# taz.de -- Soziologin über Mitte der Gesellschaft: „Die Bühne ist der Fris… | |
> Die Kanadierin Barbara Thériault ist von Hause aus Soziologin. Parallel | |
> arbeitet sie als Friseurin und bekommt Einblick in andere Welten. | |
Bild: Barbara Thériault im Barbershop Morad in Halle | |
Wir haben uns im Barbershop Morad in Halle verabredet. Der Laden ist | |
eingerichtet im Retrostil, mit hölzernen Wandschränken, darin ordentlich | |
aufgereihte Bart- und Haarpflegeprodukte. Es läuft Popmusik im Radio. | |
Barbara Thériault, 51, schneidet gerade noch einem älteren Herren die | |
Haare, er ist ein Freund von ihr. Sonst ist der Laden leer. Wenig später | |
füllen sich die schwarzen Sofas in Lederoptik mit wartenden Kunden – | |
ausschließlich Männern –, die von den anderen Friseuren einen Kaffee aus | |
kleinen Pappbechern angeboten bekommen. Als Thériault fertig ist, setzen | |
wir uns mit so einem Kaffee in eine Ecke des Ladens. | |
wochentaz: Frau Thériault, welche Frisur schneiden Sie am häufigsten? | |
Barbara Thériault: Bei Männern so fassonartige Haarschnitte. Hinten kurz | |
und ein bisschen eingeblendet vorne. Hier im Barbershop machen die das | |
weniger. Hier gibt’s viel auf null, also nacktrasiert. | |
Hören die Menschen auf Ihren Rat? | |
Es kommt darauf an, wo man Haare schneidet. Letztes Jahr war ich öfter bei | |
der Stadtmission. Da sagen viele: „Ach, Sie wissen schon“, soll heißen: Mir | |
wird vertraut und ich kann machen, was ich will. Manche zeigen auch mal ein | |
Foto, weil sie nicht so genau wissen, was sie wollen. Ich kann auch | |
beraten, aber viel ändert das nicht. | |
Sie sind eigentlich Soziologin, warum haben Sie vor zwei Jahren eine | |
Friseur*innenausbildung begonnen? | |
Ich mag am Job als Soziologin die Arbeit nah am Menschen, mich unter sie zu | |
mischen, zum Beispiel bei der Feldforschung. Auch als Friseurin ist man nah | |
dran und erlebt gute Gespräche. Friseur*innen können gute | |
Beobachter*innen sein. Aber es gibt beim Haareschneiden auch eine | |
ästhetische Dimension, die mich sehr antreibt. | |
Inwiefern? | |
Ich habe das in meiner Zeit in Erfurt gemerkt, wo ich zunächst zum | |
Studieren und dann zum Lehren hinkam. Die Erfurter sagten oft über sich | |
selbst: „Ich habe keinen Stil.“ Dabei stimmt das gar nicht. In Erfurt sehe | |
ich den Stil, kaum komme ich am Hauptbahnhof an. Ich würde ihn als sehr | |
homogen und bodenständig beschreiben. Mit meiner Friseurausbildung wollte | |
ich verstehen: Wer produziert diese Stile? | |
Wieso sind Sie dann nicht in die Modebranche gegangen oder in ein | |
Architekturbüro? | |
Der Friseursalon ist ein Ort, wo man eine kleine Welt beobachten kann. Wie | |
auch in Bars, Kinos oder am FKK-Strand. Orte, an denen sich die Leute | |
kennen und sich wie eine kleine Familie verhalten. So was findet man auch | |
in der Gartenkolonie, aber die kann ich nicht leiden. In Friseurläden oder | |
jetzt aktuell im Barbershop finde ich ein bisschen mehr gelebte Vielfalt, | |
das mag ich. | |
Sie sind jetzt über ein Jahr Friseurin in Halle, Erfurt und Montreal. Was | |
haben Sie in dieser Zeit gelernt? | |
Friseur*innen, das fasziniert mich am meisten, machen immer die gleichen | |
Haarschnitte. Es gibt drei, vier Schnitte. Dabei wollen manche Leute | |
wirklich was anderes. Auf der Straße sehen die Frisuren vielleicht noch | |
einmal anders aus, weil die Haare der Leute unterschiedlich sind, aber | |
