| # taz.de -- Thomas Bellut bleibt ZDF-Intendant: Auf Vorrat wiedergewählt | |
| > Thomas Belluts Amtszeit als ZDF-Chef wird ausgerechnet jetzt – kurz vor | |
| > der Reform der Gremien – bis ins Jahr 2022 verlängert. | |
| Bild: Der Chef bleibt Chef: ZDF-Intendant Thomas Bellut. | |
| Thomas Bellut ist als Intendant des ZDF wiedergewählt worden. Zugegeben, | |
| das ist keine allzu große Sensation: Der 60-Jährige ist smart, macht seine | |
| Arbeit den Umständen entsprechend gut, er ist altersmäßig seinem | |
| Senderdurchschnitt immerhin noch so weit unterlegen, dass sein Anliegen, in | |
| seiner zweiten Amtszeit bis 2022 vor allem ein jüngeres Publikum | |
| anzusprechen, nicht übertrieben seltsam klingt, und – wichtigstes Argument | |
| – es gab eh keinen Gegenkandidaten. | |
| Überraschender war vielmehr, dass Bellut ausgerechnet jetzt, also am | |
| Freitag, wiedergewählt wurde beim ZDF, dessen Gremien nach einem | |
| [1][spektakulären Urteil] des Bundesverfassungsgerichts vom vergangenen | |
| Jahr seit ZDF-Gründung 1963 an der im Grundgesetz gebotenen Staatsferne des | |
| Rundfunks vorbeisegelten. Die Bundesländer arbeiten gerade daran, den neuen | |
| Staatsvertrag über das ZDF in Kraft zu setzen, der das Karlsruher Urteil | |
| (ein gemäßigtes „Politiker raus!“) umsetzt und den Fernsehrat auf nur noch | |
| 60 Mitglieder verkleinert. | |
| Von denen darf nur noch ein Drittel „staatsnah“ sein, also ein höheres | |
| politisches Amt bekleiden. Bis der neue Staatsvertrag in Kraft ist, darf | |
| die alte Fernsehratstruppe mit all ihren Staatssekretären, (Ex-)Ministern | |
| und Parteifunktionären aber weitermachen. Und genau von der wurde Bellut | |
| jetzt gewählt – obwohl es noch gar nicht nötig war. Seine erste Amtszeit | |
| endete nämlich erst im März 2017. Ein Schelm, wer Arges dabei denkt. | |
| Nach seiner Wiederwahl äußerte Bellut den Anspruch, „die prägende nationale | |
| Anstalt in Deutschland“ zu sein. Weil das dem ZDF ohnehin niemand streitig | |
| macht – die ARD ist schließlich eine lose Arbeitsgemeinschaft mit nicht | |
| immer ausgeprägtem Zusammengehörigkeitsgefühl – kann sich das ZDF auch | |
| etwas wie den Lerchenberg leisten. Zunächst einmal als Trutzburg am Rande | |
| von Mainz, auf dessen Hügel sich nach einem überlieferten Bonmot des | |
| ehemaligen ZDF-Chefredakteurs Nikolaus Brender wenn schon nicht die | |
| Redakteure, dann doch wenigstens die dort regelmäßig weidenden Schafe | |
| bewegten. Obwohl: Das war einmal, als Bellut im ZDF noch ganz | |
| journalistisch TV-Politik machte und der Intendant noch Stolte hieß. | |
| ## Bellut stellt sich öffentlichen Diskussionen | |
| Konservativ bis mildklerikal wie seine Vorgänger Stolte und Schächter ist | |
| Bellut indes nicht so richtig, auch wenn er seinen früheren Job als | |
| Programmdirektor einer Personalpaketskungelei der in den ZDF-Gremien | |
| [2][bislang eingebauten CDU-Vormacht] verdankte. | |
| Aber Bellut leistet sich vom Lerchenberg aus noch mehr: Er stellt sich der | |
| öffentlichen Diskussion – auch wenn es mal kritisch wird, zu | |
| Kungeleivorwürfen der Brüder Gottschalk beim untergegangenen „Wetten, dass | |
| ..!“ zum Beispiel. Dann hockt Bellut schon mal bei „Illner“ und diskutier… | |
| Und Bellut leistet sich zu guter Letzt den „Lerchenberg“ als [3][satirische | |
| Nabelschau] des alltäglichen Anstaltswahnsinns mit dem | |
| „Traumschiff“-Steward Sascha Hehn in einer späten Paraderolle. Das ist | |
| witzig, aber längst nicht so scharf wie die 1982 entstandene, bis heute | |
| gültige Abrechnung „Zwei Tote im Sender und Don Carlos im PoGl“. In der | |
| kommt es zu folgendem sinngemäßen Dialog der Maskenbildnerin (Edith | |
| Hancke), die einen hoffnungslos ausdruckslosen Parteipolitiker interessant | |
| schminken soll, mit der Leiterin der Intendanz (Ruth Maria Kubitschek): | |
| „Wir sind doch der öffentlich-rechtliche Rundfunk“ – Intendanz: „Ja.�… | |
| „Und wir sind doch politisch unabhängig“ – Intendanz: „Ja.“ – „U… | |
| müssen wir uns von der Politik so was gefallen lassen?“ – Intendanz: „Ja… | |
| Das erklärt ganz gut, warum die, die jetzt noch dran sind, schnell noch | |
| über die Personalie Bellut selbst entscheiden wollten: Weil sie es können. | |
| 20 Sep 2015 | |
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| ## AUTOREN | |
| Dirk Döll | |
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