# taz.de -- Sozialwohnungen in Hamburg: Mehr Berechtigte, knappes Angebot | |
> Hamburg erhöht die Einkommensgrenze für Sozialwohnungen. Damit vergrößert | |
> sich der Kreis der Berechtigten und die Konkurrenz unter Bewerber*innen. | |
Bild: Viel zu tun: In Hamburg wird für die steigende Zahl der Bewerber*innen z… | |
HAMBURG taz | Die Hamburger Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt | |
(SPD) [1][plant, die Einkommensgrenzen für den Bezug von Sozialwohnungen zu | |
erhöhen]. Damit würde sich quasi über Nacht auch die Zahl der | |
Anspruchsberechtigten erhöhen. Während die Linke diesen Schritt als | |
überfällig bezeichnet, mahnt der Mieterverein zur Vorsicht: Es müsse darauf | |
geachtet werde, dass die schwächsten Mieter durch die an sich sinnvolle | |
Erhöhung nicht verdrängt würden. | |
Stapelfeldts Plan fällt in eine Zeit, in der die Zahl der | |
Anspruchsberechtigten und der verfügbaren Wohnungen ohnehin schon weit | |
auseinander klafft: In Hamburg haben zurzeit 339.000 Haushalte Anspruch auf | |
eine Sozialwohnung mit 6,90 Euro Anfangsmiete pro Quadratmeter. 425.000 | |
Haushalte haben die Berechtigung für eine Anfangsmiete von neun Euro pro | |
Quadratmeter. | |
Zusammen bilden sie einen Anteil von 44 Prozent der Hamburger Haushalte – | |
und das bei gerade einmal 80.000 geförderten Wohnungen. Wie viel mehr | |
Berechtigte es mit Erhöhung der Einkommensgrenze geben wird, ist im Moment | |
noch unklar. Die Behörde arbeitet derzeit noch an genaueren Zahlen. | |
„Wir begrüßen, wenn die Zugangsmöglichkeiten für Sozialwohnungen verbesse… | |
werden“, sagt Rolf Bosse, Geschäftsführer und Vorstandsvorsitzender des | |
Mietervereins zu Hamburg. Denn die Einkommensgrenze sei zu niedrig gewesen. | |
Allerdings seien negative Effekte nicht auszuschließen, wenn der Kreis der | |
Berechtigten vergrößert werde. | |
## Schwerer für die Schwächsten | |
Vermietende, die sich eines größeren Bewerbungspools gegenüber sehen, | |
könnten sich eventuell eher für Mieter*innen entscheiden, die | |
„vordergründig den Eindruck erwecken, dass sie solventer sind, oder vom | |
Bildungsstand besser in die Hausgemeinschaft passen“, sagt Bosse. „Die, die | |
es jetzt schon schwer haben, weil sie stigmatisiert sind in dieser | |
Gesellschaft, werden es schwerer haben“, befürchtet der Geschäftsführer des | |
Mietervereins. | |
Heike Sudmann, wohnungspolitische Sprecherin der Linksfraktion in der | |
Bürgerschaft, hat keine Angst vor einer erhöhten Konkurrenz unter | |
Wohungssuchenden: „Wenn wir einer solchen Logik folgen würden, dann müssten | |
die Einkommensgrenzen so weit runtergesetzt werden, dass wirklich nur noch | |
80.000 Haushalte einen Anspruch hätten.“ | |
Sudmanns Fraktion hatte bereits im April in einem Bürgerschaftsantrag die | |
Erhöhung der Einkommensgrenze gefordert. Damals hatte die rot-grüne | |
Mehrheit den Antrag der Linken noch abgelehnt. | |
Aus Sudmanns Sicht liegen die Gründe für eine Anpassung auf der Hand: „Die | |
Einkommensgrenzen sind [2][das letzte Mal 2018 erhöht worden], davor zehn | |
Jahre nicht“, sagt die Bürgerschaftsabgeordnete. „Das heißt aber, dass Sie | |
schon, [3][wenn Sie nur eine kleine Lohnerhöhung oder eine kleine | |
Rentenerhöhung bekommen, aus dem Kreis der möglichen Berechtigten | |
herausfallen].“ | |
Sudmann sieht keinen Sinn darin, den Kreis der Berechtigten klein zu | |
halten, weil es zu wenige Wohnungen gibt, sondern fordert vielmehr: „Da es | |
zu viele Menschen gibt, die sich in Hamburg die Miete nicht leisten können, | |
muss es mehr günstige Wohnungen geben.“ Dabei sieht sie vor allem den | |
rot-grünen Senat in der Verantwortung: „Eigentlich müsste es eher der | |
Ansporn sein zu sagen: Es haben so viele Leute einen Anspruch auf eine | |
günstige Wohnung, da muss die Stadt viel, viel, viel mehr tun.“ | |
Die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen will sich im Moment nicht zu | |
einer mögliche Konkurrenz um Wohnraum äußern, da „die Festlegungen und | |
Ausgestaltungen der Erhöhungen der Einkommensgrenzen in der | |
Mietwohnraumförderung“ im Moment noch erarbeitet würden. „Die Einzelheite… | |
wie beispielsweise der Zeitpunkt der Erhöhungen, stehen zur Zeit noch nicht | |
fest“, sagt Anke Hunold, die stellvertretende Pressesprecherin der Behörde. | |
Dass die Zahl der Sozialwohnungen so stark gesunken ist, liegt zum einen | |
daran, dass die Sozialbindung der Wohnungen im Regelfall nach 15 bis 30 | |
Jahren ausläuft [4][und der Neubau lange Zeit vernachlässigt wurde]. Der | |
Senat versucht hier gegenzusteuern, indem er bei Neubauprojekten einen | |
Anteil von mindestens 35 Prozent Sozialwohnungen vorschreibt. | |
6 Oct 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Sozialer-Wohnungsbau-in-Hamburg-Beho… | |
[2] /Sozialer-Wohnungsbau-in-Hamburg/!5519530 | |
[3] /Armut-und-Wohlstand-in-Deutschland/!5882514 | |
[4] /Sozialer-Wohnungsbau-in-Hamburg/!5880755 | |
## AUTOREN | |
Franziska Betz | |
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