Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Skandal um Bremer Feuerwehr: Die falsche Führung
> Viele weitere rassistische und sexistische Vorfälle soll es bei der
> Bremer Feuerwehr gegeben haben. So steht es im Bericht der
> Sonderermittlerin.
Bild: Bei Einsätzen ist die Feuerwehr für jede*n da. Intern sieht es anders a…
Bremen taz | Der Anfang Juni veröffentlichte Bericht über die Bremer
Feuerwehr konterkariert das Bild einer Institution, die sich
kameradschaftlich und sozial gibt: Die beiden im Herbst bekannt gewordenen
rassistischen und sexistischen Vorfälle sind nicht die einzigen, außerdem
hat die Feuerwehr eklatante Probleme mit ihrem Führungsstil.
„Symptomatisch“ für die Bremer Feuerwehr seien die Vorfälle zwar nicht –
„eine Wiederholungsgefahr kann aber nicht ausgeschlossen werden“, schreibt
Sonderermittlerin Karen Buse in ihrem Bericht.
Ende November hatten Radio Bremen, der NDR und die Süddeutsche Zeitung von
einer [1][rechtsextremen Chatgruppe] aus Teilen der Wache Bremen-Osterholz
berichtet, in der vor allem im Jahr 2015 diverse Aussagen und Bilder
geteilt wurden, „die der Naziherrschaft huldigen und geflüchteten Menschen
den Tod wünschen“. [2][Das schrieb „Buten un Binnen“] damals.
In der Wache Bremen-Nord ist im Jahr 2020 eine Feuerwehrfrau zudem heftig
gemobbt und bedroht worden. Unter anderem habe sie ein Vorgesetzter während
eines Einsatzes „als Kanake angeschrien“. Innensenator Ulrich Mäurer (SPD)
hatte daraufhin selbst die Leitung der Feuerwehr übernommen und die
ehemalige Präsidentin des Oberlandesgerichts Karen Buse als
Sonderermittlerin eingesetzt.
## Täter geschützt
Drei Zeug*innen hatten die Vorfälle gemeldet und sich im Oktober an die
Medien und die Bremer Innenbehörde gewandt. Laut eines Zeugen sollen
direkte Vorgesetzte von den Vorgängen in der Chatgruppe gewusst, sich sogar
selbst so geäußert haben. Nach dem Bekanntwerden entbrannte daher schnell
die [3][Diskussion um strukturelle Defizite] bei der Feuerwehr.
Tatsächlich erhielten die Täter mehr Schutz als die Betroffenen,
[4][schreibt Buse in ihrem Bericht]. Auch der Führungsstil sei ein Problem.
Die Führungskultur sei „rückständig, autoritär und angstbesetzt“.
Die Folge: Kommunikation finde unzureichend statt, Konflikte könnten nicht
ausgetragen werden – und Mobbing werde so begünstigt. Personalführung werde
in der Aus- und Weiterbildung viel zu wenig thematisiert, soziale Kompetenz
bei der Stellenausschreibung für Führungskräfte „nicht einmal als
Lippenbekenntnis eingefordert“, schreibt die Ermittlerin.
In ihrem Bericht schildert sie Situationen, in denen Führungskräfte ihre
Macht ausnutzen, um Kolleg*innen zu schikanieren. Warum das alles
„offenbar widerstandslos hingenommen und nicht (früher) nach außen getragen
wurde“? Buse antwortet selbst: Kritik werde nicht geduldet, sondern
sanktioniert.
Für die Ermittlungen hat Buse mit rund 85 aktiven oder ehemaligen
Feuerwehrleuten und Notärzt*innen gesprochen. Sie berichteten von dem
selbstverständlichen Umgang mit rassistischen Worten wie dem N-Wort, von
„Initiationsriten, wie einen extrem unappetitlichen Pornofilm ansehen und
dabei Schokoladenpudding essen“, von Mobbing durch Vorgesetzte. Im Einsatz
helfen würde man trotzdem jeder Person, unabhängig von Hautfarbe oder
Geschlecht, betonen einige Befragte.
Der Wortschatz gegenüber People of Colour oder auch Obdachlosen sei wohl
eine Reaktion darauf, „dass Einsatz- und Rettungskräfte gerade von diesen
Gruppen häufig angegriffen werden und sie mit diesen Erfahrungen allein
gelassen werden“, sagt ein Wachabteilungsleiter. Bessere Ausbildung in
interkultureller Kompetenz und mehr Diversität auf der Wache schlägt Buse
vor.
„Nein, es brennt nicht, aber an der einen oder anderen Stelle schlägt der
Rauchmelder an.“ So lautet die Schlussfolgerung. Anhaltspunkte für ein
rechtes Netzwerk innerhalb der Feuerwehr gebe es keine.
Rechtsextremistisches Gedankengut bei Einzelnen, ja, aber „es ist sehr
unwahrscheinlich, dass sie damit nach außen treten“.
Die Rechtsanwältin Lea Voigt vertritt zwei der Zeug*innen. Eine der
„gravierenden Schwächen“ des Berichts sei ihrer Meinung nach, dass die
„Selbstwahrnehmung der befragten Feuerwehrleute und Notärzte“ in den
Mittelpunkt gestellt werde, nach der sie „trotz der alltäglichen Verwendung
rassistisch beleidigender Begriffe keine Rassisten“ seien.
