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# taz.de -- Shell-Jugendstudie 2024: Noch ist die Jugend nicht verloren
> Die Autor*innen betonen das tolerante Menschenbild der jungen
> Generation. Gleichzeitig sehen sie unter jungen Männern autoritäre
> Tendenzen.
Bild: Während 2019 das Thema Klimawandel im Vordergrund stand, haben Jugendlic…
Berlin taz | Gute Arbeitsmarktaussichten, großes Vertrauen in den Staat und
ein durch Toleranz geprägtes Wertebild: Jugendliche blicken laut aktuellen
Ergebnissen einer Langzeitstudie zuversichtlich in die Zukunft. „Das ist
keine Realitätsverweigerung“, sagte einer der Co-Autoren [1][der
Shell-Jugendstudie,] Mathias Albert, am Dienstag in Berlin. Jugendliche
hätten durchaus ihre Sorgen, die sich auch in ihrem Politikverständnis
niederschlagen würden. Doch anders als in vorangegangenen Studien sehen die
Autor*innen keinen klaren Rechtsruck bei den Jugendlichen.
Die junge Generation sei „pragmatisch optimistisch“, heißt es in der
Untersuchung. Als eine der Hauptursachen hierfür sehen die Macher*innen,
dass 84 Prozent der Jugendlichen derzeit davon ausgehen, einmal ihre
beruflichen Wünsche erfüllen zu können. 92 Prozent gehen davon aus, nach
ihrer Berufsausbildung von ihrem Arbeitgeber übernommen zu werden – dieser
Wert war noch nie so hoch in der Geschichte der Studie.
Grundsätzlich ist dabei sowohl jungen Männern als auch Frauen eine
vielfältige Gesellschaft wichtig – bei Mädchen ist dieser Wunsch aber
deutlich stärker ausgeprägt. 72 Prozent der jungen Frauen sprachen sich für
eine bunte Gesellschaft aus, während es bei den Männern 56 Prozent waren.
Jungs äußerten deutlich stärkere materialistische Wünsche und bewerteten
Wettbewerb, Markenkleidung, schnelle Autos positiver, als Frauen es taten.
Als Langzeitprojekt untersucht die Shell Jugendstudie seit 1952 alle vier
bis fünf Jahre die Lebenswelten und Perspektiven junger Menschen auf
Familie, Beruf und politische Einstellung, wobei der heutige
Abfragestandard erst Anfang der 2000er etabliert wurde. Für die 19.
Jugendstudie wurden zu Beginn des Jahres 2.509 repräsentativ ausgewählte
12- bis 25-Jährige befragt.
## Generation Greta ist over
[2][Die letzte Studie wurde 2019] herausgegeben. Während damals alle von
der progressiven „Generation Greta“ sprachen und Fridays for Future an
ihrem Höhepunkt waren, hat sich der Zeitgeist gewandelt. Dazwischen liegen
eine Pandemie und eine Welt voller Kriege, die sich geopolitisch neu
ordnet.
Damit haben sich auch die Ängste verschoben. Es ist nicht so, als würde im
Gegensatz zu 2019 etwa [3][der Klimawandel keine Rolle] mehr spielen. Nur
sticht er nicht mehr so heraus. Das tun nun andere Krisen. Die Angst vor
Kriegen, ob in der Ukraine oder im Nahen Osten, ist so groß wie nie. Sie
hat sich fast verdoppelt von 46 auf 81 Prozent. Dazu kommt die Sorge um die
wirtschaftliche Lage und Angst vor Armut. Und auch die wachsende
zwischenmenschliche Feindseligkeit beunruhigt junge Menschen. Dabei ist
auch die Angst vor Ausländerfeindlichkeit gewachsen und deutlich größer als
die Angst vor Zuwanderung: 58 Prozent äußerten die Furcht vor rassistischer
Gewalt, während 34 Prozent sich wegen der Zuwanderung in Deutschland
sorgten – dieser Wert ist im Vergleich zu vor fünf Jahren fast unverändert.
Die Weltlage macht den 12- bis 25-Jährigen zwar Angst. Aber sie bewahren
einen durchaus differenzierten Blick. Als Generation, die Krieg nie selbst
erleben musste, hat sie ihm eine kritische Haltung gegenüber. So
befürworten die jungen Menschen jeweils zu 60 Prozent die Nato und sehen
Russland als Aggressor, der bestraft werden müsse. 13 Prozent widersprechen
dem, etwa ein Viertel enthält sich. Waffenlieferungen und militärischer
Unterstützung stehen sie aber wesentlich kritischer gegenüber.
Nur die Hälfte befürworten die Forderung, Deutschland sollte die Ukraine
militärisch unterstützen. Etwa ein Viertel, 24 Prozent, lehnen das ab. Wenn
es um die Frage geht, ob Deutschland eine besondere Verpflichtung gegenüber
Israel hätte, spalten sich die Meinungen zu je einem Drittel. Allgemein
wird die Notwendigkeit fürs Militär gesehen, gleichzeitig wünschen sich
viele einen Weg aus den Konflikten aufgezeigt zu bekommen. Da bleibt die
Frage, ob die etablierten Parteien genug darauf eingehen.
## Politisches Interesse hoch
In den derzeit bewegten Zeiten sind junge Erwachsene nicht ermüdet von der
Politik. Sie sind interessierter denn je. Jede*r Zweite ist politisch
interessiert und auch das Engagement wächst weiterhin. Sie glauben an die
Demokratie und staatliche Institutionen, zugleich misstrauen sie Parteien
und Regierung. Dieser Trend ist kein neuer: Auch 2019 war diese
Unzufriedenheit mit Parteien und Politiker*innen zu beobachten.
Studienautorin Gudrun Quenzel sah in ihren Ergebnissen keine großen
Differenzen zu einer Untersuchung des Sozialforschers [4][Klaus
Hurrelmann], der in diesem Frühjahr einen deutlich pessimistischeren Blick
der Jugend zeichnete und ihr einen „deutlichen Rechtsruck“ attestierte.
Autoritäre Tendenzen sehen auch die Autor*innen der Shell-Studie.
Bestimmte Männlichkeitssterotype machen dabei vor allem junge Männer
anfälliger für populistische und einfache Antworten, schließt die Studie.
Hinweis: Über den Stimmenanteil der jungen Menschen, die befürworten, die
Ukraine militärisch zu unterstützen, haben wir missverständlich berichtet.
Das ist nun geändert.
15 Oct 2024
## LINKS
[1] https://www.shell.de/ueber-uns/initiativen/shell-jugendstudie-2024.html
[2] https://www.shell.de/about-us/initiatives/shell-youth-study/_jcr_content/ro…
[3] /Klimapolitik/!6038276
[4] https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/studie-jugend-stimmung-rechts-100.h…
## AUTOREN
Adefunmi Olanigan
Cem-Odos Güler
## TAGS
Jugend
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