letztlich sind die meisten Frisuren gleich. | |
Liegt das an den Kund*innen oder an den Friseur*innen? | |
Als ich das festgestellt habe dachte ich: Okay, die, die sich selbst die | |
Haare schneiden, sind die krass Individuellen. Aber auch das ist falsch. | |
Alle machen mit bei der Homogenität. In dem Café bei der Stadtmission, in | |
dem ich Haare schneide, gibt es den expliziten Wunsch, normal zu sein. Man | |
kann den Ort deshalb vielleicht als Sackgasse der Mode beschreiben. | |
Vielleicht gefällt es mir deshalb so, dort zu arbeiten. Ich kann einen | |
kleinen Teil zur Ästhetik des Ortes und der Kund*innen beitragen. Andere | |
Menschen wollen das Gegenteil, Studierende oder meine Mitbewohnerin in | |
Halle. Allerdings reproduzieren sie damit auch einen ähnlichen Stil. Ich | |
glaube die Friseur*innen langweilt das manchmal. Ich denke, sie finden | |
es schön, wenn mal jemand was anderes will und sie sich austoben können. | |
Sie meinten eben, Friseure können gut beobachten. Was sehen Sie bei der | |
Arbeit? | |
Friseur*innen sagen manchmal selbst, dass sie Psycholog*innen sind. | |
Ich finde, das stimmt nicht. Denn die Gespräche im Friseursalon sind | |
superoberflächlich. Das ist toll, aber es kann eben nicht um tiefe Probleme | |
gehen. Und die Friseur*in wird niemals widersprechen. Es ist so ein | |
Kontext, wo es keine Auseinandersetzungen gibt. Es ist die pure | |
Geselligkeit mit leichten Gesprächen. Es geht zu wie in einer verschworenen | |
Gemeinschaft, vor allem im Damensalon, wenn die Frauen oder auch | |
Ostdeutsche unter sich sind. Es ist nicht so, dass man nur tolle | |
Geschichten zu hören bekommt. Aber wenn man lange genug bleibt, kann man | |
den Kosmos untersuchen, der hier ganz ohne tiefergehende Gespräche | |
entsteht. Ein Kosmos mit vielen Regeln. | |
Was denn für Regeln? | |
Es gibt bestimmte Wörter oder Floskeln, die Friseur*innen immer | |
benutzen, das ist Teil des Smalltalks. Zum Beispiel bei Komplimenten für | |
ältere Leute höre ich oft: „Das sieht frisch aus!“ Soll heißen: Das Leben | |
ist etwas Vergängliches, es wird nicht bleiben, aber wenigstens sieht man | |
mit neuer Frisur gut aus. Mir gefällt es auch total, dass man in dem Beruf | |
so viele Komplimente machen kann. Obwohl manche Kund*innen das dann | |
seltsam finden. Ich habe letztens mal zu einer Frau gesagt, dass der Nacken | |
sehr grazil ist, das kann man ja sonst wirklich selten aussprechen. Die | |
Kundin war dann aber ein bisschen verwirrt und hat mich gefragt, warum ich | |
das sage. | |
Kommen die Menschen auch wegen der Komplimente gerne in den Salon? | |
Sie genießen es einfach, an einem Ort zu sein, wo sich jemand um sie | |
kümmert, wo sie sich entspannen können. Das hat auch was mit der | |
Oberflächlichkeit zu tun, da sind die Leute sorglos. Mein letzter Kunde zum | |
Beispiel, Marcus. Er sagte am Ende, dass er zufrieden sei, er hat sich | |
merklich wohl gefühlt. Ganz selten versteht man sich so gut, dass es eine | |
Verbindung gibt, wo es richtig Klick macht. Bei meinem Ausbilder habe ich | |
das einmal beobachtet, in Montreal. Er war kein netter Mensch, meistens | |
hatte er schlechte Laune. Und dann kam eine Frau rein, und er fängt an zu | |
strahlen: „Das ist meine Lieblingskundin“, hat er gesagt. Er war total | |
verliebt und ja – das war schön anzusehen. | |
Gibt es etwas, das Sie beim Haareschneiden nicht mögen? | |
Ein Thema, was immer wieder aufkommt, ist Ekel. Das kann auch sehr gesellig | |
