# taz.de -- Schwarz-Rot und Tempo 30 in Berlin: Es bräuchte die große Lösung | |
> Wenn zwei Dutzend Tempo-30-Abschnitte auf Hauptstraßen wegfallen, ist das | |
> falsch – es macht das Problem insgesamt aber nur wenig schlimmer. | |
Bild: Am Potsdamer Platz muss übrigens auch weiter langsam gefahren werden | |
Führt der Streit um Tempo 30 Schwarz-Rot in die Krise? Wohl kaum. Vielmehr | |
wird die SPD das Sommerloch nutzen, um ihr verkehrspolitisches Profil ein | |
bisschen zu schärfen. Nach der Vertagung der Senatsentscheidung (s. Kasten) | |
wird es noch ein paar Gesprächsrunden geben. Verkehrssenatorin Ute Bonde | |
(CDU) wird beteuern, dass die Prüfung der Abschnitte von | |
Hauptverkehrsstraßen, auf denen nun wieder Tempo 50 gelten soll, mit großer | |
Ernsthaftigkeit erfolgt ist. Vielleicht werden die SozialdemokratInnen | |
genügend Druck machen, dass Bonde ihre Entscheidung für zwei oder drei | |
Strecken revidiert, vielleicht auch nicht. Die Koalition wird daran | |
jedenfalls nicht zerbrechen. | |
Betrachtet man die umstrittenen Abschnitte genauer, sind tatsächlich viele | |
darunter, bei denen auch das SPD-Argument mit der novellierten | |
Straßenverkehrsordnung (StVO) nicht greifen dürfte. Die lässt neuerdings | |
die Anordnung von Tempo 30 auf Hauptverkehrsstraßen dort zu, wo sich – | |
direkt an der Straße wohlgemerkt – Kitas, Krankenhäuser oder Spielplätze | |
befinden, aber auch „hochfrequentierte Schulwege“, die zu Schulen in der | |
Nähe führen. Letzteres ist schwammig genug, um von der Verwaltung als | |
unbegründet abgetan zu werden, allerdings könnten Gerichtsverfahren hier | |
irgendwann für Klarheit sorgen. | |
Insgesamt muss man sagen: Natürlich wäre es gut für die Sicherheit aller, | |
wenn Tempo 30 auf stark frequentierten Straßen wie der Torstraße, der | |
Hermannstraße oder dem Mariendorfer Damm erhalten bliebe. Am Gesamtszenario | |
des Berliner Straßenverkehrs ändert es allerdings herzlich wenig, wenn | |
diese Geschwindigkeitsbeschränkungen wegfallen – leider. Denn aufs große | |
Ganze gesehen handelt es sich um Stückwerk, das kaum ins Gewicht fällt. Ein | |
Gamechanger waren diese Tempolimits nie. | |
Wovon die Stadt wirklich profitieren würde, wäre ein flächendeckendes | |
Tempo-30-Limit: weniger Lärm, weniger Aggression, weniger schwere Unfälle. | |
Dass das prinzipiell in einer Metropole geht, zeigt Paris, wo nur noch auf | |
wenigen Boulevards 50 km/h erlaubt sind. Dass es in Berlin konkret nicht | |
geht, dafür sorgt die bundesweit gültige StVO, aus der kein Bundesland und | |
keine Kommune ausscheren können. | |
Natürlich bleibt der mühsame Kampf um einzelne | |
Geschwindigkeitsbeschränkungen weiterhin richtig – wenn etwa der Verein | |
FUSS e. V. in Reaktion auf das gerade erst in Lichtenberg von einem | |
Autofahrer getötete Kleinkind fordert, rund um 90 Zebrastreifen Tempo 30 | |
anzuordnen. Senatorin Bonde wisse genau, dass viele Unfälle wegen des | |
geringeren Bremswegs bei 30 km/h gar nicht erst passierten, so FUSS, sie | |
handele aber, „als hätte sie von Unfallphysik noch nie gehört“. | |
Selbst wenn die Senatsverwaltung hier ein Einsehen hätte (was | |
unwahrscheinlich genug ist): Eigentlich bräuchte Berlin eine große Lösung. | |
Bis auf Weiteres ist die aber nicht Sicht. | |
19 Aug 2025 | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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