# taz.de -- Schiedsrichterin Franziska Wildfeuer: „Das Ziel ist, nicht aufzuf… | |
> Franziska Wildfeuer pfeift als Zweit-Job Fußballspiele. Die Grundlage | |
> dafür ist ein fast tägliches Trainingsprogramm. | |
Bild: Hat Bibiana Steinhaus als Fifa-Schiedsrichterin abgelöst: Franziska Wild… | |
BREMEN taz | „Dass jetzt Sommerpause ist, merke ich vor allem daran, dass | |
am Wochenende nicht mehr von 12 bis 20 Uhr Fußball bei uns auf dem | |
Fernseher läuft“, sagt Franziska Wildfeuer. „Aber mein Trainingsalltag geht | |
eigentlich genauso weiter wie während der Saison.“ | |
Dieser Trainingsalltag besteht für die Schiedsrichterin aus sieben | |
Einheiten pro Woche, 50 Wochen im Jahr. Das hohe Pensum ist notwendig, denn | |
Wildfeuer pfeift Fußballspiele in der Dritten Liga der Männer, in der | |
Ersten [1][Frauen-Bundesliga] und steht auch bei internationalen Partien | |
auf den Platz, seit sie vor drei Jahren [2][Bibiana Steinhaus] als | |
Fifa-Schiedsrichterin abgelöst hat. | |
Mit ihren 29 Jahren ist Wildfeuer damit schon sehr weit gekommen. „Ich bin | |
stolz auf das, was ich geschafft habe, auch wenn jeder neue Schritt | |
gleichzeitig mehr Druck bedeutet“, sagt sie. „Man muss gut darauf achten, | |
eine Balance zwischen dem Sport und dem restlichen Leben zu finden.“ | |
Wildfeuer ist Physiotherapeutin und arbeitet freiberuflich, nur so schafft | |
sie es, ihrem anderen Job als Schiedsrichterin so viel Raum zu geben. | |
Erholung findet sie in der Zeit mit der Familie – am liebsten beim | |
Fußballspielen mit ihrem Sohn. | |
Fußball hat Wildfeuer schon als Kind geliebt. Und auch, dass ihr das | |
Pfeifen Spaß macht, hat die gebürtige Bayerin früh entdeckt. Schon mit | |
zwölf Jahren war sie bei ihrem ersten Schiedsrichter-Lehrgang. Und das | |
eigentlich nur, weil sie mal einem Teamkollegen vom örtlichen SpVgg | |
Ruhmannsfelden beistehen wollte, der seinen Vater dorthin begleiten sollte. | |
So langweilig wie erwartet fand Wildfeuer es dann aber gar nicht, und als | |
sie drei Jahre später ihre gemischt-geschlechtliche Mannschaft verlassen | |
musste, sie war das einzige Mädchen in der Mannschaft, ist sie von der | |
Spielerin in die Rolle der Unparteiischen gewechselt. | |
## Viel Kommunikation auf dem Platz | |
„Die Schiedsrichterei“, wie Wildfeuer es formuliert, sei mittlerweile ihre | |
Passion. Nach wie vor besucht sie regelmäßig Lehrgänge des Deutschen | |
Fußball-Bundes (DFB). Gemeinsam mit anderen Schiedsrichter*innen | |
analysiert Wildfeuer dabei Situationen der vergangenen Saison, berät über | |
den angemessenen Umgang mit Spieler*innen und versucht, die eigenen | |
Strategien zu verbessern. „Das Ziel ist, auf dem Platz gar nicht | |
aufzufallen. Wenn die Leute nach dem Spiel nicht über den Schiri reden, hat | |
man den Job meist gut gemacht“, so Wildfeuer. | |
Ihr gefällt es, die Stimmung auf dem Platz wahrzunehmen, einzuschätzen, | |
welche Linie bei der Bewertung von Zweikämpfen für die jeweilige Partie | |
angemessen ist und ihre Strategie entsprechend anzupassen. „Ich mag es, | |
viel mit den Spielern auf dem Platz zu kommunizieren, um die Atmosphäre für | |
ein gutes und faires Spiel zu schaffen“, sagt Wildfeuer. „Bei manchen | |
Spielen schwebt aber schon vor Anpfiff so eine Anspannung über dem Rasen, | |
dass diese Herangehensweise nicht funktioniert. Dann muss ich schnell | |
umdenken.“ Für eine Schiedsrichterin sei es deshalb auch entscheidend, | |
empathisch zu sein und mit verschiedenen Charakteren zurechtzukommen, meint | |
Wildfeuer. | |
Seit Donnerstag läuft trotz Sommerpause wieder viel Fußball im Fernseher in | |
Wildfeuers Wohnzimmer. Da ist nämlich die Weltmeisterschaft der Frauen | |
gestartet. Beim Zuschauen steht für Wildfeuer nicht nur die fußballerische | |
Performance im Fokus: „Ich finde es total spannend zu sehen, welche | |
Strategie die Schiedsrichter haben.“ Und während andere vor dem Fernseher | |
davon träumen, selbst mitzuspielen, denkt Wildfeuer bei solchen Partien | |
oft: „Schade, dass ich das gerade nicht pfeife.“ | |
24 Jul 2023 | |
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## AUTOREN | |
Marie Gogoll | |
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