# taz.de -- Security in der Hamburger Jugendhilfe: Sicherheitsdienste machen si… | |
> Der Landesbetrieb Erziehung setzt in 16 Einrichtungen externe | |
> Sicherheitsleute ein – auch, um die Hausordnung durchzusetzen. Die Linke | |
> hält das für gefährlich. | |
Bild: Concierge oder Nachtwächter? Ein Sicherheitsmann passt auf | |
Im vergangenen November standen zwei Sicherheitsleute vor Gericht, die 2016 | |
einen 17-Jährigen misshandelt haben sollen. Das Verfahren wurde letztlich | |
eingestellt. Wie berichtet, schilderte einer der Angeklagten, dass der | |
Jugendliche nicht aus dem Bett wollte, aber einen Hausverweis hatte. Da er | |
sich weigerte, sein Zimmer zu verlassen, hätten sie ihn am Arm gepackt, | |
worauf er geschrien und sich gewehrt habe. Da habe man ihn auf den Boden | |
drücken und die Polizei rufen müssen. Bis die kam, sei er fünf Minuten | |
gefesselt gewesen. | |
Der Vorfall spielte sich in einer Einrichtung des Landesbetrieb Erziehung | |
(LEB) in der Hammer Straße ab, die unter dem Namen „2. Chance“ bekannt ist. | |
Demnächst soll die Einrichtung in den Jugendpark nach Langenhorn umziehen. | |
Der Sicherheitsdienst, so heißt es im Konzept, helfe unter anderem auch bei | |
der „Durchsetzung der Hausordnung“. | |
„In der Kinder und Jugendhilfe haben solche Dienste nichts zu suchen“, sagt | |
Jugendpolitiker Mehmet Yildiz von Linken. „Den Einsatz solcher Dienste zur | |
Durchsetzung der Hausordnung lehnen wir strikt ab“, ergänzt Fraktionschefin | |
Sabine Boeddinghaus. Aus den Untersuchungen zum 2008 geschlossenen Heim | |
Feuerbergstraße ging hervor, dass diese Dienste „zur Eskalation beitrugen“. | |
Doch wie die Linke durch eine Anfrage erfuhr, setzt der LEB mittlerweile in | |
16 Häusern Security ein. | |
Es werde in der taz oft ein falsches Bild vom Sicherheitsdienst gezeichnet, | |
sagt LEB-Geschäftsführer Klaus-Dieter Müller. „Als ob das Leute mit | |
schwarzen Klamotten und Sonnenbrillen sind.“ | |
In den meisten Einrichtungen übernehme das sorgfältig ausgewählte | |
Sicherheitspersonal nur die Nachtwache. Zum Beispiel in der Jugendwohnung | |
Diagonalstraße. Oder in vier Einrichtungen für ambulantes betreutes Wohnen, | |
in der bis zu 20 unbegleitete Geflüchtete, die schon 16 sind, in eigenen | |
Zimmern wohnen. Der Schlüssel liegt bei drei Pädagogen für 16 Jugendliche. | |
Nachts ab halb zehn sitzt eine Sicherheitskraft in Büro und passt auf. | |
## Wenn die Pädagogen schlafen | |
Auch in den Einrichtungen für jüngere Geflüchtete ist nachts ein | |
Sicherheitsmann, „weil da sonst keiner ist, das ist wie ein Concierge“, | |
erklärt Müller. Gleiches gelte für zwei Einrichtungen für junge | |
Alleinerziehende, wobei dort immer eine Sicherheitsfrau sei. Wenn etwas los | |
sei, etwa ein Partner randaliere oder ein Kind weine, könne die | |
Sicherheitskraft die schlafende Pädagogin wecken. | |
Tagsüber seien die Kräfte beim Kinder- und Jugendnotdienst (KJND) in | |
Alsterdorf präsent. Dort komme es vor, sagt Müller, dass junge Menschen mit | |
Problemen wie Autismus separat allein betreut werden und der | |
Sicherheitsdienst aufpasst, „zum Beispiel, wenn die Pädagogen mal Pause | |
machen“. | |
Und der Sicherheitsdienst ist tagsüber in der „2. Chance“. Diese sei | |
zunächst für junge Geflüchtete geschaffen worden, die in anderen | |
Einrichtungen noch nicht richtig Fuß fassen und vielleicht nie richtig | |
diagnostiziert worden sind. „Dort findet das statt, deswegen ist es eine | |
