# taz.de -- Studierende demonstrieren in Hamburg: Leben unterhalb der Armutsgre… | |
> Mit einer hochschulübergreifenden Demo am Freitag wollen Studierende auf | |
> Armut im Studium aufmerksam machen. Sie fordern finanzielle Entlastung. | |
Bild: Ein virulentes Problem auch anderswo: Banner bei einer Studierenden-Demo … | |
HAMBURG taz | Für Freitag rufen Studierende von Hamburger Hochschulen unter | |
dem Motto „Leerer Bauch studiert nicht gern – soziale Verbesserungen | |
sofort!“ zu einer Demonstration in der Hamburger Innenstadt auf. Sie | |
fordern, dass das Studierendenwerk besser finanziert und das BAföG | |
reformiert wird. Zudem wollen die Studierenden ein günstigeres | |
Nahverkehrsticket erkämpfen. | |
Die Lage der Studierenden [1][ist schon seit längerer Zeit prekär]: Mehr | |
als jeder dritte Studierende war im Jahr 2021 in Deutschland | |
armutsgefährdet. Das zeigt eine Erhebung des statistischen Bundesamtes. | |
Aus diesem Grund hat der Fachschaftsrat Sozialwissenschaften der | |
Universität Hamburg selbst von Ende Januar bis Ende Februar 2.191 | |
Studierende der Universität Hamburg befragt. Das Ergebnis: 72 Prozent der | |
Studierenden, die allein oder ausschließlich unter Studierenden wohnen, | |
leben unterhalb der Armutsgrenze. | |
Die Ergebnisse der Befragung haben Hamburger Studierende im Mai bei einem | |
Plenum diskutiert und Forderungen beschlossen. Am Freitag wollen | |
Studierende aller Hamburger Hochschulen sie gemeinsam auf die Straße | |
tragen. | |
Im Demoaufruf heißt es, dass Studieren kein Privileg sei, sondern eine | |
produktive Tätigkeit für die Entwicklung der Gesellschaft. Häufig werde | |
aber nicht anerkannt, dass Armut unter Studierenden verbreitet ist, sagt | |
Student Timo Hilker von der Hochschule für angewandte Wissenschaften | |
Hamburg (HAW). „Sie wird entweder tabuisiert oder normalisiert. Von wegen: | |
Studierende haben nun mal wenig Geld.“ | |
Die Forderungen nach [2][unbefristetem BAföG] für alle Studierenden und | |
einer besseren Finanzierung des Studierendenwerks seien nicht unbedingt | |
neu, erklärt Lilia Parchwitz. Auch sie ist Studentin an der HAW und | |
beteiligt sich wie Hilker an der Demo-Planung. „Aber das zeigt ja, dass wir | |
weiter für die Umsetzung kämpfen müssen.“ Deutschlandweit erhielten im Jahr | |
2021 knapp 13 Prozent aller [3][vom Studierendenwerk für eine Erhebung | |
Befragten] BAföG. | |
Besonders ein vergünstigtes 49-Euro-Ticket halten die Studierenden vom | |
Organisationsteam der Demo für schnell und einfach umsetzbar. „Es gibt das | |
19-Euro-Ticket ja schon als Sozialticket und für Auszubildende. Warum nicht | |
für Studierende – die auch mit wenig Geld zu kämpfen haben?“, fragt Stude… | |
Hilker. | |
Das 49-Euro-Ticket – auch Deutschlandticket genannt – ermöglicht es, im | |
bundesweiten öffentlichen Nahverkehr unterwegs zu sein. Man zahlt monatlich | |
49 Euro. Studierende, die aus Schleswig-Holstein oder Niedersachsen nach | |
Hamburg pendeln müssen, könnten besonders vom Deutschlandticket | |
profitieren, denn das Semesterticket gilt nur im Bereich des Hamburger | |
Verkehrsverbundes. Aktuell kostet das für Studierende rund 30,80 Euro im | |
Monat. Sie können es zum [4][Deutschlandticket] aufstocken – müssen aber | |
dann die Differenz von knapp 19 Euro jeden Monat draufzahlen. Im Gegensatz | |
zu Auszubildenden und Sozialhilfeempfänger*innen sind Studierende | |
in Hamburg bislang vom 19-Euro-Sozialticket ausgenommen. | |
Die Hamburger Verkehrsbehörde erklärt auf Anfrage, dass man immer noch auf | |
eine bundesweite Lösung warte: „In einem Beschluss der | |
Verkehrsministerinnen und Minister der Länder im März wurde festgehalten, | |
dass es auf Basis des Deutschland-Tickets ein vergünstigtes | |
bundeseinheitliches Semesterticket geben soll.“ Derzeit würden noch | |
Gespräche zwischen Bund und Ländern laufen. Wann das sogenannte Soli-Ticket | |
kommt, ist bislang noch nicht bekannt. | |
Für Freitag sind rund 3.000 Menschen angemeldet, so Parchwitz. Die Demo | |
soll um 15 Uhr am Berliner Tor und am Dammtor starten. Zum Abschluss ist | |
eine Kundgebung am Gänsemarkt geplant. | |
29 Jun 2023 | |
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## AUTOREN | |
Emily Kietsch | |
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