# taz.de -- Schneemangel im Wintersport: „Frau Holle“ unter Strom | |
> Wintersport im Klimawandel: Der Deutsche Skiverband betreibt zwei | |
> Fabriken, um Loipen, Sprungschanzen und Pisten mit Schnee zu versorgen. | |
Bild: Flocken selbstmachen: Schneekanone in Hessen | |
Nach Düsseldorf begrüßt an diesem Wochenende Dresden die Langläufer zu | |
einem Weltcup-Sprint. Doch sowohl am Rhein wie nun am Elbufer ist keine | |
Flocke Schnee vom Himmel gefallen. Produziert wurde das weiße Gold in einem | |
Hangar des nahe gelegenen Flughafens. | |
6.000 Kubikmeter mussten hergestellt werden, damit eine 1,4 Kilometer lange | |
Loipe präpariert werden kann. Seit Anfang Dezember laufen deshalb die | |
Schneemaschinen, damit jeweils 13.000 Besucher das Event in der City am | |
Königsufer erleben können. | |
Zur Schneeproduktion kamen Maschinen vom Typ Snowfactory zum Einsatz. Diese | |
sind in einem Container untergebracht und verfügen über eine besondere | |
Kühltechnik. Ohne chemische Zusätze kühlt ein Wärmetauscher das Wasser bis | |
zum Gefrierpunkt. In diesem geschlossenen Kältekreislauf kann Schnee selbst | |
bei Plusgraden gemacht werden. Die Maschinen müssen pro Stunde mit 3.000 | |
Liter Wasser gefüttert werden, und verbrauchen in dieser Zeit etwa 340 | |
Kilowattstunden Strom. So viel wie eine vierköpfige Familie in einem Jahr. | |
Besitzer dieser „Frau Holle“ im Container ist seit zwei Jahren der Deutsche | |
Skiverband (DSV). Mit zwei dieser kleinen Fabriken sowie konventionellen | |
Schneekanonen sichert der Verband die Durchführung der 28 Weltcups, die in | |
diesem Winter in Deutschland stattfinden. Die Bandbreite reicht dabei von | |
der Skiabfahrt auf der Kandahar in Garmisch-Partenkirchen über den | |
Snowboardcross am Feldberg oder das Skispringen in Titisee-Neustadt bis zum | |
Biathlon in Ruhpolding. | |
## Schnee aus Zermatt importiert | |
„Rennen haben auch eine wirtschaftliche Bedeutung“, erklärt Walter Vogel, | |
Geschäftsführer bei der DSV Marketing GmbH. So zieht eine Veranstaltung in | |
der Folge Touristen an. Und ein ausgefallener Weltcup verursacht trotzdem | |
Kosten. Allein im vergangenen Winter betrug der Schaden, den die | |
Versicherung begleichen musste, 4,5 Millionen Euro. In der Folge stieg die | |
Versicherungssumme um 300.000 Euro. | |
Am liebsten wäre den verschiedenen Veranstaltern, wenn sie ihre Wettbewerbe | |
auf natürlichem Schnee austragen könnten. Doch in Zeiten des Klimawandels | |
besteht dafür keine Garantie mehr. In Titisee-Neustadt karrten in der | |
Vergangenheit schon mal Lastwagen die weiße Pracht aus dem schweizerischen | |
Zermatt in den Schwarzwald, damit die Veranstaltung stattfinden konnte. | |
Weil dies unter ökologischen Gesichtspunkten keine Lösung auf Dauer sein | |
konnte, machte man sich beim DSV Gedanken zum Schneemanagement. Im Sommer | |
wird bereits ein Plan erstellt, wann welche Maschinen wo eingesetzt werden. | |
Dabei spielt auch die Wertigkeit einer Veranstaltung eine entscheidende | |
Rolle. „Das Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen ist noch nie | |
ausgefallen“, sagt Vogel. | |
## Schnee kostet pro Kubikmeter drei bis fünf Euro | |
Doch der Schnee soll bei solchen Veranstaltungen nicht nur mit den | |
DSV-eigenen Maschinen hergestellt werden. In Ruhpolding wird als | |
Alternative zum Beispiel im Frühjahr ein Schneedepot angelegt, das im | |
kommenden Winter als Basis dient. In Oberhof wird der Schnee aus dem | |
Skitunnel genommen, und für Biathlon auf Schalke oder das Big-Air-Event in | |
Mönchengladbach kommt er aus der Skihalle in Neuss. Dies ist meist | |
günstiger, als wenn Schnee frisch produziert wird. Wie für dieses | |
Wochenende in Dresden. „Vor Ort produzierter Schnee kostet pro Kubikmeter | |
zwischen drei und fünf Euro, sagt DSV-Mann Vogel. | |
Das Schneemanagement des Verbandes dient jedoch nicht ausschließlich der | |
Absicherung von Veranstaltungen. Wenn sie dafür nicht benötigt werden, | |
kommen sie auch in Nachwuchszentren zum Einsatz. Etwa bei den Schanzen in | |
Oberwiesenthal oder in Rastbüchl. Oder im alpinen Bereich in Lenggries oder | |
Bad Wiessee. „Unser Ziel ist es, den Athleten möglichst frühzeitig ein | |
heimatnahes Training offerieren zu können“, sagt Vogel. | |
Doch fix ist dabei nix. „Wir analysieren die Standorte nach klimatischen | |
und infrastrukturellen Gesichtspunkten“, erläutert DSV-Manager Vogel, | |
„damit wie am Ende auch eine Datenbank haben, auf deren Grundlage wir | |
entscheiden können, wo Investitionen wirklich Sinn machen.“ Schließlich | |
möchte der DSV nicht nur die Zuschauer mit Veranstaltungen wie in Dresden | |
unterhalten oder seine Athleten gute Trainingsbedingungen bieten, sondern | |
auch die Natur so gut wie möglich schonen. | |
12 Jan 2018 | |
## AUTOREN | |
Klaus-Eckhard Jost | |
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