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# taz.de -- Streit um Regelabfrage in Hamburg: Verfassungsschutz zerrt Linken-A…
> Deniz Çelik hat gesagt, der Verfassungsschutz sei durch den Schutz
> rechter Netzwerke aufgefallen. Der will das dem Abgeordneten verbieten
> lassen.
Bild: Eine Handvoll Unterstützung: Demonstrierende üben vor dem Gebäude des …
Der Hamburger Verfassungsschutz will dem Hamburger Linken-Abgeordneten
Deniz Çelik nun auch gerichtlich Kritik an dem Inlandsgeheimdienst
verbieten lassen. Çelik hatte in einer Pressemitteilung geschrieben, der
Verfassungsschutz sei "durch Vertuschung, V-Leute-Skandale und immer wieder
auch durch den Schutz rechter Netzwerke aufgefallen".
Das Hamburger Landesamt will das nicht auf sich sitzen lassen. Es hatte
Çelik aufgefordert, bezüglich der letzten Aussage, die den "Schutz rechter
Netzwerke" betrifft, eine Unterlassungserklärung abzugeben.
Çelik hat das nicht getan. Deshalb hat das Amt nun beim Hamburger
Landgericht eine einstweilige Verfügung beantragt. Die würde es Çelik bei
Strafe untersagen, die Äußerungen zu wiederholen.
Hintergrund ist die Auseinandersetzung um die vom rot-grünen Senat geplante
Einführung einer Regelabfrage beim Verfassungsschutz bei Neueinstellungen
in den öffentlichen Dienst. Jede:r Bewerber:in soll auf diesem Wege künftig
vorab auf seine Verfassungstreue geprüft werden.
## Verwaltung nur eingeschränkt grundrechtsfähig
[1][Çelik hält das für unnötig und den Verfassungsschutz für ungeeignet],
so eine Prüfung vorzunehmen. Der aufs Äußerungsrecht spezialisierte Jurist
Jan Hegemann von der Berliner Kanzlei Raue weist auf taz-Anfrage darauf
hin, dass das Landesamt als Teil der staatlichen Verwaltung "nur sehr
eingeschränkt grundrechtsfähig" sei.
Die einzige Ausnahme sei dann gegeben, wenn durch die streitigen Äußerungen
die Funktionsweise des Amtes oder das Vertrauen des Bürgers maßgeblich
beeinträchtigt werde. "Die Öffentlichkeit weiß, dass etwa im NSU-Komplex
Dinge fürchterlich schiefgegangen sind", sagt Hegemann, der auch
Honorarprofessor für Zivilrecht an der FU Berlin ist.
Ob die Meinungsäußerung, der Verfassungsschutz sei durch "Unterstützung
rechter Netzwerke" aufgefallen, gerechtfertigt sei, hänge letztlich davon
ab, "ob dafür hinreichende Anknüpfungspunkte im Tatsächlichen" gegeben
sind.
Die will Çelik nun in seiner Stellungnahme an das Gericht nachreichen. Es
geht darin, neben dem an V-Leuten gescheiterten NPD-Verbotsverfahren, vor
allem um die Verwicklungen des Verfassungsschutzes in die Mordserie des
Neonazi-Trios NSU, das schon beim Untertauchen Unterstützung von einem
V-Mann des Thüringer Verfassungsschutzes erhalten hatte.
## Auch Landesamt greift auf Verbunddatei aller Ämter zu
Aber auch zahlreiche andere Gruppierungen wie Hammerskins, Combat 18 oder
Blood & Honour sollen angesprochen werden, die zum Teil von V-Leuten
mitgegründet oder unterstützt wurden, teils vom jahrelangen Wegschauen und
Bagatellisieren des Dienstes profitierten.
"Wir definieren hier den Schutzbegriff sehr weit", sagte Çelik der taz,
"das kann auch durch Unterlassen sein, durch Nicht-Handeln." Dass diese
Versäumnisse eher nicht den Hamburger Verfassungsschutz betreffen, lässt er
nicht gelten.
"Es geht um den Verfassungsschutz als Institution. Wenn die Regelabfrage
kommt, greift das Hamburger Landesamt auf die gemeinsame Verbunddatei aller
Ämter zu." Also auch die jener Landesämter, die sich bislang auf dem
rechten Auge als nicht besonders scharfsichtig erwiesen haben.
Am Dienstagvormittag haben sich vor dem Sitz des Landesamts für
Verfassungsschutz in der Hamburger Altstadt eine Handvoll Menschen zu
seiner Unterstützung zusammengefunden. Aufgerufen hatte das frisch
formierte [2]["Hamburger Bündnis gegen Berufsverbote"].
Der Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW)
Sven Quiring sagte: "Wer gewählte Vertreter mundtot zu machen versucht,
greift das freie Mandat an." Und: "Kritik am Rechtsstaat ist kein Angriff
auf ihn."
## Petition gegen den Gesetzentwurf gestartet
Die von SPD und Grünen geplante Regelabfrage lehnt die Gewerkschaft, auch
aus leidvoller [3][Erfahrung mit den Berufsverboten der 1970er-Jahre],
vehement ab. "Das Gesetz stärkt die Demokratie nicht, sondern schwächt
sie", sagte Quiring.
Wenn es durchkomme, werde künftig jeder Bewerber als Verdachtsfall
behandelt. "Das Signal ist: Engagement ist gefährlich." Das Bündnis, dem
die GEW angehört, hat deswegen eine [4][Petition gegen den Gesetzentwurf]
gestartet.
"Wir wollen 10.000 Unterschriften sammeln", sagt Quiring – auch um Çelik zu
unterstützen. Immerhin haben die Proteste schon mal bewirkt, dass das
Gesetz [5][nicht mehr dieses Jahr durch die Bürgerschaft gepeitscht] wird
und Anfang Januar in Kraft tritt. Der Innenausschuss hat beschlossen,
vorher noch eine Expertenanhörung durchzuführen.
24 Nov 2025
## LINKS
[1] /Abgeordneter-zu-neuem-Radikalenerlass/!6123189
[2] https://gegen-berufsverbote.hamburg/
[3] /Verfassungsschutz-soll-Bewerber-checken/!6062156
[4] https://gegen-berufsverbote.hamburg/petition/
[5] /Hamburgs-neue-Regelanfrage/!6130030
## AUTOREN
Jan Kahlcke
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