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# taz.de -- Streit um Sender RT DE: Soll und Haben der Pressefreiheit
> Moskau und Berlin streiten über den kremlnahen Sender RT DE. Die
> Commerzbank kündigte RT ein Konto, Russland droht indirekt mit
> Konsequenzen.
Bild: RT Deutsch-Reporterin im Sommer 2017 in Marienberg/Sachsen
Moskau taz | Es kracht ja jüngst immer wieder im Gebälk der bilateralen
Beziehungen zwischen Berlin und Moskau. Anlässe gibt es viele, zuletzt
gehörte dazu ein Konto. Die deutsche Commerzbank hat dem deutschsprachigen
Arm des russischen Senders RT, früher „Russia Today“, zu Ende Mai die
Kontoführung gekündigt.
Was der genaue Beweggrund für die Trennung sein könnte, ist unklar – die
Bank beruft sich auf das Bankgeheimnis. Denkbar wäre, dass die Commerzbank
die Geschäftsbeziehung zu dem staatlichen Sender aufkündigt, [1][weil sich
RT DE an der Verbreitung von Desinformationen und Verschwörungstheorien
beteiligt].
Ein neues Konto zu finden dürfte für den Sender allerdings nicht das größte
Problem sein. Auch russische Geldhäuser sind in Deutschland tätig.
RT Deutsch berichtet nur wenig aus Russland. Fokus ist Deutschland, das –
oft ohne Einhaltung journalistischer Standards – unter die Lupe genommen
wird.
## Moskaus Standardklagen
Das russische Außenministerium kritisierte schon zu Monatsbeginn, dass die
Entscheidung politische Hintergründe habe. Man ermahne Berlin, „restriktive
Maßnahmen“ gegen Journalisten aufzuheben, sagte die Sprecherin des
Ministeriums, Maria Sacharowa, damals. Ansonsten sei man gezwungen „harte
Vergeltungsmaßnahmen gegen deutsche Medien in Russland zu ergreifen“. Diese
Warnung wiederholte die Sprecherin letzte Woche auch in einem Interview mit
der dpa.
Bundesaußenminister Heiko Maas meldete sich umgehend: Pressefreiheit sei
„keine Verhandlungsmasse“. Medien sollten im Ausland unabhängig berichten
können. Die Sprecherin lässt jedoch nicht locker. Dutzende deutsche und
internationale Banken hätten sich geweigert, mit RT zusammenzuarbeiten,
sagte Sacharowa. Darüber hinaus behauptete sie, eine Behörde hätte die
Schließung des Kontos verlangt. Deren Namen gibt sie trotz mehrfacher
Nachfrage aber nicht preis.
Die Sprecherin des Auswärtigen Amtes, Maria Adebahr, weist die Vorwürfe
indes zurück. In keiner Weise hätte die Bundesregierung auf die Commerzbank
eingewirkt, sagt sie.
Dass der Sender als russisches Medium benachteiligt und unterdrückt wird,
gehört zu Moskaus Standardklagen. Die Selbstdarstellung als Opfer
entspricht auch der russischen Außenpolitik, die für politische Folgen
Verantwortungen grundsätzlich von sich weist. Moskau trägt eine weiße
Weste.
## Neues Feindbild
[2][Laut einer Untersuchung der EU] ist Deutschland zum wichtigsten
Operationsgebiet für russische Desinformationskampagnen geworden. „Kein
anderer EU-Mitgliedsstaat wird heftiger angegriffen“, heißt es im neuen
Bericht des Auswärtigen EU-Dienstes. Russland führe Kampagnen über
kremlnahe Medien, die ein verzerrtes Realitätsbild entwerfen.
Seit Ende 2015 ermittelte die Studie 700 gezielte Desinformationen in
Deutschland. Im selben Zeitraum waren es in Frankreich 300, in Italien 170
und Spanien 40 Falschmeldungen.
Die Rolle des Fürsprechers russischer Interessen, die Deutschland nach der
Wiedervereinigung innehatte, gehört seit Langem der Vergangenheit an. Heute
gelte Deutschland in der Erzählung staatsnaher Medien als ein Hort
„irrationaler Russophobie“, dessen Politiker angeblich den „Dialog mit
Russland meiden“, heißt es in der Studie. Das passt in die Kreation des
neuen Feindbilds.
Bis Juni könnten Auslandskorrespondenten überdies gezwungen sein, sich
analog zu vielen NGOs das Label „ausländischer Agent“ umzuhängen. Das wü…
Gesprächspartner sicherlich abschrecken.
Ende des Jahres plant RT, mit einem TV-Vollprogramm in Deutschland auf
Sendung zu gehen. Zulassungsvoraussetzung dafür wäre das Prinzip der
Staatsferne.
26 Mar 2021
## LINKS
[1] /Redaktionsbesuch-bei-RT-Deutsch/!5449727
[2] /Desinformationskampagnen-Moskaus/!5756388
## AUTOREN
Klaus-Helge Donath
## TAGS
Schwerpunkt Russia Today
Pressefreiheit in Europa
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Wladimir Putin
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