# taz.de -- Solargesetz Berlin ist fertig: Mehr Sonne aufs Dach | |
> Das Berliner Solargesetz liegt vor: Es wird künftig ErbauerInnen und | |
> EigentümerInnen zur Errichtung von Photovoltaikanlagen verpflichten. | |
Bild: Das ist ja schon mal ein Anfang: Solardächer in Lichtenberg | |
Seit Dienstag ist eine Forderung vieler KlimaschützerInnen zumindest für | |
Berlin auf den Weg gebracht: die Pflicht zur Installation von | |
Photovoltaikanlagen auf Neubauten. Auch bei Dachumbauten und -sanierungen | |
sollen EigentümerInnen künftig dazu verpflichtet sein, einen bestimmten | |
Anteil der Fläche mit Solarpanels auszurüsten. | |
So steht es im Entwurf für ein „Solargesetz Berlin“ aus dem Haus von | |
Wirtschafts- und Energiesenatorin Ramona Pop (Grüne), der nach seiner | |
Vorlage im Senat nun beim Rat der Bürgermeister zur Stellungnahme liegt und | |
anschließend den parlamentarischen Prozess durchlaufen soll. | |
Konkret werden die BauherrInnen neuer Gebäude – egal ob Wohnhaus oder | |
Gewerbe – mindestens 30 Prozent der gesamten Dachfläche mit | |
Photovoltaikanlagen bebauen müssen. Bei Sanierungen oder Umbauten sind es | |
30 Prozent der sogenannten Nettodachfläche, dabei werden Flächen abgezogen, | |
die wegen bestehender Fenster, Aufbauten oder einer Ausrichtung nach Norden | |
nicht für Photovoltaik geeignet sind. Ausgenommen ist, wer sein Dach gemäß | |
dem Gebäudeenergiegesetz des Bundes mit Solarthermie-Anlagen bestückt oder | |
eine Photovoltaikanlage auf anderen Außenflächen des Gebäudes errichtet. | |
Mit dem Solargesetz Berlin soll – neben anderen Vorschriften wie dem | |
Berliner Energiewendegesetz, das die Nutzung der Dächer öffentlicher | |
Gebäude vorsieht – erreicht werden, dass bis spätestens 2050 ein Viertel | |
der Berliner Stromversorgung durch Solarenergie gedeckt wird. So steht es | |
im Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm 2030 (BEK), das zuletzt mit | |
dem im März beschlossenen „Masterplan Solarcity“ konkretisiert wurde. | |
Senatorin Pop sprach von einer „Schlüsselrolle“, die die Solarenergie auf | |
dem Weg zu einem klimaneutralen Berlin spiele. Durch das Gesetz ließen sich | |
innerhalb von fünf Jahren rund 37.000 Tonnen CO2 einsparen und gleichzeitig | |
die regionale Wertschöpfung ankurbeln. | |
Überprüft werden soll die Erfüllung der Solarpflicht lediglich durch | |
Stichproben. Matthias Borowski, Sprecher der Senatsverwaltung, erklärt das | |
damit, dass das Solargesetz „möglichst unbürokratisch“ umgesetzt werden | |
solle. Für die Errichtung von Solaranlagen sei normalerweise keine | |
Baugenehmigung notwendig, und es solle keine zusätzliche administrative | |
Hürde aufgebaut werden: „Grundsätzlich gehen wir davon aus, dass geltende | |
Gesetze eingehalten werden.“ Die Pflicht gelte ab 1. Januar 2023, im | |
Vorfeld werde man „mit Informations- und Kommunikationsmaßnahmen darauf | |
aufmerksam machen“. | |
## Kritik von Unternehmensverbänden | |
Aus der Wirtschaft kam umgehend Kritik: Christian Amsinck, | |
Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg, sagte, | |
eine Solarpflicht gehe „in die falsche Richtung“, es brauche | |
„Freiwilligkeit und Anreize statt Zwang“. Eine Solarpflicht bedeute für | |
Unternehmer bei Sanierungen „erhebliche zusätzliche Kosten“. Auch für | |
Vermieter von Wohngebäuden würden Modernisierungen teurer, „ohne die | |
Aussicht auf eine Refinanzierung. Die dringend nötige Sanierung von | |
Bestandsimmobilien würde gebremst“, so Amsinck. | |
Pops Sprecher Borowski konterte das mit dem Hinweis, dass energetisch | |
sinnvolle Sanierungen durch Förderprogramme des Bundes und des Landes | |
unterstützt würden. Außerdem amortisierten sich Photovoltaikanlagen | |
normalerweise innerhalb der mit rund 20 Jahren veranschlagten Nutzungszeit: | |
„Das liegt daran, dass die Stromgestehungskosten für Strom aus der Anlage | |
niedriger sind als die Kosten für den Netzbezug von Strom. Außerdem wird | |
für eingespeisten Strom die Einspeisevergütung auf der Grundlage des | |
Erneuerbare-Energien-Gesetzes gezahlt.“ | |
Der klimaschutzpolitische Sprecher der Grünenfraktion, Georg Kössler, | |
begrüßte gegenüber der taz den Entwurf. „Endlich kommen wir an die Dächer | |
ran“, sagte er. „Eigentum verpflichtet, Dach verpflichtet.“ Dass dem Gese… | |
auf dem Weg durch das Abgeordnetenhaus seitens der Koalitionspartnerinnen | |
irgendwelche Hürden in den Weg gelegt werden, erwartet Kössler nicht: „Ich | |
gehe davon aus, dass das wie ein Messer durch weiche Butter geht. Mit | |
diesem Gesetz kann sich Berlin in Sachen Klimaschutz schmücken.“ | |
9 Dec 2020 | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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