| # taz.de -- Streik der Krankenhausbeschäftigten: Unbefristeter Arbeitskampf ko… | |
| > Am Donnerstag beginnt der Erzwingungsstreik der Berliner | |
| > Krankenhausbeschäftigten. Sie wollen ihre Ziele in den nächsten zwei | |
| > Wochen durchsetzen. | |
| Bild: Vor der Vivantes-Konzernzentrale mit klaren Botschaften | |
| Berlin taz | Am Donnerstag treten die Beschäftigten der kommunalen | |
| Krankenhäuser Charité und Vivantes in den [1][unbefristeten Arbeitskampf] | |
| ein. Das teilte die [2][Berliner Krankenhausbewegung], in der sich die | |
| Beschäftigten organisiert haben, am Mittwoch mit. Laut zwei der taz | |
| vorliegenden Streikaufrufen ruft die Gewerkschaft Verdi alle Pflegenden – | |
| inklusive Auszubildenden und Praktikant:innen – sowie die Beschäftigten | |
| der Tochterunternehmen dazu auf, ab Donnerstag ihre Arbeit niederzulegen. | |
| Die Gewerkschaft werde aber die Notversorgung von Patient:innen stets | |
| sicherstellen. Meike Jäger, die zuständige | |
| Verdi-Landesfachbereichsleiterin, sagte der taz, man wolle ein „klares | |
| Signal setzen, dass die Kolleg:innen es ernst meinen“. Ziel sei, dass | |
| die Tarifauseinandersetzung in den nächsten zwei Wochen zu einem Ergebnis | |
| zu bringen. | |
| Bis zum Wochenende sollen allein bei Vivantes 400 bis 600 Betten gesperrt | |
| werden, im Laufe der kommenden Woche könnten es noch mehr werden. Der | |
| Streik würde ab Donnerstag sukzessive hochgefahren, sagte Jäger. So solle | |
| es den Klinikleitungen ermöglicht werden, alle aus medizinischer Sicht | |
| verschiebbaren Behandlungen abzusagen. | |
| Bisher konnten sich Gewerkschaft und Arbeitgeber nur für die | |
| Tochtergesellschaft auf einen Notdienst einigen, der während eines Streiks | |
| im Gesundheitssektor die Notversorgung der Patient:innen sicherstellen | |
| soll. Verdi werde einen Notdienst deshalb „einseitig sicherstellen“, sagte | |
| Jäger. | |
| ## Tonänderung bei Vivantes | |
| Die Pflegenden fordern einen [3][Tarifvertrag Entlastung], der | |
| Personalbemessungen für jede Station vorschreiben würde, um die konstanten | |
| Unterbesetzungen zu verhindern. Müssten Pflegende dennoch in Unterbesetzung | |
| arbeiten, erhielten sie einen „Belastungsausgleich“ in Freizeit oder Geld. | |
| Die Beschäftigten der Tochtergesellschaften fordern eine Bezahlung nach dem | |
| Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TvöD) für alle Beschäftigten. | |
| Hintergrund ist, dass Vivantes und Charité Arbeiten auf formal unabhängige | |
| Tochtergesellschaften ausgelagert haben, wohl auch, um eine Bezahlung nach | |
| TvöD zu umgehen. Da manche Beschäftigte aber noch Verträge aus der Zeit vor | |
| der Auslagerung besitzen, entstehen nach Angaben der Bewegung | |
| Lohnunterschiede von teils über 900 Euro monatlich. | |
| Zuletzt hatte insbesondere der kommunale Krankenhauskonzern Vivantes seinen | |
| Ton grundlegend geändert. Der Konzern betreibt neun Standorte in Berlin. | |
| Nachdem es zuvor über Monate hieß, die Forderungen der Pflegenden seien | |
| nicht zu finanzieren und würden zudem die Kapazitäten des Krankenhauses | |
| empfindlich einschränken, verkündete Vivantes am Montag ein | |
| „deutschlandweit erstes Modellprojekt“ zur Entlastung der Pflegenden. | |
| Das Modell sieht vor, den Leistungsumfang der Krankenhäuser entsprechend | |
| dem vorhandenen Personal zu deckeln, um Unterbesetzungen zu vermeiden. Auch | |
| die Ausbildung neuer Pflegekräfte solle sich verbessern. Gekoppelt war das | |
| Angebot allerdings an die Bedingung, dass Verdi alle Streiks absage – was | |
| die Bewegung als Einschüchterungsversuch sah. | |
| ## Demonstrationen geplant | |
| Jäger bezeichnete den Vivantes-Vorschlag durchaus anerkennend als | |
| „interessanten Ansatz“. Tatsächlich fordert Verdi auf Bundesebene bereits | |
| seit längerem ein ähnliches System. Knackpunkt sei, dass der Vorschlag | |
| keinen Belastungsausgleich und damit keine Konsequenzen für den Fall | |
