# taz.de -- Schwarz-Rot in Berlin: Miefig und provinziell | |
> Kai Wegner wird Berlin nicht zerstören. Die Stadtpolitik kreist vor allem | |
> um sich selbst, unfähig zur Selbstkritik. | |
Bild: Zeigt Chuzpe: Franziska Giffey, hier mit SPD-Co-Chef Raed Saleh Anfang M�… | |
Es zählt zu den Eigentümlichkeiten der parlamentarischen Demokratie, dass | |
Verlierer von Wahlen in aller Regel nicht einsehen wollen, dass ihre | |
Niederlage möglicherweise damit zusammenhängen könnte, wie sie zuvor | |
regiert haben. Dieses Schauspiel wird in diesen Tagen in Berlin wieder | |
einmal geboten. Weder Grüne noch Linkspartei, aber auch die SPD wollen | |
erkennen, dass sie etwas falsch gemacht haben könnten. Allenfalls zu wenig | |
Zeit habe man gehabt, um all die schönen Ideen auch umzusetzen, und im | |
Übrigen ist der schmutzige Wahlkampf des Gegners schuld an der eigenen | |
Misere. | |
Nun ist es allerdings so, [1][dass die Erfolge von sechs Jahren | |
rot-grün-roter Politik in Berlin überschaubar sind]. In Kürze: Mietendeckel | |
– juristisch gescheitert. Wohnungsbau – unter den Versprechungen. | |
Wahlorganisation – desaströs. Verkehr – ein paar Kilometer Radwege. Schule | |
– marode wie eh und je. Öffentlicher Nahverkehr – überlastet. Termine für | |
Personalausweis/ Reisepass/ Kfz-Zulassung/ Heirat (Nichtzutreffendes bitte | |
streichen): zuverlässig ausgebucht. Einzig bei der Integration geflüchteter | |
Ukrainer hat Rot-Grün-Rot gezeigt, wie man gute Politik macht. | |
Dennoch [2][zeigen sich Grüne wie Linkspartei empört darüber, dass sie | |
nicht weiter regieren dürfen], ja dass die SPD die Seiten gewechselt hat | |
und unter die Fittiche der CDU schlüpft. Dabei zeigt Franziska Giffey | |
Chuzpe: Sie verzichtet auf das Amt der Regierenden, regiert aber dennoch | |
weiter. Sie wird sich ausgerechnet haben, dass der erneute Versuch einer | |
vermeintlich linken Koalition die SPD bei der nächsten Wahl noch näher an | |
die Fünf-Prozent-Hürde bringt. So etwas nennt man Parteipolitik mit | |
Weitsicht. | |
Ein Regierungswechsel ist in einer Demokratie ein völlig normaler Vorgang. | |
Kai Wegner wird als Regierungschef die Stadt nicht versenken. Er wird | |
Berlin aber auch nicht neu erfinden, geschweige denn gerechter, | |
ökologischer oder sozialer machen. Ganz einfach, weil Berliner Stadtpolitik | |
eine miefige, provinzielle Angelegenheit bleibt, die vor allem um sich | |
selbst kreist, unfähig zur Innovation wie zur Selbstkritik. Wer glaubt, | |
dass man demnächst einen Termin im Bürgeramt bekommt – viel Glück! | |
5 Mar 2023 | |
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## AUTOREN | |
Klaus Hillenbrand | |
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