teil des „Ring | |
Bunds“ gewesen sein, einer Gruppe aus dem Umfeld eines rechtsextremen | |
Waffennetzwerks. In einer Personenliste eines dort Aktiven soll Alexander | |
S. mit dem Verweis „Ring Bund“ notiert gewesen sein. Zudem soll S. im | |
September 2018 via E-Mail instruiert worden sein, wie man Nachrichten im | |
Entwürfe-Ordner des „Ring Bund“-Accounts austauschen könne. | |
## Rechtsextremer „Ring Bund“ wetterte gegen „Hochfinanz“ | |
Der „Ring Bund“ soll sich laut Exif unter anderem im Februar 2018 in einer | |
von Rechtsextremen genutzten Immobilie im Thüringer Guthmannshausen | |
getroffen haben. Bei Vorträgen sei es um die „Theorie der revolutionären | |
Situation“ gegangen, über „gewaltsamen Widerstand“ oder ein System „der | |
weltweit beherrschenden Hochfinanz“. | |
Das Waffennetzwerk, an das der „Ring Bund“ angebunden gewesen sei, wiederum | |
flog im Jahr 2020 auf. Laut Ermittlungsergebnissen soll das Netzwerk von | |
2015 bis 2018 Schusswaffen, darunter Uzis und Pumpguns, von Kroatien nach | |
Deutschland gebracht haben. Drei Männer wurden 2022 vom Landgericht München | |
deshalb zu Freiheitsstrafen bis zu 4 Jahren und 3 Monaten verurteilt. | |
Die taz hatte damals [4][über interne Mails der Gruppe berichtet]. Demnach | |
versuchten Mitglieder an verschiedene rechtsextreme Gruppe wie die | |
Identitären, Pegida, die „Europäische Aktion“ oder die AfD anzudocken. Au… | |
eine eigene Gruppe entstand: die „Patriotische Alternative“, mit der die | |
AfD unterstützt werden sollte. | |
Mit den Hinweisen auf die wohl rechtsextreme Vergangenheit von Alexander S. | |
stellt sich nun die Frage, ob die Tat von Mannheim womöglich doch politisch | |
motiviert gewesen sein könnte – und ob es Mitwisser des Tatplans gab. | |
## Linke fordert Aufklärung | |
Die Linken-Bundestagsabgeordnete Clara Bünger kritisierte, dass ein Mann | |
mit möglicher rechtsextremer Vergangenheit einen tödlichen Angriff begehe | |
und „die Politik schaut weg“. Es brauche nun „Aufklärung und Antworten a… | |
Hintergründe zum Täter“. | |
Ein Sprecher des Polizeipräsidiums Mannheim und eine Sprecherin der | |
Landeskriminalamts Baden-Württemberg sagten der taz, die die Hinweise auf | |
die rechtsextremen Aktivitäten von Alexander S. seien bekannt und würden im | |
Rahmen der Ermittlungen geprüft. Zu klären sei, ob diese für die Tat | |
relevant waren, so der Polizeisprecher. Dazu fänden momentan auch | |
Befragungen des Umfelds des Festgenommenen und Auswertungen seiner Social | |
Media Kommunikation statt. | |
Die jüngste Durchsuchung der Wohnung von Alexander S. in Ludwigshafen | |
(Rheinland-Pfalz) ergab laut Polizei keine Hinweise auf das Tatmotiv. Die | |
Staatsanwaltschaft Mannheim betonte aber am Mittwochnachmittag, dass es | |
„nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen weiterhin keine Anhaltspunkte | |
dafür gibt, dass der konkreten Tat ein extremistisches oder politisches | |
Motiv zugrunde lag“. Die Hinweise auf die Kontakte von Alexander S. ins | |
rechtsextreme Milieu 2018 seien bekannt, hieß es auch dort. „Abfragen bei | |
verschiedenen Nachrichtendiensten führten allerdings zu keinen | |
extremismusrelevanten Rückmeldungen. Auch bei den bisher gesichteten | |
