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# taz.de -- Amokfahrt in Mannheim: Mit dem Auto in der Waffenverbotszone
> In deutschen Innenstädten wird das Auto zum Tatwerkzeug. Genauso wie
> andere Waffen hat das Lieblingsspielzeug der Deutschen dort nichts
> verloren.
Bild: Das Tatauto nach der Amokfahrt von Mannheim
Die Angst vor einem Anschlag, vor einem Mann, der sein Auto als Waffe
benutzt, ist derzeit omnipräsent. Konstant häufen sich die Nachrichten über
Amokfahrten. Am Montag fuhr ein 40-jähriger Mann aus Ludwigshafen in
[1][Mannheim] in eine Menschenmenge. Drei Wochen zuvor war ein Mann in eine
Verdi-Demonstration in [2][München] gerast und hatte zwei Menschen getötet.
Jede Woche scheint es derzeit einen Anschlag in Deutschland zu geben. Jedes
Mal ist es ein Mann, oft nimmt er ein Auto als Waffe. Meist gibt es einen
Verdacht auf eine psychische Erkrankung, und oft ist er rechtsextrem oder
islamistisch motiviert.
In Anbetracht dieses Terrors ist es leicht, mit Hass zu antworten. Die AfD
will im großen Stil abschieben. Doch Abschiebungen würden das Problem nicht
lösen. Das Problem sind Männer, die durch ihre unbehandelte psychische
Erkrankung einem Wahn folgen und in rechtsextreme Ideologien abgleiten. Das
Problem sind Städte, die vom Autoverkehr dominiert werden.
So war die Verdi-Demonstration in München mit dem Auto leicht zu erreichen,
und in Mannheim war die Straße nicht durch Absperrungen gesichert.
Fußgängerzonen, wie die in Mannheim, können einfach mit dem Auto befahren
werden. Hier gibt es keinen Schutz. Keine Barrieren oder Zäune, die
zumindest minimale Sicherheit geben könnten. Fußgänger:innen sind
regelrecht konstanter Gefahr ausgesetzt.
Gerade Fußgänger:innenbereiche sind Waffenverbotszonen. Das Führen
gefährlicher Gegenstände wie Messer oder Schusswaffen ist hier nicht
erlaubt. Dass man jedoch mit einer durchschnittlich 1,4 Tonnen schweren
Waffe – dem Auto – einfach in die Waffenverbotszone fahren kann, wird
vergessen.
Das Auto ist momentan kein einfaches Transportmittel, sondern eine ernst zu
nehmende Gefahr. Das konnte man [3][auch schon in der taz lesen]. Also
nehmt den Tätern endlich ihre Waffen weg.
Wir brauchen mehr [4][autofreie] Zonen. Die Innenstädte sind mit der
deutschen Autoobsession fundamental überfordert. Das sieht man an fehlenden
Parkplätzen und Staus. Autofreie Zonen würden helfen, ein größeres
Sicherheitsgefühl auf dem Gehweg zu schaffen und Festveranstaltungen
sicherer zu gestalten – ganz ohne Betonpoller oder bedrückende
Polizeipräsenz.
Weniger Autos würden in deutschen Innenstädten mehr Sicherheit bringen. So
sollte man auch Sicherheitsvorkehrungen bei Festveranstaltungen wie
Weihnachtsmärkten umdenken: Neben dem Absperren aller Durchfahrten bis auf
eine (für Notfälle), könnte man einfach die Innenstädte für die Zeit
autofrei gestalten.
Geschwindigkeitslimits helfen angesichts der Motivation der Amokfahrer
nicht. In neueren Automodellen gibt es dagegen einen
Geschwindigkeitswarner. Doch auch die sind überflüssig, denn sie warnen nur
vor zu hoher Geschwindigkeit, drosseln diese aber nicht automatisch. Und in
den meisten Autos auf Deutschlands Straßen sind nicht mal die eingebaut.
Was wir stattdessen brauchen, sind Bremsmechanismen in jedem Auto.
## Wir müssen über autofreie Städte reden
Sicherheit sollte in Anbetracht der gehäuften Anschläge oberste Priorität
haben. Fußgänger:innen dürfen nicht in Angst auf dem Gehweg laufen,
panisch, wenn ein:e Autofahrer:in mal wieder zu schnell fährt.
Auch der Ausbau therapeutischer Hilfe wird jetzt gefordert, was richtig
ist. Doch wir müssen auch über autofreie Städte reden. In Deutschland wird
das schwer umzusetzen sein. Doch wenn uns die Sicherheit der Gesellschaft,
der Passant:innen auf Gehwegen und Festen wichtig ist, braucht es
Veränderungen.
Damit es keine nächste Amokfahrt gibt, die uns in Trauer versetzt und uns
fragen lässt: Wie konnte so was passieren?
4 Mar 2025
## LINKS
[1] https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/auto-rast-in-mannheim-in-mensche…
[2] https://www.sueddeutsche.de/muenchen/ebersberg/landkreis-ebersberg-anschlag…
[3] /Autoverkehr-muss-beschraenkt-werden/!5966658
[4] /Pro-und-Contra-zur-autofreien-Innenstadt/!5624711
## AUTOREN
Julia Schöpfer
## TAGS
Anschläge
Autos
Mannheim
GNS
Schwerpunkt Rassismus
Mannheim
Mannheim
Selbstfahrendes Auto
Kolumne Starke Gefühle
Autoverkehr
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