Clearingstelle“, so Müller. | |
## Morgens aufzustehen gehört dazu | |
Der Vorfall mit dem Jungen, der nicht aus dem Bett wollte, habe sich dort | |
in der Hammer Straße ereignet. Die Jugendlichen lernten auch Struktur, dazu | |
gehöre es, morgens aufzustehen, erläutert Müller. „Wer meint, er ist krank, | |
muss zum Arzt oder sich sonst äußern, warum er nicht aufstehen kann.“ Es | |
gebe auch mal einen Hausverweis. | |
Er könne aber auch nicht ausschließen, dass Mitarbeiter einmal genervt | |
reagierten. Vorfälle, bei denen die Security handgreiflich werde, würden | |
dokumentiert, „auch damit wir zum Beispiel eine Beschwerde eines | |
Jugendlichen bewerten können“, und als „besonderes Vorkommnis“ an ihn | |
gemeldet. Das komme etwa alle ein bis zwei Monate vor. Zurzeit sind acht | |
Jungen in der „2. Chance“, die seit Oktober generell für männliche | |
Jugendliche ab 14 da ist. Die ersten seien schon in Jugendwohnungen | |
gewechselt. „Wir haben positive Rückmeldungen“, sagt Müller. | |
Die Linke lehnt Security in der Jugendhilfe ab, kündigt weitere Fragen an | |
und fordert eine Überarbeitung des Konzepts der „2. Chance“. „Ich fürch… | |
dass Security in immer mehr Bereichen kommt“, sagt Yildiz. In kritischen | |
Lagen müssten sich „Pädagogen kümmern“. | |
8 Jun 2018 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
## TAGS | |
Security | |
Jugendhilfe | |
Schwerpunkt Haasenburg Heime | |
Heimerziehung | |
Kinderschutz | |
St. Georg | |
Sicherheitsdienst | |
Jugendhilfe | |
Jugendhilfe | |
Schwerpunkt Haasenburg Heime | |
Minderjährige Geflüchtete | |
Jugendhilfe | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Sicherheitsdienst in Hamburger Heimen: Security abgezogen | |
Kurz nachdem die taz den Einsatz von Wachleuten in Kinderschutzgruppen | |
publik machte, hat Hamburg diese Praxis abgestellt. | |
Übergriff in der Klinik St. Georg?: Zwei gegen einen | |
Zwei Brüder äußern den dringenden Verdacht, dass ein vermutlich obdachloser | |
Mann in der Notaufnahme von Wachleuten angegangen wurde. Was passiert nun? | |
Wachdienst in der Hamburger Jugendhilfe: Security wacht über Kinder | |
In Kinderschutzgruppen des Landesbetriebs Erziehung arbeitet ein | |
Wachdienst, um Mitarbeiter vor Kindern zu schützen. Die Linke kritisiert | |
dies als „skurril“. | |
Security in der Hamburger Jugendhilfe: Wachmänner statt Pädagogen | |
Ein städtischer Jugendhilfe-Träger setzt systematisch Securities für die | |
Betreuung von Jugendlichen ein. Rot-Grün lehnt die Debatte darüber im | |
Familien-Ausschuss ab. | |
Wachleute in der Hamburger Jugendhilfe: Nachts wacht die Security | |
Im Nebenhaus des Jugendnotdienstes in Alsterdorf findet eine sogenannte | |
Einzelbetreuung statt. Das heißt: Securitys bewachen die Kinder. Teilweise | |
über 667 Tage. | |
Jugendhilfe in Hamburg: Wegschließen ist out | |
Hamburg hat in drei Jahren nur eine Jugendliche im geschlossenem Heim | |
untergebracht. Doch in Langenhorn ist eine Clearing-Stelle geplant, die mit | |
Wachdienst arbeitet. | |
Knast für minderjährige Flüchtlinge: Wieder einsperren | |
Der Städtetag-Geschäftsführer fordert geschlossene Heime für minderjährige | |
Flüchtlinge. Das wäre auch für einheimische Kids unsinnig. | |
Jugendhilfe-Immobilie: Ein Heim für böse Jungs | |
Eine ungastliche Unterkunft am Hamburger Bullerdeich wird nicht mehr für | |
junge Geflüchtete benötigt. Jetzt soll sie zum Kurzzeit-Heim für | |
Jugendliche mit „deviantem“ Verhalten werden. |