sein, wenn man sich darüber austauscht, was man so sieht: Hautkrankheiten | |
und Haarklumpen. Ja, da kommt man an seine Grenzen und muss sich | |
überwinden, weiter zu schneiden, wenn Menschen sehr ungepflegt sind. Aber | |
es ist auch schön, wenn die Kund*innen sich am Ende freuen. Dabei geht es | |
um mehr als nur eine Frisur. Die Menschen in der Stadtmission haben oft zu | |
mir gesagt: „Du hast wieder einen Menschen aus mir gemacht.“ | |
Sind die Gespräche, die Sie als Friseurin führen, manchmal auch politisch? | |
Nein, das passt überhaupt nicht. Zum Beispiel hat mein Ausbilder in | |
Montreal, bei dem ich selbst Kundin war, einmal über den Ukrainekrieg | |
gesprochen. Er sagte irgendwas über Selenski, und ich war total gegen seine | |
politische Meinung. Ich hatte keine Lust, die ganze Zeit in meinem Stuhl | |
seinem Gerede ausgeliefert zu sein. Das Thema zu wechseln, hat auch nicht | |
geklappt. Insofern spricht man im Salon besser über andere Dinge. | |
Über was zum Beispiel? | |
Das Thema Nummer eins ist Urlaub und die Wochenendgestaltung. Selbst meine | |
Kund*innen, die ich auch privat kenne, reden im Friseursalon mit mir nur | |
über Belangloses, zum Beispiel, dass sie im Hartmut Bier trinken waren. Das | |
ist übrigens in allen Altersgruppen so. Vor allem im Frauensalon geht es | |
oft auch um das Älterwerden. | |
Aber die Menschen wollen doch bestimmt über die Dinge reden, die sie | |
aufregen. Ging es nie um Corona, Geflüchtete und die Demokratie? | |
Politik bedroht die Geselligkeit. Deshalb lenken Friseur*innen oft mit | |
anderen Dingen ab. Manchmal gibt es Themen, bei denen sich Politik und | |
Geselligkeit treffen. Zum Beispiel beim Thema Esoterik. Etwa Sternzeichen | |
und was sie bedeuten, kann auch Teil von leichten Gesprächen sein. In ihnen | |
steckt Sinnsuche und Kritik, gar eine politische Haltung. Das ist etwas, | |
was ich untersuchen möchte. Was ich bislang dazu sagen kann, kratzt nur an | |
der Oberfläche. | |
So ganz unpolitisch ist es also doch nicht. | |
Es gab schon Situationen, in denen auch rassistische Äußerungen gefallen | |
sind. Aus der Sicht der Leute – der Kund*innen und des Personals – dürfen | |
sie so reden, weil sie „unter sich“ sind. Da wurden auch Sachen gesagt, die | |
mich gestört haben, aber als Friseurin und als Soziologin will ich nicht | |
belehren. Meine Vermutung ist, dass alle sowieso nur das ansprechen, womit | |
die Menschen in dem Kosmos mehr oder weniger einverstanden sind und so | |
keine große Diskussion entstehen kann. | |
Was die Leute sagen, hängt sicherlich auch vom Ort ab. Wie ist es in den | |
Barbershops, in denen Sie hier in Halle arbeiten? | |
Ich verstehe leider nicht, worüber sich die Barbiere unterhalten, weil ich | |
kein Arabisch spreche. Zweimal haben Kunden auch hier rassistische | |
Bemerkungen gemacht, sie haben gesagt: „Endlich mal eine Deutsche hier.“ | |
Das bin ich zwar nicht, aber klar, ich bin eine weiße Frau. Das waren schon | |
sehr unangenehme Situationen. | |
Wie reagieren die Barbiere darauf? | |
Einmal hat der Chef in einem anderen Barbershop zu einem Kunden gesagt: „Du | |
musst nicht wiederkommen.“ Das fand ich gut. Aber dafür muss man sehr stark | |
sein. | |
Reden die Friseur*innen untereinander über so etwas? | |
Die arbeiten so viel hier, alles geht so schnell. Die schneiden hier Haare | |
von 9 bis 19 Uhr, 6 Tage die Woche, ohne Pause. Nur manchmal bei einer | |
