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# taz.de -- Sitzverteilung im neuen ZDF-Fernsehrat: Mit dem Neuen sieht man bes…
> Der neue ZDF-Fernsehrat kommt erstmals zusammen. Staatsferner,
> vielfältiger und transparenter soll er sein. Ist er das auch?
Bild: Die Mainzelmännchen haben keinen Sitz im neuen Fernsehrat. Schade eigent…
## Was ist neu am Fernsehrat?
Er wird kleiner und neu besetzt. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG)
hatte im März 2014 geurteilt, der öffentlich-rechtliche Rundfunk „darf
nicht zum Staatsfunk werden“, sondern müsse die in der Gesellschaft
vertretenen Meinungen „facettenreich widerspiegeln“.
Das heißt: weniger Staatsvertreter, mehr Vielfalt im Gremium. Der Anteil
der staatlichen Vertreter im ZDF-Fernsehrat und im ZDF-Verwaltungsrat muss
dem Urteil zufolge von derzeit jeweils mehr als 40 Prozent auf maximal ein
Drittel reduziert werden. Außerdem wünschte sich das BVerfG mehr
Transparenz.
## Wie sieht der Neue aus?
Statt bisher 77 hat der neue Fernsehrat nur noch 60 Mitglieder, 20 davon
sind von Bund, Ländern und Kommunen entsandt. Diese sogenannte Staatsbank
besteht aus 16 Ländervertretern, zwei für den Bund und jeweils einem aus
Landkreis- und Städtetag. Darüber hinaus durften früher die Parteien
Delegierte schicken, die fallen jetzt komplett weg.
24 feste Sitze gehen an verschiedene gesellschaftliche Gruppen wie Kirchen,
Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände, Opfer des Stalinismus und
Vertriebenenverbände. 16 Bereiche werden von den einzelnen Bundesländern
abgedeckt. Hamburg übernimmt „Musik“, Niedersachsen „Muslime“, Thürin…
„Lesbische, Schwule, Bi-, Trans-, Intersexuelle, Transgender und Queere
Menschen“. LGBTTIQ und Muslime waren bisher nicht vertreten. Wenn der Rat
am Freitag zusammenkommt, wird er noch nicht vollständig sein. Für die
Bereiche „Heimat und Brauchtum“ und „Digitales“ fehlen noch Mitglieder.
## Okay, heißt das wirklich: Alles neu?
Nicht ganz. Gerade unter den Staatsvertretern sind viele bekannte
Gesichter: Von den 16 Ländervertretern saßen 11 schon im alten Fernsehrat.
Neu ist die Vertreterin für Bayern, Karolina Gernbauer, Amtschefin der
Staatskanzlei. Sie folgt auf Markus Söder, der im Jahr 2015 nicht an einer
einzigen Sitzung teilgenommen hatte, obwohl er für den Posten monatlich
eine Aufwandsentschädigung von 511,29 Euro eingestrichen hatte. Genauso
selten da war übrigens SPD-Generalsekretärin Fahimi, die auch nicht mehr
dabei sein wird. Auch Ruprecht Polenz, der zwölf Jahre lang Fernsehratschef
war, sitzt nicht im neuen Fernsehrat.
## Wird jetzt alles gut?
Vieles wird besser, aber nicht alles gut. Das Bundesverfassungsgericht hat
mit seiner Festlegung eine Maximalgrenze für die Staatsbank benannt. „Die
ist voll ausgereizt worden“, sagt der Medienrechtler Karl-Eberhard Hain. Er
hatte die Klage gegen den alten ZDF-Staatsvertrag für die Länder
Rheinland-Pfalz und Hamburg ausgearbeitet. „Das ist verfassungsrechtlich in
Ordnung, trotzdem hätte ich mir eine Unterschreitung der Grenze gut
vorstellen können.“
Die medienpolitische Sprecherin der Grünen, Tabea Rößner, hätte sich auch
eine kleinere, aber vor allem vielfältigere Staatsbank gewünscht. „Die
meisten der 16 Ländervertreter stammen aus der Exekutive, sind Minister,
Staatssekretäre oder Regierungsmitglieder. Kleinere Parteien sind dadurch
kaum vertreten.“
Dadurch fehle es an politischer Vielfalt, so Rößner. Der Verfassungsrichter
Andreas Paulus hatte vor dem Urteil des BVerfG in einem Sondervotum sogar
gefordert, dass sämtliche VertreterInnen der Exekutive zumindest aus dem
Verwaltungsrat ausgeschlossen werden müssten. Dem war das Gericht nicht
gefolgt.
Ein weiterer Kritikpunkt von Rößner: die Zusammensetzung der VertreterInnen
aus den gesellschaftlichen Bereichen. „Es ist völlig willkürlich, welches
Land, welchen Bereich besetzt. Woher soll man denn da wissen, dass die
VertreterInnen, die nun in den Fernsehrat kommen, tatsächlich die
kompetentesten oder engagiertesten sind?“ Rößners Parteikollege, der
Flensburger Landtagsabgeordnete Rasmus Andresen, kritisierte außerdem, dass
Menschenrechtsorganisationen nicht im neuen Fernsehrat vertreten werden
sein, obwohl deren Votum und Expertise zum Beispiel dann wichtig sein
könnte, wenn das Gremium über Rechte an der Fußball-WM in Katar oder
Olympia in Sotschi diskutiert.
Und noch was zum Thema Vielfalt: Von den 60 neuen Mitgliedern sind 23
Frauen. Weil vier Sitze noch offen sind, könnten es 27 werden.
## Kurz gesagt:
Staatsferner ist der Fernsehrat in der Tat geworden, auch weil das
Verfassungsgericht neben der Zusammensetzung des Gremiums auch
Entscheidungsgewalten geändert hat. Einen Fall wie 2009, als der
Verwaltungsrat unter dem damaligen hessischen Ministerpräsidenten Roland
Koch (CDU) den Vertrag des ZDF-Chefredakteurs Nikolaus Brender nicht
verlängert hatte, könnte es nicht mehr geben, sagt Tabea Rößner.
## Ach so, was macht der Fernsehrat eigentlich?
Er soll, im Namen von uns allen, das ZDF kontrollieren und in Programm- und
Finanzfragen beraten. Er wählt den Intendanten und – über den
Verwaltungsrat – auch den Chefredakteur (siehe vorherige Frage). Auf seiner
kommenden Sitzung will der Rat zum Beispiel noch mal über Jan Böhmermanns
Erdoğan-Schmähgedicht sprechen.
Weil der Rat auch „Anwalt der Zuschauer“ ist, beschäftigt er sich außerdem
mit Programmbeschwerden. Wie zum Beispiel mit der eines Zuschauers, der
sich durch eine weibliche Fernsehkommissarin auf der Jagd nach einem
Frauenmörder in der Krimiserie „The Fall“ diskriminiert gefühlt hatte. Der
Zuschauer bat den Fernsehrat darum, keine männerdiskriminierenden Inhalte
mehr zu zeigen.
8 Jul 2016
## AUTOREN
Anne Fromm
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