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# taz.de -- Neue Sitcom bei ZDFneo: Sexkram vor alter BRD-Tapete
> Die neue Mini-Serie „Komm schon!“ aus dem ZDF-Kindergarten ist schön,
> aber in ihrer ersten Staffel noch zu brav.
Bild: Paar- und Sexualtherapeutin Anette (Marlene Morreis).
Es gibt sie tatsächlich im großen Zweiten Deutschen Fernsehen: die Nische,
in der Ideen entwickelt werden und gedeihen können. Ein bisschen wie der
Kindergarten, wo die Kinder einfach noch spielen können, bevor die Schule
beginnt. Beim ZDF ist der Kindergarten bei der Redaktion des Kleinen
Fernsehspiels angesiedelt. Er heißt: Quantum. Was überhaupt kein schöner
Name ist für einen Kindergarten. Quantum klingt nach Chronograf oder James
Bond. Nach Geheimlabor. Nach Wissenschaft. „Lerchentiger“ oder
„Krabbelkäfer“ wäre viel schöner und passender gewesen.
Gerade wenn man sich anschaut, was zuletzt die Quantum-Schmiede verließ:
„Eichwald, MdB“ zum Beispiel oder „Lerchenberg“, dessen zweite Staffel …
September lief. Comedy-Serien also. Nichts Hartes. Nichts Schweres. Nichts
Quantum. Genau wie das neueste Projekt: „Komm schon!“. Auch so eine lustige
(Mini-)Serie mit zunächst vier Folgen, jeweils gut 20 Minuten lang, die ab
diesem Donnerstag bei ZDFneo laufen. Dem Sender-Spielplatz, auf dem das ZDF
seine Kindergartenkinder frei herumlaufen lässt.
Im Mittelpunkt von „Komm schon!“ steht die Paar- und Sexualtherapeutin
Anette Lütjen, gespielt von Marlene Morreis. Anette hat gerade in Hamburg
ihre Praxis eröffnet, da taucht auch schon ihre Mutter Susann (Victoria
Trauttmansdorff) auf – mit guten Tipps: „Ich dachte, du wolltest
Potenzprobleme heilen und nicht verursachen“, sagt sie und zupft an
Strickjacke und Bluse vom Töchterchen, „so kann man doch nicht rumlaufen.“
Ihre Mutter wird Anette nicht mehr los. Sie wird ihre Sprechstundenhilfe
und zieht bei ihr ein. „Meiner Mutter geht es wirklich schlecht“, versucht
sie das ihrem Freund Oliver (Thomas Niehaus) schonend beizubringen, „ihre
Wechseljahre schränken ihre sexuelle Energie ein.“ Olivers Antwort: „Uran
verliert auch irgendwann an Energie, und man sollte es trotzdem nicht
einfach mit nach Hause nehmen.“
Der Ton ist gesetzt. Es sind nicht die krachenden Pointen, die schnellen
Lacher, die „Komm schon!“ dominieren. Es ist die Lakonie. Die Protagonisten
sprechen, so wie man halt spricht, wenn man am Küchentisch oder in einer
Praxis sitzt: mal stammelnd, meist grammatikalisch unkorrekt und immer ohne
dass irgendjemand lacht.
## Reibung und Rollenspiele
Jede der vier Folgen ist überschrieben mit den Klienten: „Jens“ macht den
Anfang, ein Frotteur, der durch Reibung zum Höhepunkt kommt. Früher sei er
im Bus schon vor dem Mittelgelenk gekommen, diesem beweglichen Knick in der
Mitte von langen Bussen. Da hatte er immer schon zwei, drei Frauen
gestreift.
Es folgen „Vera & Michael“, die durch Rollenspiele versuchen, ihr Sexleben
wieder in Gang zu bringen. Er brüllt, kratzt an ihren Brüsten. Vera:
„Stopp. Was ist das denn jetzt bitte?“ Michael: „Das ist ein T-Rex.“ Si…
„Und was soll daran erotisch sein.“ Er: „Ich hab keine Ahnung, du hast mir
doch die Maske gegeben.“ Sie: „Aber es ist Godzilla!“ Läuft noch nicht s…
Bei „Jana & Christoph“ ist es schwierig, weil sie Asperger-Autistin ist und
unbefriedigt, das aber nicht schonend rüberbringen kann. Und in „Anette &
Oliver“ geht es dann um die Sexualtherapeutin und ihren Freund selbst.
Das alles gefilmt in Wohnungen und der Praxis, die aussehen wie eine
Mischung aus Kanzlerbungalow und Amtsstube: Braun-, Grün- und Grautöne
dominieren. Dazu überzogene und genietete Kleiderbügel sowie dunkles
Holzfurnier. Anrüchiger Sexkram vor spießigem, altem
Westdeutschlandambiente.
## Komm schon, ZDF!
Der Look erinnert ein bisschen an Loriot, der der Meister darin war,
Figuren in absurde Situationen zu stürzen und ihnen doch Ernsthaftigkeit
und Würde zuzugestehen. In der jüngeren Fernsehgeschichte war es „Der
Tatortreiniger“, der gezeigt hat, wie man lakonische Dialoge und absurde
Situationen zu einem großartigen Kammerspiel verknüpfen kann. „Komm schon!�…
schafft das (noch) nicht. Die Serie wirkt noch zu zaghaft, die Situationen
nicht absurd genug. Denn genau darin besteht ja die Schwierigkeit: Figuren
müssen auf einem Weg in absurde Situationen gestürzt werden, der den
ZuschauerInnen nachvollziehbar erscheint, der quasi ausweglos ist. Doch wie
absurd darf das sein? Was ist nachvollziehbar? Wann kippt das Absurde in
Klamauk?
Es ist ein schmaler Grat, auf dem Lena Krumkamp wandelt, die erst vor drei
Jahren ihren Abschluss an der Hamburg Media School gemacht und nun „Komm
schon!“ geschrieben hat. Vielleicht kommt dieser Mut zu mehr Abgedrehtem in
weiteren Folgen. Wenn Krumkamp nochmal für weitere Folgen randarf. Komm
schon, ZDF!
5 Nov 2015
## AUTOREN
Jürn Kruse
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