| # taz.de -- Tempo 30 auf Hauptverkehrsstraßen: No Need for Speed | |
| > Die CDU will Tempo 30 schleifen – die Senatsverwaltung macht eher | |
| > zögerlich mit. Rechtlich notwendig ist die Abschaffung ganz offenbar | |
| > nicht. | |
| Bild: Dauert vielleicht doch noch ein bisschen: Aus für Tempo 30 zur Luftreinh… | |
| Berlin taz | Tempo 30 auf Hauptverkehrsstraßen – über dieses Thema wird in | |
| Berlin seit Jahren gestritten. Unter grüner Ägide hatte die | |
| Senatsverwaltung für Mobilität auf mehreren Dutzend Abschnitten solcher | |
| Straßen 30 statt der üblichen 50 km/h angeordnet, um für bessere Luft zu | |
| sorgen. Damit sollten an diesen Stellen Überschreitungen der Grenzwerte von | |
| Feinstaub und Stickoxiden auf das zulässige Maß reduziert werden. Grundlage | |
| war die 2019 erfolgte Fortschreibung – also Aktualisierung – des Berliner | |
| Luftreinhalteplans, der diese und andere Maßnahmen vorsieht. [1][Glücklich | |
| waren damit nicht alle, insbesondere nicht die CDU.] | |
| Seitdem die Christdemokraten in Berlin mitregieren und das Verkehrsressort | |
| innehaben, steht darum die Aufhebung dieser Tempolimits im Mittelpunkt der | |
| Debatte. Dabei versucht die CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus, ihre eigene | |
| Senatorin Ute Bonde regelrecht vor sich herzutreiben. Zuletzt hatte | |
| Fraktionschef Dirk Stettner Ende April gesagt, noch in diesem Jahr würden | |
| zwei Dutzend Tempo-30-Abschnitte wieder aufgehoben. Damit mache man „grüne | |
| Verbotsfantasien rückgängig“ und kehre „zur Straßenverkehrsordnung zurü… | |
| Bonde und auch ihre Vorgängerin Manja Schreiner (ebenfalls CDU) haben | |
| dagegen immer wieder betont, die geplante Rückkehr zu Tempo 50 erfolge | |
| ohnehin nicht aus freien Stücken, sondern sei rechtlich unumgänglich: Weil | |
| sich die Luftqualität in den vergangenen 6 Jahren deutlich verbessert habe, | |
| sei eine Beibehaltung von Tempo 30 gar nicht zulässig, wenn das in diesem | |
| Zusammenhang angeordnet wurde. | |
| Am heutigen Dienstag bringt die Verkehrsverwaltung auf der wöchentlichen | |
| Senatssitzung eine Beschlussvorlage ein, die eine neue Fortschreibung des | |
| Berliner Luftreinhalteplans vorsieht. Diesem Papier zufolge, das der taz | |
| vorliegt, soll Tempo 30 nur auf 7 Abschnitten von Hauptverkehrsstraßen | |
| erhalten bleiben, damit die Luft-Grenzwerte dort auch künftig „sicher | |
| eingehalten“ werden. Das betrifft insgesamt rund 5,5 Kilometer Straße. Für | |
| weitere 34 Strecken von insgesamt rund 19 Kilometern Länge heißt es | |
| hingegen, dass die Grenzwerte auch ohne Tempo 30 dauerhaft eingehalten | |
| werden können. | |
| Interessant an dieser Stelle: Aus der fachlichen Begründung, die die | |
| Verkehrsverwaltung in der Senatsvorlage mitliefert, geht hervor, dass der | |
| Senatorin in dieser Angelegenheit mitnichten die Hände gebunden waren. | |
| Weder gab es eine rechtliche Notwendigkeit, den Luftreinhalteplan zu | |
| aktualisieren, noch gibt es einen Automatismus, dass Tempolimits wieder | |
| aufgehoben werden müssen, wenn sie das Ziel der Einhaltung von | |
| Schadstoffgrenzwerten erreicht haben. | |
| Wörtlich heißt es in der Vorlage, dass „die Fortschreibung eines | |
| Luftreinhalteplans“ dann gesetzlich erforderlich ist, „falls die bereits | |
