# taz.de -- Senat macht Zugeständnisse an Konzern: Karstadt kauft Berlin | |
> Das Land Berlin will Kaufhäuser erhalten und macht deshalb Zugeständnisse | |
> bei Neubauvorhaben des Konzerns. Ein Wochenkommentar. | |
Bild: Demo vor Berliner Karstadt Sport-Filialen: Fragt sich, zu welchem Preis? | |
Es war ein Auftritt wie für die Geschichtsbücher. Am Montag traten die drei | |
Bürgermeister des Landes – der Regierende Michael Müller (SPD) und seine | |
beiden StellvertreterInnen Klaus Lederer (Linke) und Ramona Pop (Grüne) – | |
im herrschaftlichen Großen Saal des Roten Rathauses vor die Presse, um | |
feierlich einen „Letter of Intent“ zu den Karstadt-Warenhäusern zu | |
unterzeichnen. | |
[1][Von den elf Kaufhäusern sollten wegen Sparplänen ursprünglich sechs | |
geschlossen werden]. Nach Verhandlungen des Senats mit dem Unternehmen | |
wären nun nur noch zwei betroffen: die Filiale im Linden-Center in | |
Hohenschönhausen und die in den Neuköllner Gropius-Passagen. Das wurde in | |
der gemeinsamen Vereinbarung festgehalten. | |
Die feudale Inszenierung hat wohl jedem machthungrigen FDP- und | |
CDU-Politiker Berlins Tränen in die Augen getrieben. Dieser Auftritt, | |
gepaart mit der eigentlich guten Nachricht der Rettung von Arbeitsplätzen | |
und Einkaufsmöglichkeiten, verdeckte anfänglich ganz gut deren dunkle | |
Seite. | |
Denn im Gegenzug will das Land drei große Bauprojekte des Konzerns in der | |
Stadt unterstützen: den Ausbau der Häuser Hermannplatz, Alexanderplatz und | |
Kurfürstendamm. Die Bezirke sollen dabei teilweise entmachtet werden. | |
Insbesondere gegen die Pläne am Hermannplatz protestierten Initiativen und | |
auch der zuständige Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg schon länger. | |
## KritikerInnen aus den Reihen der Grünen | |
Der Karstadt-Eigentümer Signa habe „die Krise schamlos gegen die Stadt und | |
die Beschäftigten ausgenutzt“, sagte Katalin Gennburg, die Sprecherin für | |
Stadtentwicklung der Linksfraktion, am Tag nach dem Deal der taz. Auch | |
KritikerInnen aus den Reihen der Grünen wagten sich aus der Deckung. „Ich | |
werde sicher meine Hand nicht heben für die Signa-Träume“, schrieb die | |
Abgeordnete Katrin Schmidberger auf Twitter. | |
Tatsächlich handelt es sich um eine Politik nach Gutsherren-und-damen-Art, | |
die man von Rot-Rot-Grün so nicht erwartet hätte. Und man darf zum einen | |
gespannt sein, ob der Furor in den Reihen von Grünen und Linken dazu führt, | |
dass die Absichtserklärung das wertlose Blatt Papier bleibt, das sie bisher | |
ist. Schließlich hat das letzte Wort das Parlament. | |
Zum anderen bringt die angekündigte Entmachtung ausgerechnet | |
Friedrichshain-Kreuzbergs Pep in zwei aktuelle Personaldiskussionen | |
innerhalb von Grünen und Linken. So müsste die NachfolgerIn der am | |
vergangenen Sonntag [2][zurückgetretenen Bausenatorin Katrin Lompscher] | |
(Linke) das sehr wahrscheinlich umsetzen. Ein Aspekt, der die eventuelle | |
Kurzzeitkarriere im SenatorInnensessel – in gut einem Jahr ist | |
Abgeordnetenhauswahl – nicht gerade attraktiver macht. | |
Die [3][Grüne Ramona Pop wiederum will Spitzenkandidatin ihrer Partei] für | |
diese Wahl werden. Dass sie den Karstadt-Deal mit eingefädelt hat, könnte | |
doch noch eine Gegenkandidatin ermutigen, ebenfalls bei der parteiinternen | |
Kür im November anzutreten. | |
8 Aug 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Deal-zum-Erhalt-von-Karstadt-Filialen/!5699977&s=Karstadt/ | |
[2] /Nach-Ruecktritt-von-Senatorin-Lompscher/!5699971&s=Lompscher/ | |
[3] /Abgeordnetenhauswahl/!5699410&s=Pop+Ramona/ | |
## AUTOREN | |
Bert Schulz | |
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