# taz.de -- Spanien übernimmt Vorsitz des EU-Rats: Sánchez hofft, dann noch d… | |
> Ab Samstag hat Spanien die EU-Ratspräsidentschaft inne. Nach der | |
> vorgezogenen Parlamentswahl im Juli könnten EU-Skeptiker den Ton angeben. | |
Bild: Spaniens Ministerpräsident tritt am Samstag die EU-Ratspräsidentschaft … | |
MADRID taz | Am 23. Juli, nur drei Wochen nach Beginn der | |
EU-Ratspräsidentschaft, wird Spanien wählen. [1][Pedro Sánchez selbst hat | |
es so entschieden.] Nach einem verheerenden Ergebnis bei den Kommunal- und | |
Regionalwahlen am vergangenen 28. Mai zog er die Parlamentswahlen, die | |
eigentlich Ende Herbst fällig geworden wären, vor. | |
Das hat unmittelbare Auswirkungen für den EU-Vorsitz, den am Samstag Madrid | |
übernimmt. Anders als geplant wird Sánchez die Prioritäten seiner | |
EU-Amtszeit vor dem EU-Parlament nicht im Juli, sondern erst im September | |
vorstellen – falls er dann noch im Amt ist. Wenn nicht, wird diese Aufgabe | |
dem Chef der rechten Partido Popular (PP), Alberto Nuñez Feijóo, zufallen. | |
Dieser hofft auf eine Mehrheit [2][in Koalition mit der rechtsextremen | |
VOX]. | |
Das Programm der EU-Präsidentschaft könnte sich so radikal ändern. Denn | |
Sánchez hat den Klimawandel und den dadurch notwendigen ökologischen Umbau | |
der EU und – ganz im ursprünglich sozialdemokratischen Stil – die Sozial- | |
und Steuerpolitik auf seiner Prioritätenliste. | |
Feijóo leugnet den ersten Punkt und will nichts vom zweiten wissen. | |
Klimapolitik sowie soziale Maßnahmen zuungunsten der Steuergeschenke an die | |
Oberschicht ist mit den Rechten und Ultrarechten nicht zu haben. | |
## Energie- und Gesundheitspolitik stehen im Mittelpunkt | |
Mitte Juni hielt Sánchez einen langen Vortrag zu seinen EU-Plänen vor den | |
Botschaftern der 27 in Madrid. Er wolle „ein freundliches und sicheres | |
Europa“, eine Weltregion, welche die Wirtschaft der Zukunft anführt. Dazu | |
sei es notwendig, Erfindergeist zu stärken und Zukunftstechnologien etwa im | |
Bereich der Energiegewinnung zu fördern. Die EU müsse im Rahmen der | |
„Reindustrialisierung Europas“ Investoren anziehen, so der Spanier. | |
Nichts hat den Sozialdemokraten in seinen fünf Jahren an der Spitze so | |
geprägt wie die Coronakrise. [3][Als die Covid-19-Pandemie Spanien so | |
stark erwischte], musste Sánchez bei den wenigen EU-Ländern, die etwa | |
Beatmungsgeräte herstellen, regelrecht betteln, und zu völlig überhöhte | |
Preisen in China Gerätschaften und Masken einkaufen. Seiner Regierung | |
schwebt seither ein Europa vor, das für sich selbst sorgen kann. | |
„Die geopolitischen Veränderungen und deren Herausforderungen stellen eine | |
Chance dar, verlorene Industrien zurückzuholen und neue aufzubauen“, | |
erklärte Sánchez im Bezug auf den Ukrainekrieg. Neben dem Gesundheitssektor | |
hat er auch die Unabhängigkeit von Energielieferungen durch Dritte dank | |
erneuerbarer Energien im Sinn. Das verlangt zwar Investitionen, allerdings | |
würden die 27 bis Ende des Jahrzehnts 133 Milliarden Euro an Importen | |
fossiler Brennstoffe einsparen und eine Million Arbeitsplätze schaffen. | |
Sánchez will die EU weiter vereinen – zum einen außenpolitisch bei der | |
Unterstützung der Ukraine und zum anderen bei der Sozial- und | |
Steuerpolitik. Er will einen gerechteren Arbeitsmarkt mit EU-Richtlinien – | |
„eine Reform der Steuerregelungen, die Schluss mit der Politik des | |
Todsparens macht“. Er spricht von Steuerflucht der Multinationalen, „die | |
Europa jedes Jahr 1,5 Prozentpunkte des BIP kostet, das, was in | |
öffentlichen Wohnungsbau und Umweltschutz investiert wird“. | |
„Europa war unser Tor zum Modernen und es wird unser Weg zu einer besseren | |
Zukunft sein“, erklärte Sánchez in der anschließenden Pressekonferenz beim | |
Termin mit den Botschaftern in Madrid. Ein Seitenhieb zur politischen Lage | |
zu Hause und den bevorstehenden Wahlen. „Europa ist stärker als die | |
antieuropäischen Parteien“ – Sánchezs Hoffnung, auch für Spanien. | |
30 Jun 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Spaniens-Regierung-zieht-Wahlen-vor/!5934960 | |
[2] /Rechtsextreme-Vox-nach-Regionalwahlen/!5840836 | |
[3] /Corona-in-Spanien/!5720316 | |
## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
## TAGS | |
Spanien | |
EU-Ratspräsidentschaft | |
Pedro Sánchez | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Schweden | |
Spanien | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Sánchez unterstützt Ukraine | |
Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez macht der Ukraine Hoffnung auf | |
einen Beitritt zur EU. Selenski bezeichnet das AKW Saporischschja als | |
„bedroht“. | |
Ende der EU-Ratspräsidentschaft: Wo war denn Schweden? | |
Die Sorgen, dass Stockholm beim Klima und Naturschutz bremsen würde, | |
bewahrheiteten sich. Die schwedische Ratspräsidentschaft endet am Freitag. | |
Weinbau trotz Klimawandel in Spanien: Zu trockener Wein | |
Spaniens Reben leiden unter der Klimakrise. Erträge und Qualität gehen seit | |
Jahren zurück. Drei Winzer versuchen nun zu retten, was zu retten ist. | |
Daten zur Klimakrise: Europa heizt sich schnell auf | |
Mehr Hitzetote, mehr Waldbrände, mehr Dürren: Europa ist stark von den | |
Folgen der Erderwärmung betroffen, zeigt ein Bericht. |