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# taz.de -- Sparpaket in Griechenland: Man gibt sich lernresistent
> Das griechische Parlament hat ein neues Sparpaket beschlossen. Es wird
> wieder einmal nichts bringen, denn die Lösung der Eurokrise liegt
> woanders.
Bild: Von den Plakatwänden winkt das Geld, auf den Konten eher nicht so
Es funktioniert nicht. Seit sechs Jahren doktert die Eurozone mit dem immer
gleichen Rezept in Griechenland herum: sparen, sparen, sparen. Doch ein
Aufschwung ist nicht in Sicht, das Land bleibt in der Krise stecken.
Deutschlands Finanzminister Schäuble gibt sich trotzdem unbeirrt und
lernresistent. Wenn Sparen bisher nicht geholfen hat – dann muss eben noch
mehr gespart werden. Also wurde Griechenland jetzt gezwungen, [1][erneut
die Renten zu kürzen] und die Steuern zu erhöhen. Das Ergebnis ist
absehbar: Die griechische Wirtschaft wird weiter schrumpfen.
Sogar Schäuble gibt mittlerweile indirekt zu, dass sein Sparkurs scheitern
wird. Er macht sich nämlich Sorgen, dass die Griechen 2018 ihre
Haushaltsziele nicht erreichen könnten, obwohl sie wie verlangt kürzen. Und
dann? Ganz einfach: Dann sollen die Griechen noch mehr sparen!
Mit diesem Wahnsinn will der Internationale Währungsfonds (IWF) nichts mehr
zu tun haben und setzt Schäuble unter Druck. Ein Teil der griechischen
Schulden soll gestrichen werden, sonst zieht sich der IWF aus der Troika
zurück. EZB und Eurozone könnten dann allein zusehen, wie sie das Problem
Griechenland lösen.
## Schäuble ziert sich
Die IWF-Drohung ist ernst zu nehmen, denn der Fonds kann Schäuble
erpressen. Der deutsche Finanzminister braucht den IWF als Schutzschild, um
die Verantwortung für das griechische Desaster abzuwälzen. Schäuble will
keinesfalls allein schuld sein.
Noch ziert sich Schäuble, aber er dürfte dem IWF in den nächsten Wochen
entgegenkommen. Zumal ein Schuldenschnitt faktisch nichts kosten würde. Es
ist unstrittig, dass Griechenland seine Staatsschulden niemals tilgen kann,
die sich derzeit auf etwa 175 Prozent der Wirtschaftsleistung belaufen.
Deutschland würde also real kein Geld verlieren, weil dieses Geld sowieso
nur als Luftbuchung existiert. Zudem ließe sich ein Schuldenschnitt
kosmetisch so gestalten, dass er bilanztechnisch gar nicht auffällt: Statt
die Kredite an Griechenland offiziell abzuschreiben, könnten auch die
Laufzeiten einfach verlängert und die Zinsen auf tendenziell null gesenkt
werden.
Obwohl ein Schuldenschnitt nichts kostet, wäre er nicht umsonst. Er hätte
den großen Vorteil, dass endlich der sinnlose Kreisverkehr des Geldes enden
würde, der die gesamte Eurozone lahmlegt. Die Brüsseler Verhandlungen an
diesem Montag waren dafür typisch: Es ging nur darum, ob die Europäer
Griechenland neue Kredite gewähren, damit es alte Kredite bei den Europäern
tilgen kann. Sobald dieses Nullsummenspiel aufhört, könnten sich die
Finanzminister viele Konferenzen sparen.
Ein Schuldenschnitt wäre also ein Fortschritt, aber er wäre noch nicht die
Lösung, obwohl das Thema „Schuldenschnitt“ auch bei den Griechen maximale
symbolische Bedeutung genießt. Es würde nämlich nur eine Last aus der
Vergangenheit gemildert. Die Schulden sind totes Geld, das längst
ausgegeben ist. Doch die Zukunft bleibt ungeklärt und die zentrale Frage
unbeantwortet: Wovon sollen die Griechen eigentlich leben? Dem Land fehlt
ein Geschäftsmodell. Tourismus und Schifffahrt allein erzeugen nicht genug
Einnahmen, um allen Griechen ein auskömmliches Leben zu finanzieren.
Die Eurokrise war und ist mehr als nur eine Schuldenkrise. Sie hat deutlich
gemacht, dass die Länder in der Peripherie nicht von selbst aufholen. Man
wird sie fördern müssen. So würde es sich für Griechenland anbieten, die
erneuerbare Energie auszubauen und die Landwirtschaft zu stärken. Doch
diese Debatten finden nicht statt. Die Zukunft wird ignoriert, weil nur die
Erblast der Vergangenheit interessiert: die Schulden. Und dies ist die
Schuld der Deutschen.
9 May 2016
## LINKS
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## AUTOREN
Ulrike Herrmann
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