# taz.de -- Sorbische Minderheit: Wer spricht für die Sorben? | |
> Die Sorben wählen eine parlamentarische Vertretung. Doch wer die in | |
> Brandenburg und Sachsen lebende Minderheit politisch vertritt, ist | |
> umstritten. | |
Bild: Babette Zenker, Leiterin vom Niedersorbischen Heimatmuseum Dissen, verzie… | |
Zwei Wochen vor der Europawahl geht auch der [1][Serbski Sejm], die | |
parlamentarische Vertretung des sorbischen Volkes, in seine zweite | |
Wahlperiode. Der Prozess der Selbstbestimmung von Sorben durch eine | |
gewählte Volksvertretung, der 2018 mit der Wahl zum ersten Serbski Sejm | |
begann, findet damit seine Fortsetzung. „Wir haben etwas zu geben“ ist der | |
Wahlaufruf überschrieben. Man will signalisieren, dass das kleinste | |
slawische Volk, das im Süden Brandenburgs und im östlichen Sachsen | |
beheimatet ist, der deutschen Gesellschaft einen Mehrwert beschert, etwa | |
durch kulturelle Vielfalt und eine Mittlerfunktion zu den slawischen | |
Nachbarn. | |
Die sorbischen Akteure rufen dazu auf, sich für die Wahl zum Serbski Sejm, | |
die nur als Briefwahl stattfindet, registrieren zu lassen. Er richtet sich | |
sowohl an potenzielle Wähler als auch an mögliche Kandidaten. Dabei wendet | |
der Aufruf sich nicht nur an Menschen in den sorbischen Siedlungsgebieten | |
Nieder- und Oberlausitz, wo sich etwa 60.000 Menschen dazu zählen, sondern | |
an alle, die sich den Sorben zugehörig fühlen, unabhängig vom Wohnort. | |
Voraussetzung sind die deutsche Staatsangehörigkeit und ein Mindestalter | |
von 16 Jahren. | |
Mit der Wahl zum zweiten Serbski Sejm sollen Mit- und | |
Selbstbestimmungsrechte verwirklicht werden, insbesondere kulturelle | |
Autonomie, um den schleichenden [2][Verlust der sorbischen Sprache] zu | |
stoppen und allen Menschen im Siedlungsgebiet eine „enkeltaugliche“ Zukunft | |
zu ermöglichen. | |
Bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Das liegt nicht nur am Wahlprozess, | |
der nun mit der Registrierung begonnen hat und Anfang 2025 mit der | |
Auszählung der Stimmen abgeschlossen ist. Es sind vor allem die Konflikte, | |
die damit verbunden sind, dass mit dem Serbski Sejm ein neuer Akteur auf | |
der politischen Bühne auftritt, auf der die Rollen längst verteilt zu sein | |
schienen. | |
Das betrifft die sächsische und die brandenburgische Landesregierung, aber | |
auch die Bundesregierung und das sorbische Volk selbst, insbesondere die | |
Domowina. Diese ist seit 1912 der Dachverband sorbischer Vereine und sieht | |
sich als alleinige Ansprechpartnerin für sorbische Interessen. | |
Die Domowina, mit allen Teilvereinen etwa 7.000 Mitglieder groß, kritisiert | |
unter anderem eine mangelnde Legitimität der ersten Wahl der Serbski Sejm | |
von 2018, bei der sich nur 1272 Sorbinnen und Sorben registrieren ließen. | |
Der Serbski Sejm hingegen betont, dass nach dieser Wahl überhaupt erstmals | |
eine demokratisch legitimierte Vertretung der Sorben entstanden ist, die | |
damit ein größeres Gewicht in die Waagschale werfen könne als ein Verein. | |
Intern legen die 22 ehrenamtlichen Abgeordneten, die sich keiner Partei | |
verpflichtet fühlen, Wert auf Konsens. Nach Außen geben sie sich | |
kämpferisch. So sollen die Sorbengesetze von Sachsen und Brandenburg durch | |
Staatsverträge abgelöst werden und das [3][sorbische Volk als indigenes | |
Volk nach der UN-Konvention (ILO 169) anerkannt werden. Diese Konvention | |
hat die Bundesrepublik 2021 ratifiziert, für eine Anerkennung der Sorben | |
sieht die Bundesregierung jedoch keine Notwendigkeit.] | |
Der zweite Serbski Sejm soll sich am 8. Februar 2025 konstituieren. | |
26 May 2024 | |
## LINKS | |
[1] http://www.serbski-sejm-2024.de | |
[2] /Nationale-Minderheit-in-der-Lausitz/!5868146 | |
[3] /Sorben-fordern-Anerkennung/!5944488 | |
## AUTOREN | |
Thomas Gerlach | |
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