Zigarette stehen wir draußen vor dem Laden, das ist wie das Vorzimmer, und | |
unterhalten uns vielleicht drei Minuten über die Kunden. Hier im Barbershop | |
findet die Geselligkeit eher zwischen den Barbieren statt. Die Kunden, die | |
hier herkommen, wollen nicht so gern reden. | |
Und bei anderen Friseurläden? | |
Die im Frauensalon haben ein bisschen mehr Zeit. Da wollen die Kund*innen | |
auch mehr Austausch. Wenn’s um Urlaub geht, können die Friseurinnen auch | |
was sagen, denn auch sie machen Urlaub. Die Friseurinnen leben in normalen | |
deutschen Verhältnissen. Nur die Bezahlung ist schlecht. 1.880 Euro brutto | |
verdienen Friseurinnen im Durchschnitt. | |
Welcher Teil der Gesellschaft geht überhaupt noch zum Friseur? | |
Fast alle, außer Studierende, Dichter*innen, Künstler*innen. Es ist immer | |
noch etwas, das sich Menschen leisten – selbst die Wohnungslosen –, um Teil | |
der Gesellschaft zu sein. In der Stadtmission habe ich das erlebt. Wenn man | |
arm ist und eine Frisur bekommt, bedeutet das Normalität. Es bringt die | |
Menschen wieder in die Mitte der Gesellschaft. Und das war den meisten dort | |
sehr wichtig. Ich kann mir auch vorstellen, dass man mit Frisur auch netter | |
behandelt wird. Manche Leute kommen fast alle zwei Wochen. | |
Die meisten Friseur*innen fragen nach dem Schneiden, ob man zufrieden | |
ist. Was meinen Sie, sagen die Leute die Wahrheit? | |
Hier hilft vielleicht ein Vergleich. Der Soziologe Ervin Goffmann hat | |
gesagt: „Wir spielen alle Theater.“ Wenn eine Kundin am Ende sagt, dass sie | |
unzufrieden ist, dann ist das Teil des Spiels, die Bühne ist der | |
Friseursalon, und auch meine Reaktion gehört zum Spiel. Was ich dann mache? | |
Oft tue ich nur so, als würde ich noch etwas abschneiden, ich glaube, viele | |
merken eh keinen Unterschied. Meine Erfahrung ist, dass die meisten sowieso | |
sagen, dass sie zufrieden sind. Das soll bei manchen wiederum heißen: Es | |
ist nicht so gut geworden. Ich glaube, weil es eine Veränderung am eigenen | |
Aussehen ist, sind die meisten erst einmal nicht zufrieden, bis sie sich | |
nach ein paar Tagen an die neue Frisur gewöhnt haben. | |
Macht es einen Unterschied, ob sie Friseur*in in Halle sind oder in einer | |
anderen Stadt? | |
Wie ein Salon funktioniert, ist überall ähnlich. Aber die Gesellschaft in | |
den Städten, in denen ich bisher geforscht habe, ist total unterschiedlich. | |
In Thüringen zum Beispiel gibt es dieses große Thema Bodenständigkeit. Da | |
habe ich ja zuerst nach Stilen gesucht. Das lässt sich eigentlich ganz | |
einfach beschreiben. [1][Erfurt ist wie der Popsänger Clueso]. Er kommt aus | |
Erfurt, viele Fans finden ihn sehr schön. Vielleicht ist er das, aber ich | |
finde ihn vor allem eins: normal. Ich wurde mal zu einem Konzert von ihm | |
eingeladen, und es war mir fast schwindelig. Die Leute trugen alle die | |
gleichen Sneakers wie Clueso und fanden es schön. Und Clueso auch. Sie | |
haben richtig gebondet über die Normalität und sind eine kleine homogene | |
Gesellschaft geworden. Und dass das so schön ist, muss man in Erfurt immer | |
wieder betonen. | |
In Halle ist das anders? | |
Halle ist da im Vergleich viel kantiger und weniger langweilig. Die Stadt | |
hat zum Beispiel eine Kunsthochschule. Das merkt man auch beim Friseur, an | |
den Gesprächen und wer in den Salon kommt. Ich war froh, hier | |
Stadtschreiberin zu sein, aber ich glaube, nächstes Jahr vor der | |