Dass die Feuerwehrleute mit ihren Ansichten nicht nach außen treten würden,
wie Buse vermutet, sei zudem widerlegt: „denn genau das tat der
Hauptbeschuldigte in den Chatinhalten“. Die Stimmen, die sich in dem
Bericht kritisch zu manchen Umständen bei der Feuerwehr äußern, würden
zudem verallgemeinert werden – obwohl sie nur diejenigen abbildeten, die
sich freiwillig gemeldet hätten.
Die Schlussfolgerung der Sonderermittlerin teilen die beiden Zeug*innen
ausdrücklich nicht. Sie fordern strukturelle Veränderungen: ein Neuaufbau
der Wache 6 in Bremen-Nord, besseren Schutz vor sexueller Gewalt, ein*e
neue*r, extern besetzte*r Personalchef*in.
Die Gewerkschaften Ver.di, Deutsche Feuerwehr-Gewerkschaft und Komba
dagegen sind sich sicher, „dass es in der Feuerwehr Bremen keine
rassistischen Strukturen gibt“ und betonen, dass Buse lediglich Einzelfälle
darstellt. „Wir weisen die öffentliche Generalverurteilung von uns und
stellen uns schützend vor unsere Kolleginnen und Kollegen“, heißt es in
einer gemeinsamen Stellungnahme.
## Polizeiliche Ermittlungen sind abgeschlossen
Anders sieht das die Bremer Linkspartei: „Die Berufsfeuerwehr hat ein
[5][strukturelles Problem] mit Rassismus, Sexismus und Homophobie. Um das
gleich dazu zu sagen: Das heißt nicht, dass jeder oder jede einzelne Beamte
Rassist:in ist“, so Fraktionsvorsitzende Sofia Leonidakis.
Gegen einen Feuerwehrmann aus der Chatgruppe, dessen Haus am besagten
Morgen im November durchsucht worden war, wurde wegen des Verdachts der
Volksverhetzung sowie des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger
Organisationen ermittelt. Doch die Taten von 2015 sind verjährt. Und auch
mit neuen Beweisen habe sich der Verdacht nicht bestätigt, heißt es nun in
einem [6][Dokument des Innenressorts] von Anfang Juni, in dem es auch um
mögliche Reformen geht.
Eine Entscheidung im Disziplinarverfahren gegen ihn steht aber noch aus.
Dann wird sich klären, wie mit ihm weiter verfahren wird. Aktuell darf er
seinen Dienst bei der Feuerwehr nicht ausüben. In Disziplinarverfahren
gegen drei Feuerwehrmänner, die in den fremdenfeindlichen und sexistischen
Mobbingfall verwickelt waren, wurden inzwischen Geldstrafen festgelegt.
Laut Innenbehörde habe ein Anwalt im April gegen die Entscheidungen
Widerspruch eingelegt.
Morgen beschäftigt sich die Bremer Innendeputation mit dem Bericht. Dann
äußert sich auch Senator Mäurer.
7 Jun 2021
## LINKS
[1] /Rassismus-Vorwurf-gegen-Bremer-Feuerwehr/!5727363
[2] https://www.butenunbinnen.de/nachrichten/gesellschaft/ermittlung-bremer-feu…
[3] /Diskriminierung-bei-Bremer-Feuerwehr/!5731470
[4] https://www.inneres.bremen.de/#Abschlussbericht
[5] /Rassismus-bei-der-Bremer-Feuerwehr/!5773086
[6] /C:/Users/ALINAG~1.WIN/AppData/Local/Temp/Bericht_des_Senators_fuer_Inneres…
## AUTOREN
Alina Götz
## TAGS
Führungspositionen
Schwerpunkt Rassismus
Bremen
Sexismus
Feuerwehr
Schwerpunkt Rassismus
Feuerwehr
Schwerpunkt Rassismus
Schwerpunkt Rassismus
Schwerpunkt Rassismus
Schwerpunkt Rassismus
## ARTIKEL ZUM THEMA
Sermin Riedel über Rassismus: „Ich war schon sehr schockiert“
Vor eineinhalb Jahren kamen rassistische und sexistische Vorfälle bei der
Bremer Feuerwehr heraus. Nun spricht die Feuerwehr- und Polizeibeauftragte.
Dienstpflicht für freiwillige Feuerwehr: „Das allerletzte Mittel“
Freiwillige Feuerwehrleute in Bad Pyrmont haben aus Protest gegen den
Verfall ihrer Wachen den Dienst quittiert. Jetzt droht die
Zwangsverpflichtung.
Probleme bei der Bremer Feuerwehr: Die Frauen sollens richten
Eine Reform soll helfen, die rassistischen und sexistischen Strukturen bei
der Bremer Feuerwehr zu lösen. Personelle Konsequenzen bleiben ausgespart.
Rassismus bei der Bremer Feuerwehr: Das Problem ist strukturell
Auch nach der Veröffentlichung des Berichts der Sonderermittlerin sieht die
Behörde keine strukturellen Probleme. Das passt nicht zu den Fakten.
Diskriminierung bei Bremer Feuerwehr: Beschwerdestelle fehlt
Nach den schweren Rassismus- und Sexismusvorwürfen werden strukturelle
Probleme bei der Bremer Feuerwehr vermutet.
Rassismus-Vorwurf gegen Bremer Feuerwehr: Hakenkreuze und Parolen
Bremens Feuerwehr sieht sich mit schweren Rassismus- und Sexismus-Vorwürfen
konfrontiert. Am Dienstag wurde das Haus eines Feuerwehrmanns durchsucht.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.