| vorsehe, dass die vorgesehenen Personalbemessungen doch unterschritten | |
| werden. „Wenn die Klinikleitung dieses Konzept tatsächlich umsetzen und | |
| sich auch daran halten will, dann wäre ein solcher Ausgleich doch gar kein | |
| Problem“, kritisierte Jäger. | |
| Dorothea Schmidt, die Geschäftsführerin für Personalmanagement bei | |
| Vivantes, erklärte am Donnerstag, der Zeitpunkt des Streiks sei wegen des | |
| kürzlich vorgestellten Modellprojekts „vollkommen unverständlich“. Durch | |
| den Arbeitskampf mache die Gewerkschaft einen „strukturierten und | |
| konstruktiven Verhandlungsprozess zunichte“. Der Krankenhauskonzern | |
| kritisierte zudem, dass er seine Kapazitäten für den Streik stark | |
| einschränken müsse. | |
| Die Krankenhausbeschäftigten mobilisieren für Donnerstag ab 10:30 Uhr zu | |
| einer Streikdemo vor der Senatsfinanzverwaltung an der Stralauer Straße | |
| Ecke Klosterstraße. Von dort aus soll der Protestzug zur Senatsverwaltung | |
| für Gesundheit ziehen. Am Freitag ist eine Kundgebung vor dem | |
| Tochterunternehmen Labor Berlin geplant, das die Vivantes-Geschäftsführung | |
| weiterhin kategorisch aus allen Verhandlungen ausklammert ([4][die taz | |
| berichtete]). | |
| Weiterhin ist für den Dienstag nächste Woche eine Großdemo unter dem Motto | |
| „Berlin steht zusammen für seine Krankenhausbeschäftigten“ geplant, die v… | |
| Robert-Koch-Platz in der Nähe des Hauptbahnhofs zum Neptunbrunnen am | |
| Alexanderplatz ziehen soll. | |
| 8 Sep 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Berliner-Krankenhausbewegung/!5799190 | |
| [2] https://berliner-krankenhausbewegung.de/ | |
| [3] /Notstand-in-der-Pflege/!5794168 | |
| [4] /Tarifkampf-der-Krankenhausbeschaeftigten/!5786616 | |
| ## AUTOREN | |
| Timm Kühn | |
| ## TAGS | |
| Vivantes | |
| IG | |
| Streik | |
| Pflege | |
| Charité | |
| Krankenhäuser | |
| Vivantes | |
| Vivantes | |
| Pflegekräftemangel | |
| Vivantes | |
| Vivantes | |
| Vivantes | |
| Pflegenotstand | |
| Vivantes | |
| Vivantes | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Krankenhausbewegung in der Volksbühne: Politisches Theater als Verstärker | |
| Die Streikenden von Charité und Vivantes sind zu Gast in der Volksbühne. | |
| Sie berichten von den tödlichen Folgen profitorientierter Krankenhäuser. | |
| Arbeitskampf bei Vivantes und Charité: Streiken und streiten | |
| Verdi erwartet in dieser Woche Ergebnisse in Verhandlungen mit Vivantes. | |
| Personaluntergrenzen bleiben eine Streitfall. | |
| Protest der Pfleger*innen: Personalnotstand und Arbeitshetze | |
| Angestellte in der Pflege machten mit dem jährlichen „Walk of Care“ in | |
| Berlin auf ihre desolaten Arbeitsbedingungen aufmerksam. | |
| Streikende Pfleger in Berlin: Noch immer zu wenig Personal | |
| Seit Jahren klagen Pfleger überall im Land über zu hohe Arbeitsbelastung. | |
| Geändert hat sich nur wenig. Was könnte sich nach der Wahl ändern? | |
| Arbeitskampf der Krankenhausbewegung: Keine Entlastung vom Streik | |
| Der Streik der Klinikbeschäftigten läuft auf Hochtouren: Etwa jedes siebte | |
| Krankenhausbett von Charité und Vivantes wird bestreikt. | |
| Streik der Pflegenden in Berlin: Folgerichtig und sinnvoll | |
| Die Beschäftigten der landeseigenen Berliner Krankenhausbetriebe treten in | |
| den unbefristeten Streik. Und ihr Druck hat schon Wirkung gezeigt. | |
| Berliner Krankenhausbewegung: Erfolgreiche Urabstimmung | |
| Die gewerkschaftlich organisierten Krankenhaus-Mitarbeitenden wollen es | |
| wissen: 98 Prozent stimmten in einer Urabstimmung für Streik. | |
| Pflege-Anwälte im Interview: „Die Arbeitgeber können blockieren“ | |
| Öffentliche Unternehmen kämpfen in Berlin heute mit denselben Mitteln wie | |
| private Firmen, so die Anwälte Daniel Weidmann und Benedikt Rüdesheim. | |
| Notstand in der Pflege: Die kranken Häuser heilen | |
| Die überlasteten Beschäftigten der landeseigenen Kliniken in Berlin kämpfen | |
| für bessere Arbeitsbedingungen. Die Missstände sitzen tief im System. |