Landtagswahl gehe ich wieder nach Thüringen, für ein Schreibprojekt. | |
Sie haben viel für lokale Medien in Ostdeutschland über die Mitte der | |
Gesellschaft geschrieben. Was meint der Begriff? | |
Das ist eher ein Wunsch und eine Selbstbeschreibung der Menschen, die mir | |
in Gesprächen immer wieder begegnet. Viele bezeichnen sich etwa als | |
„bodenständig“, sie ordnen sich selbst der sogenannten Mitte der | |
Gesellschaft zu, auch ich verwende diese Begriffe in den Texten, in denen | |
ich über sie schreibe, und versuche zu verstehen, was sie damit meinen. | |
Wenn man für die lokale Zeitung schreibt, muss man aufpassen, dass die | |
Leser*innen sich wiederfinden, sonst werden sie oft sauer und hören auf | |
zu lesen. Ich möchte die Menschen ja abholen, zum Nachdenken bringen, das | |
ist mein Ziel. | |
Diese Mitte, das zeigen auch [2][Studien], rückt immer weiter nach rechts. | |
Nehmen Sie das auch in Erfurt und Halle wahr? | |
Ja, ich war zum Beispiel mal in Thüringen bei Freunden eingeladen, und das | |
Gespräch wurde unangenehm. Es ging um Klimawandel und Ausländer, die | |
angeblich alle den deutschen Pass bekommen. Ich hatte große Lust zu sagen: | |
Es reicht mir. Stattdessen bin ich einfach gegangen, weil es Freunde waren | |
und sie Geburtstag feierten. Ich habe das Gefühl, dass Dinge, die man | |
früher eher nicht in den Mund genommen hätte, heute als „normal“ gelten. | |
Ich bin aber auch weniger tolerant geworden. Vielleicht zeigt es auch nur, | |
dass ich angekommen bin. Es ist wie bei Gesprächen an Weihnachten mit der | |
Familie. Die sind total nervig und es tut weh zu diskutieren, und das | |
passiert eben nur, wenn man sich den Personen nah fühlt. | |
Das hier sind Ihre letzten Tage als Friseurin in Halle. Werden Sie danach | |
noch Haare schneiden? | |
Sicher! Wenn man sagt, dass man eine Friseurinnenausbildung macht, dann | |
wollen eh alle Bekannten, dass man ihnen die Haare schneidet. Ich habe Spaß | |
daran. Und ich würde meine Friseurinnenausbildung gern auch noch richtig | |
abschließen. Vor ein paar Tagen habe ich bei der Handwerkskammer in Leipzig | |
meine bisherigen Zertifikate aus Kanada abgegeben. Nun hoffe ich, dass | |
alles anerkannt wird. | |
Und werden Sie über Ihre Erfahrungen in den deutschen Friseursalons | |
schreiben? | |
Im Februar kommt ein Buch raus. Es wird „Abenteuer einer linkshändigen | |
Friseurin“ heißen. Ich habe mich entschieden, bestimmten Kund*innen darin | |
einen metaphorischen Orden zu verleihen. Einen bekommt ein Kunde für seine | |
außerordentliche Geselligkeit. Er ist ein junger Physiker, der im | |
Konversationtreiben brilliert, weil er mit Leichtigkeit von einem Thema zum | |
nächsten springt: von seinem dünnen Bart über deutsche Grammatik bis zum | |
Genuss von Wein aus silbernen Kelchen. Es bekommen auch Kund*innen Orden, | |
die mir durch ihr Auftreten die Augen öffnen, für bestimmte | |
Verhaltensweisen etwa. Zum Beispiel kam einmal ein Professor für | |
Islamwissenschaften in den Laden. Ein hochgewachsener Mann mit viel | |
Autorität. Er sprach die Barbiere auf Arabisch an, und die waren plötzlich | |
nicht mehr so selbstsicher wie zuvor, irgendwie gehemmt. Da habe ich | |
erkannt: Auch die Barbiere haben Schwächen und können sich klein fühlen. | |
Letztendlich geht es mir immer darum, nah am Alltag der Menschen zu sein. | |
22 Oct 2023 | |
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