Asservaten konnten bislang keinerlei Anhaltspunkte für eine extremistische | |
Gesinnung des Tatverdächtigen gefunden werden.“ Die Auswertungen würden | |
aber „intensiv fortgeführt“. | |
Die Staatsanwaltschaft erklärte weiter, dass stattdessen aufgrund | |
umfangreicher ärztlicher Unterlagen und einer „Vielzahl sich gegenseitig | |
bestätigender Zeugenaussagen“ davon auszugehen sei, dass bei Alexander S. | |
„seit vielen Jahren“ eine psychische Erkrankung vorliege. Der 40-Jährige | |
habe sich regelmäßig in psychiatrischer Behandlung befunden, im vergangenen | |
Jahr auch stationär. Laut Bild soll sich S. damals an ein Ludwigshafener | |
Krankenhaus gewandt haben, mit der Ansage, er habe sich mit Benzin | |
übergießen und anzünden wollen. | |
Laut Staatsanwaltschaft erhöhte sich zudem die Zahl der Verletzten auf 14 | |
Personen, darunter auch ein zweijähriges Kind. Vier Personen befänden sich | |
noch im Krankenhaus. Alexander S. war bei der Tat von dem Taxifahrer | |
Muhammad A. gestoppt und darauf von der Polizei festgenommen worden. Zuvor | |
soll sich der 40-Jährige mit einer Schreckschusspistole in den Mund | |
geschossen haben. | |
## Social Media Fotos mit Waffe und vor Panzer | |
Laut seinem Facebook-Profil studierte Alexander S. Biotechnologie in | |
Darmstadt, er soll als Gärtner gearbeitet haben. Auf Facebook postete er | |
zuletzt nur noch sporadisch und vor allem Tiervideos. In einem Beitrag von | |
2020 kommentierte er eine Graffiti-Aktion, bei der ein Hakenkreuz übermalt | |
wurde, mit „saugeil“. Ein zweites Profil beim russischen Anbieter VK zeigt | |
dagegen laut Medienberichten nordische Götter und S. mit einem Gewehr im | |
Schießstand sowie posierend vor einem Panzer. | |
Zudem wurde Alexander S. im August 2019 zu einer Geldstrafe verurteilt, | |
weil er auf Facebook ein gepostetes Bild von Adolf Hitler mit dem | |
verbotenen Spruch „Sieg Heil from Germany“ kommentierte. Die Strafe betrug | |
30 Tagessätze zu je 20 Euro, insgesamt also 600 Euro. | |
Dass die Tat in Mannheim politisch motiviert sein könnte, dafür gebe es | |
bisher keine Hinweise, hatte indes auch Baden-Württembergs Innenminister | |
Thomas Strobl (CDU) betont. | |
Gegen Alexander S. wurde inzwischen Haftbefehl erlassen. Angaben zur Tat | |
machte er nicht. Im Tatfahrzeug wurde nur ein Zettel gefunden, auf dem | |
kryptische Berechnungen von Geschwindigkeit standen oder Schlagworte wie | |
„Anhalteweg“, „links“, „rechts“. Auch dies werde nun ausgewertet, e… | |
die Staatsanwaltschaft. Laut Sicherheitsbehörden fiel Alexander S. in der | |
Vergangenheit [5][wegen einer Körperverletzung, einer Trunkenheitsfahrt und | |
unerlaubten Führens einer Schreckschusswaffe auf einem Schulgelände | |
straffällig] auf. | |
Anm. der Redaktion: Die Reaktion der Staatsanwaltschaft kam erst im Laufe | |
des Nachmittags. Wir haben sie nachträglich in diesen bereits am Morgen | |
publizierten Text eingebaut. | |
5 Mar 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Amokfahrt-in-Mannheim/!6070323 | |
[2] https://t.co/OPG5AaMl9O | |
[3] /Bilanz-der-rechten-Demo-in-Berlin/!5537948 | |
[4] /Waffenhandelsring-in-Bayern/!5749931 | |
[5] /Vorfall-in-Mannheim/!6073597 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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