| # taz.de -- Stellungnahme des Senats zu DW Enteignen: Politik mit Zahlen | |
| > Der Stellungnahme des Senat zum Volksbegehren ist nur scheinbar neutral. | |
| > Die Nennung hoher Entschädigungskosten ist tückisch. | |
| Bild: Finanzsenator Matthias Kollatz hat keine DW Enteignen-Mappe. Bürgermeist… | |
| Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte. Übersetzt auf Berlin könnte | |
| das heißen: Wenn sich SPD und Linke streiten, freut sich [1][Deutsche | |
| Wohnen & Co enteignen]. Weil beide Parteien entgegengesetzte Ansichten zur | |
| Vergesellschaftungsinitiative vertreten, bleibt eine eindeutige | |
| Positionierung des Senats zum Volksentscheid aus. | |
| Die Volksinitiative hat also das Privileg, dass ihrem Text in den Amtlichen | |
| Wahlunterlagen, die am 15. August an alle Wahlberechtigten verschickt | |
| werden, keine Stellungnahme des Senats gegenübersteht, die die | |
| Wähler*innen auffordert, die Initiative abzulehnen. Die in dieser Frage | |
| ebenso zerstrittene Koalition im Abgeordnetenhaus wird gar nicht mit einem | |
| Text vertreten sein. Für DW Enteignen ist das ein Vorteil, denn viele | |
| Wähler*innen werden sich anhand dieser Unterlagen erstmals mit dem | |
| Vorhaben beschäftigen. | |
| Der vage Kompromisstext, auf den sich der Senat am Dienstag, auch mit | |
| Zustimmung der hier passiven Grünen einigte, bietet dennoch so einige | |
| Fallstricke und für die Initiative wenig förderliche Argumente. Das | |
| notwendige Vergesellschaftungsgesetz wird als „politisch und juristisch | |
| umstritten“ bezeichnet. | |
| Noch brisanter ist die Nennung von Zahlen, die sich aus der Kostenschätzung | |
| des Senats ergeben. Demnach sei von „Entschädigungskosten von 29 bis 39 | |
| Mrd. Euro“ auszugehen – inklusive eines Zuschusses aus dem Landeshaushalt | |
| von 6 bis 9 Milliarden. Die scheinbar neutrale Betrachtung hat es in sich, | |
| vermittelt sie doch: Das Vorhaben, das 224.000 Wohnungen in die öffentliche | |
| Hand überführen will, ist viel zu teuer. | |
| Die 39 Milliarden liegen noch einmal drei Milliarden über der Höchstgrenze, | |
| die in der Kostenschätzung vom März 2019 angegeben wurden. Grund dafür ist | |
| die Fortschreibung der Zahlen anderthalb Jahre später, um die weitere | |
| Marktpreisbildung abzubilden. Alle Gegner*innen haben es nun schwarz auf | |
| weiß. Selbst der rot-rot-grüne Senat rechnet mit Kosten von fast 40 | |
| Milliarden Euro. Die Zahl wird in den kommenden Monaten sehr, sehr häufig | |
| zu hören sein. | |
| Tatsächlich aber sind die Senatszahlen politisch motiviert, weder unter | |
| Expert*innen diskutiert, noch zwingend notwendig. Schon der Aufschlag | |
| von drei Milliarden im Vergleich zur ersten Rechnung zeigt, dass sich hier | |
| an Marktwerten orientiert wird. Doch das Gesetz verlangt das nicht. Für | |
| Entschädigungskosten bei Vergesellschaftung ist im Grundgesetz lediglich | |
| eine Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten | |
| gefordert. Auf Grundlage einer Definition des allgemeinen Interesses kommt | |
| die Initiative selbst lediglich auf Kosten von 8 bis 10 Milliarden. Die | |
| hierfür notwendigen Kredite wären ohne Belastung des Haushalts vollständig | |
| aus den Mieteinnahmen zahlbar. | |
| Welche Entschädigungen schlussendlich fällig werden, ist also keineswegs | |
| ausgemacht. Dass es die Höchstzahlen dennoch in den Senatstext geschafft | |
| haben, ist der SPD zu verdanken, die das Begehren unbedingt scheitern sehen | |
| will. Die Linke hat das geschehen lassen. | |
| 21 Jul 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Erik Peter | |
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