# taz.de -- Tatort „Die Amme“ aus Wien: Krimi mit Hitchcock-Anklängen | |
> Der Wiener Tatort „Die Amme“ ist ein geschickt erzählter Psychokrimi. Er | |
> besticht vor allem durch seine überraschenden Wendungen. | |
Bild: Drei Tage wach: Kommissarin Bibi Fellner (Adele Neuhaus) kann im neuen �… | |
Kommissarin Bibi Fellner (Adele Neuhauser) kann nicht schlafen. Sie wälzt | |
sie sich im Bett in ihrer Wiener Wohnung herum. Gleichzeitig tötet in einem | |
sehr an [1][die Serie „Dark“] erinnernden Setting in einer nebelverhangenen | |
Ecke der Stadt jemand die Prostituierte Jana Gruber und entführt deren | |
kleinen Sohn Samuel (Eric Emsenhuber). Das als Fluchtfahrzeug genutzte Auto | |
der Toten ist schnell gefunden, und die Polizei startet eine groß angelegte | |
Suchaktion nach dem Jungen. | |
Dass das Kind näher sein könnte als gedacht, ahnen Kommissar Eisner (Harald | |
Krassnitzer) und die zunehmend genervt-zermürbte Bibi Fellner zu diesem | |
Zeitpunkt noch nicht. Klug nutzt der von Max Mayer gespielte | |
psychopathische Entführer seine Kenntnis über Polizeiarbeit aus, um das | |
Ermittlerteam zu narren, führt dabei die Jäger-und-Gejagter-Situation ins | |
Absurde. | |
Indes werden Fellners Schlafprobleme nicht ernst genommen, großväterlich | |
erklärt ihr der Gerichtsmediziner Professor Kreindl, dass sie ja lieber ein | |
Buch lesen könne, als sie ihn um ein Rezept für Schlafmittel bittet. So | |
begibt sich Fellner in der Nacht in einen Club, um bei einer Dealerin | |
Medikamente zu kaufen. Doch bald wird sich zeigen: die Schlaflosigkeit wird | |
noch das geringste Problem der Kommissarin sein. | |
## Die Darstellung von Psychopathen | |
„Die Amme“ ist ein geschickt erzählter Psychokrimi, der durch überraschen… | |
Wendungen, ein aufeinander achtgebendes Ermittlerteam und eine gute | |
Besetzung die Spannungskurve oben zu halten weiß. Die Szenen zwischen dem | |
entführten Samuel und dem Killer und Entführer, der in Frauenkleidern und | |
Perücke als Samuels neue „Mutter“ auftritt, erinnern an den | |
Hitchcock-Klassiker „Psycho“ von 1960. | |
Gewalt wird nie gezeigt, dennoch bleibt ein Gefühl des Unbehagens zurück, | |
wenn das Kind in einer trutschigen Wohnung ans Bett gefesselt wird. In | |
seiner Ästhetik allerdings bedient sich der Film einer problematischen | |
Tradition: der Darstellung von Psychopathen in Frauenkleidern. Die hörte | |
mit „Psycho“ nicht auf, sondern wird leider fortgeführt. | |
Ob nun der Entführer im Film wirklich trans ist, spielt dabei keine Rolle, | |
allein die wiederkehrende Assoziation von mutmaßlich transidenten Personen | |
als gewalttätig kann stigmatisierend sein – in einer Welt, [2][in der sie | |
viel eher Opfer von Gewalt werden]. | |
Am Ende wird dann immerhin die Kommissarin Bibi Fellner ihren | |
wohlverdienten Schlaf finden. Und als Zuschauende gönnt man es ihr von | |
ganzem Herzen. | |
28 Mar 2021 | |
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## AUTOREN | |
Almuth Müller | |
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