# taz.de -- ZDF-Krimi: Die Hardcore-Bullen | |
> Nicholas Ofczarek und Fritz Karl spielen gemeinsam in „Zum Sterben zu | |
> früh“, einem harten Polizeifilm. | |
Bild: Nicholas Ofczarek (re.) als Mario Diller | |
Jetzt hat also das ZDF das Prequel für sich entdeckt. Das Prequel ist eine | |
Fortsetzung, deren Handlung sich zeitlich vor der fortgesetzten Handlung | |
ereignet. Klingt kompliziert, ist aber praktisch. Es gibt ältere Beispiele, | |
aber den meisten Kinogängern ist das Konzept wohl durch die um die | |
Jahrtausendwende gedrehten ersten drei „Star Wars“-Episoden geläufig. | |
Natürlich hatten die Zuschauer der Episoden IV–VI zwanzig Jahre zuvor nicht | |
ahnen können, dass ihnen der Anfang der Geschichte vorenthalten wurde. Denn | |
so war es ja nicht. So ist es erst im Nachhinein. Und genau das macht das | |
Prequel so praktisch und zuschauerfreundlich. Der Film funktioniert ohne | |
sein Prequel – so wie das Prequel, weil seine Handlung in der internen | |
Chronologie ja vorher passiert. | |
Langer Rede kurzer Sinn: Wer erinnert sich heute schon noch so genau an den | |
vor zwei Jahren auf Arte erstausgestrahlten Polizeifilm „Unter Feinden“? – | |
Eben. | |
Obwohl es ein (aus der ARD/ZDF-Krimi-Routine) herausragendes Genrestück | |
war, hart und unversöhnlich. Wer sich erinnert, weiß vielleicht noch, dass | |
Nicholas Ofczarek und Fritz Karl zwei dick verkumpelte Hamburger Polizisten | |
gaben, Diller und Kessel, deren Freundschaft der eine (Karl/Kessel) durch | |
seine krummen Touren arg strapaziert hat. Am Ende war er tot. Und eine | |
Fortsetzung mit den beiden (von einem Kollegen so genannten) | |
„Hardcore-Bullen“ schon deshalb nur als Prequel denkbar. | |
## Wer jetzt mit wem? | |
Wer sich doch etwas besser erinnert, mag es nun ein wenig irritierend | |
finden, dass Diller/Ofczarek in „Unter Feinden“ mit Maren Diller/Birgit | |
Minichmayr verheiratet war, respektive sein wird – die Frau an seiner Seite | |
im Prequel aber Emma Diller/Anna Loos ist. Erklärt wird das nicht. | |
Kessel/Karl jedenfalls ist jetzt (noch) mit Claire Kessel/Jessica Schwarz | |
verheiratet, die ihn am Ende die Scheidungspapiere unterschreiben lässt, | |
was ihre Abwesenheit in „Unter Feinden“ erklärt. | |
Kessel/Karl ist ganz der Alte, der er sein wird. Nach einer | |
Auto-Verfolgungsjagd, Prädikat „furios“, die vermutlich dank großzügiger | |
Produktionsbeihilfe mit dem Totalschaden eines Porsche Cayenne enden darf | |
(die Drehzeit – es war die Zeit vor dem VW-Skandal), sackt er | |
kurzentschlossen von Diller unbemerkt eine Tasche mit 30 Kilo Kokain ein. | |
Nicht etwa um sich einen Porsche zu kaufen. | |
Kessel und Claire haben eine große Sorge. Der Arzt in der Klinik: „Ich muss | |
Ihnen sagen, dass wir hier für Ihre Tochter nichts mehr tun können. Sie ist | |
zwar noch kein Pflegefall, aber bei zwei epileptischen Anfällen am Tag kann | |
ich nur die Empfehlung geben, dass sie in einer Spezialklinik einen | |
Hirnschrittmacher bekommt.“ Der ist teuer. Kessel und Claire stehen unter | |
Druck. | |
Kessel kann sich auf Diller verlassen – auch noch nachdem er Claire so | |
heftig geschlagen hat, dass ihr Blut aus Nase, Lippe und Stirn tropft. Die | |
Schläge sieht der Zuschauer nicht. Er sieht, wie Diller es danach wieder | |
mal für Kessel richten muss: „Das wird nicht mehr passieren, Claire. Aber | |
lass uns in Ruhe darüber sprechen. Es darf nicht passieren, schon klar. | |
Aber er hat auch seine Gründe ...“ Diller weiß da noch nichts von Kessels | |
Drogencoup: „Wenn du mich da mit reinziehst, mach ich dich fertig!“ | |
## Geblafft und gedroht | |
Es gibt Action, aber die Dialoge sind hier das Kerngeschäft. Es wird | |
geblafft und gedroht. Kessels Coup setzt eine von ihm bald nicht mehr | |
beherrschbare Ereigniskette in Gang. Nicht nur er und Claire, alle stehen | |
unter Druck. Pausenlos wird gestritten, auch über scheinbar Nebensächliches | |
– die Kombinierbarkeit von Hijab und Hochzeitskleid: „An den Rocksaum, ne, | |
kommen noch Swarovski-Steine, echtes Glas, kein Plastik oder so.“ | |
Den kleinen Leuten aufs Maul geschaut, in Hamburg. Die Verwandtschaft mit | |
den „Nachtschicht“-Filmen ist unverkennbar. Für beide Reihen zeichnet Lars | |
Becker als Regisseur und Autor verantwortlich. Hier: „nach Motiven des | |
Romans ,Unter Feinden‘ von Georg M. Oswald“. | |
Ein bemerkenswertes Detail ist die Zahl der Österreicher, die Hamburger | |
spielen: Ofczarek, Karl, außerdem Juergen Maurer (“René Novak vom | |
Afrikakai“) und Cornelius Obonya. Das soll kein Scherz sein. „Zum Sterben | |
zu früh“ ist keine Lachnummer, sondern so hart, unversöhnlich und | |
herausragend wie sein Vorgänger. Der hinterher spielt. | |
„Zum Sterben zu früh“, Montag, 20.15 Uhr, ZDF | |
9 Nov 2015 | |
## AUTOREN | |
Jens Müller | |
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