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# taz.de -- Streit um Bürgermeister in Lichtenberg: Aufschub statt Eklat
> In Lichtenberg ist keine Mehrheit für einen Bezirksbürgermeister in
> Sicht. Doch anders als in Pankow wird dort die Wahl verschoben und
> verhandelt.
Bild: Der letzte linke Bezirkskönig, nannte die taz Michael Grunst vor kurzem
Berlin taz | Gut Ding will Weile haben, sagten am Donnerstagabend die
Bezirksverordneten von Lichtenberg und verschoben die Wahl des neuen
Bezirksamtes auf Dezember. Damit bleibt das alte Lichtenberger Amt noch
mindestens fünf Wochen in Amt und Würden – anders als in vielen anderen
Bezirken, die am Donnerstag neue Bezirksoberhäupter wählten. Und anders als
in Pankow, [1][wo die Wahl von Sören Benn zu einem Eklat führte.] Benn
wurde eventuell auch mit Stimmen der AfD wiedergewählt.
Genau das drohte auch in Lichtenberg. „Alle Gespräche der demokratischen
Parteien sind nicht an einem Stand, einen Bürgermeister vorschlagen zu
können, der eine demokratische Mehrheit hat“, begründete die grüne
Fraktionschefin Daniela Ehlers den Antrag auf Verschiebung der Wahl.
Will heißen: Sollte doch ein Kandidat bei einer Abstimmung eine Mehrheit
bekommen, dann wäre das nur mit Stimmen der AfD möglich. Dagegen hatten vor
Beginn der BVV bei strömenden Regen antifaschistische Gruppen mit einer
Kundgebung gewarnt.
Ihre Kandidatur angekündigt hatten [2][Amtsinhaber Michael Grunst von den
Linken] und sein Stellvertreter Kevin Hönicke von der SPD. Grunst strebt
eine Zählgemeinschaft – wie Koalitionen in den Bezirken heißen – mit SPD
und Grünen an, hat aber auch mit der neu in die BVV eingezogenen
[3][Tierschutzpartei] gesprochen. Rein rechnerisch hätte diese
Zählgemeinschaft eine stabile Mehrheit.
Grunsts Problem: Die SPD, ohne die die Mehrheit nicht möglich ist, will
nicht. Die Tierschutzpartei hat sich noch nicht entschieden.
Hönicke hingegen setzt auf eine Zählgemeinschaft mit Grünen und CDU. Sein
Problem: Die Grünen wollen nicht. Zudem hätte eine solche Zählgemeinschaft
eine nur hauchdünne Mehrheit von einer Stimme.
Die SPD hat am Donnerstag darum auch die neu in die BVV eingezogene FDP zu
Gesprächen eingeladen. Allerdings wurde in der Debatte klar, dass gerade
zwischen Grünen und Liberalen inhaltlich Welten liegen, beispielsweise in
der Frage der Nachverdichtung von Innenhöfen.
## Schwierigkeiten auf persönlicher Ebene
Dass SPD und Linke nicht miteinander können, liegt weniger an den Inhalten
als an den Personen. Bürgermeister Michael Grunst ist nicht gerade sehr
umgänglich. Seine auf 25 Prozent Wählerzuspruch geschrumpfte, aber
weiterhin stärkste Partei im Bezirk hatte vor gar nicht allzu langer Zeit
noch die absolute Mehrheit in der Lichtenberger BVV. Da musste sie keine
Kompromisse mit anderen Parteien schließen, und das ist für viele Linke
noch gewöhnungsbedürftig.
In der SPD hatte sich vor gut einem Jahr die ehemalige Stadträtin Birgit
Monteiro wegen der fehlenden Kommunikation mit dem Bürgermeister aus der
Politik zurückgezogen. Da das Klima unter ihrem Nachfolger Kevin Hönicke
nicht besser wurde und etwa Absprachen unverlässlich bleiben, gibt die SPD
der Linken die Schuld und will sie ausbooten.
„Wir favorisieren in Lichtenberg ein gemeinsames Bündnis mit Linken und
SPD“, schreiben hingegen die Grünen. „Die inhaltlichen Schnittmengen sind
sehr groß. Leider scheitert ein solches Bündnis bisher daran, dass die SPD
eine weitere Zusammenarbeit mit der Linken kategorisch ausschließt und die
Linke nicht bereit ist, konstruktiv auf die SPD zuzugehen.“
## Stimmungswandel bei der SPD?
Bei einzelnen SPDlern deutet sich allerdings Kompromissbereitschaft an.
Sollten die Linken nicht auf dem Kandidaten Michael Grunst bestehen und
stattdessen jemanden als Bürgermeister oder Bürgermeisterin nominieren, mit
dem ein besseres Arbeitsklima und Verlässlichkeit in den Absprachen
zwischen den Partnern der Zählgemeinschaft einzieht, könnte man sich eine
rot-rot-grüne Zählgemeinschaft unter Führung der Linken vorstellen, heißt
es aus Teilen der SPD, die nur um eine Minderheit darstellt.
Korrektur: In einer früheren Version hatte es geheißen, eine grüne
Abgeordnete sei hochschwanger und könnte deswegen in Kürze in Mutterschutz
gehen. Das ist nicht der Fall.
5 Nov 2021
## LINKS
[1] /Buergermeisterwahl-in-Berlin-Pankow/!5813228
[2] /Buergermeisterstreit-in-Lichtenberg/!5806147
[3] /Kleinparteien-in-den-Bezirken/!5813129
## AUTOREN
Marina Mai
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