| # taz.de -- Stolpersteinverlegung in Chemnitz: Holocaust-Gedenken ohne Kretschm… | |
| > In Chemnitz werden Stolpersteine für verfolgte Juden verlegt. Sachsens | |
| > Ministerpräsident, der den ganzen Tag die Stadt besucht, ist nicht dabei. | |
| Bild: Der Rabbiner Hugo Fuchs wurde von den Nazis gefoltert, überlebte aber de… | |
| Chemnitz taz | Als die Nationalsozialisten am Nachmittag des 9. November | |
| 1938 kommen und Hugo Fuchs mitnehmen, bringen sie ihn in einem Lastwagen | |
| zur jüdischen Synagoge von Chemnitz, drüben am Stephansplatz. Sie steht zu | |
| diesem Zeitpunkt bereits in Flammen. Fuchs, der Historiker, der Rabbiner, | |
| soll sehen, wie sein Gotteshaus niederbrennt. Dann nehmen sie ihn in | |
| „Schutzhaft“, ehe er später nach Buchenwald deportiert wird, ehe sie seine | |
| Finger verstümmeln und er nie wieder Klavier spielen kann. Immerhin | |
| überlebt er. | |
| Das war vor 80 Jahren und an diesem Donnerstagmorgen in Chemnitz, in der | |
| Agricolastraße 15, hat jeder die Bilder im Kopf: Die Gespenster aus alten | |
| Zeiten, von damals; und die Fernsehbilder von Montag, der Mob, die | |
| randalierenden Nationalsozialisten, die wieder auf Minderheiten losgehen. | |
| Es ist ein schwerer Morgen in Chemnitz, es regnet in Strömen, und nur ein | |
| paar dutzend Menschen sind zu dem Haus gekommen, wo heute, umgeben von | |
| ansehnlichen Altbauhäusern ein Neubau die Bombenlücke in der Häuserreihe | |
| füllt. Sie halten ihre Regenschirme über sich und einige stehen unter dem | |
| blauen Pavillon vor dem Haus, der etwas Schutz bieten soll, für die | |
| Mitglieder der Jüdischen Gemeinde, die gekommen sind. | |
| Einer allerdings, ist heute nicht hier. Es ist Sachsens Ministerpräsident | |
| Michael Kretschmer, CDU. Er könnte eigentlich hier sein, denn er ist heute | |
| den ganzen Tag in der Stadt. Er besucht eine Schule und einen Kindergarten, | |
| und für den Abend ist etwas besonderes geplant, ein Sachsengespräch. Da | |
| könnte es wieder heiß hergehen. Auch die Oberbürgermeisterin Barbara | |
| Ludwig, SPD, ist nicht hier, sie hat wohl zu tun, sie ist heute mit | |
| Kretschmer unterwegs. | |
| Und so ist es der Ordnungsbürgermeister der Stadt, Miko Runkel von der | |
| Linkspartei, der an diesem Morgen im Regen an der Seite der Vorsitzenden | |
| der Jüdischen Gemeinde steht und aufmerksam macht auf die Pogrome von vor | |
| 80 Jahren. Er sagt, er sei froh, dass es in Chemnitz wenigstens keine | |
| Debatte darüber gibt, ob diese Stolpersteine überhaupt verlegt werden | |
| sollen. „Da sind wir uns im Stadtrat weitgehend einig.“ | |
| Dann, etwas später, nimmt ihn ein Mann zur Seite und fragt, was für Samstag | |
| geplant ist, was eigentlich werden soll, wenn wieder die AfD und das | |
| rechtsnationalistische Bündnis „Pro Chemnitz“ zu großen Protesten in die | |
| Stadt rufen. „Wir“, sagt der Ordnungsbürgermeister, „werden gegen die | |
| Rechten Stellung beziehen.“ Und dann antwortet ihm der Mann in der hellen | |
| Jacke: „Wenn Antifaschisten dabei sind, die für Samstag auf die Straßen | |
| rufen, reiht sich die bürgerliche Mitte sicher nicht mit ein.“ | |
| 30 Aug 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Martin Kaul | |
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