| beschlossenen Maßnahmen für eine schnellstmögliche Einhaltung der | |
| Luftqualitätsgrenzwerte nicht ausreichend sind“. In Berlin ist bekanntlich | |
| das Gegenteil der Fall, die Luft ist in den vergangenen Jahren deutlich | |
| besser geworden. Gleichzeitig gilt laut den AutorInnen der Vorlage: „Die | |
| Aufhebung der Festlegung von insbesondere verkehrsbeschränkenden Maßnahmen | |
| in einem Luftreinhalteplan ist dagegen gesetzlich nicht geregelt.“ | |
| ## Niemand hat den Senat gezwungen | |
| Sprich: Niemand hat den Senat gezwungen, den Luftreinhalteplan zu | |
| aktualisieren. Es handelt sich um eine bewusste politische Entscheidung, | |
| die getroffen wird, um Tempo-30-Strecken wieder aufheben zu können. | |
| Anderenfalls hätten die geltenden Anordnungen einfach weiter Bestand | |
| gehabt. | |
| Mit diesem Schritt kommt die Senatsverwaltung also den Hardlinern in der | |
| CDU-Fraktion entgegen. Gleichzeitig tritt sie offenbar sofort wieder einen | |
| Schritt zurück: Für die genannten 34 Strecken „entfällt für Tempo 30 der | |
| Anordnungsgrund ‚Luftreinhaltung‘“ heißt es in der Vorlage, „hier erfo… | |
| nun eine Aufhebung von Tempo 30 durch die Straßenverkehrsbehörde, sofern | |
| nicht andere Gründe wie Belange der Verkehrssicherheit oder der Schutz vor | |
| Lärm Tempo 30 erfordern.“ | |
| Da der ebenfalls aktualisierte Lärmaktionsplan lediglich eine Ausweitung | |
| von Tempo 30 in der Nacht vorsieht, kommt vor allem die Verkehrssicherheit | |
| als Kriterium infrage. Hier gibt die vor Kurzem novellierte | |
| Straßenverkehrsordnung (StVO) dem Land Berlin deutlich mehr | |
| Entscheidungsspielraum als früher. | |
| Laut einer Sprecherin der Senatorin wurde tatsächlich für 9 der 34 | |
| Abschnitte schon entschieden, dass Tempo 30 beibehalten werden soll. | |
| Darunter befindet sich der wichtige Straßenzug Leipziger Straße – Potsdamer | |
| Straße – Hauptstraße, der als Teil der Bundesstraße B1 von Mitte bis nach | |
| Friedenau reicht. Und auch die restlichen Abschnitte sollen noch unter | |
| Sicherheitskriterien überprüft werden. Das kann dauern – und das | |
| Versprechen des CDU-Fraktionschefs steht somit auf wackligen Füßen. | |
| ## Grüner Hack: Eltern-Mails | |
| Derweil greifen die Grünen zu kreativen Methoden für mehr Tempo 30 auf | |
| Hauptverkehrsstraßen. Die verkehrspolitische Fraktionssprecherin Oda | |
| Hassepaß hat eine Mail-Vorlage erarbeitet, mit der Eltern das Tempolimit in | |
| der Nähe der Schulen ihrer Kinder einfordern können. Sie können sich dabei | |
| auf die Verwaltungsvorschriften zur neuen StVO berufen, die den Schutz | |
| hochfrequentierter Schulwege als mögliche Voraussetzung für Tempo 30 | |
| benennen. Das gilt im Gegensatz zu früher auch, wenn die Schule nicht | |
| direkt an der Hauptverkehrsstraße liegt. | |
| „Die Senatsverwaltung hat signalisiert, dass sie in dieser Hinsicht nicht | |
| proaktiv, sondern nur nach Aufforderung durch Betroffene tätig werden | |
| wird“, so Hassepaß zur taz. „Die Eltern müssen also selbst handeln, und i… | |
| freue mich, wenn wir hier eine Welle auslösen können.“ In einem nächsten | |
| Schritt werde es ähnliche Aktionen für Kitas und Seniorenwohnheime geben. | |
| 16 Jun 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Claudius Prößer | |
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