# taz.de -- Schattenwirtschaft in Südamerika: „Kaum ein Land ohne Korruption… | |
> Der brasilianische Baukonzern Odebrecht hat sich in halb Südamerika | |
> eingekauft. Die Eliten bereichern sich, sagt Lateinamerikaexperte Carlos | |
> Monge. | |
Bild: Auch von Odebrecht gebaut: das frühere olympische Dorf in Rio de Janeiro | |
taz: Herr Monge, ganz Lateinamerika scheint in den Korruptionsskandal um | |
den brasilianischen Baukonzern Odebrecht verstrickt. In Peru liegt | |
Haftbefehl gegen den Expräsidenten vor. Was ist da los? | |
Carlos Monge:Die Situation ist bedrückend. Denn nach Aussagen der | |
Odebrecht-Manager soll Expräsident Alejandro Toledo von dem Konzern 35 | |
Millionen US-Dollar verlangt haben, um sich dafür zu engagieren, dass er | |
den Zuschlag für den Bau der Interoceánica erhält. Am Ende hat Odebrecht | |
wohl 20 Millionen US-Dollar bezahlt, was Toledo allerdings bestreitet. | |
Wie ist das Geld geflossen? | |
Direkt im Umschlag unterm Tisch wohl nicht. Oder wenn, dann nur geringe | |
Beträge. Die Millionen sind über die Konten eines guten Freundes von | |
Toledo, dem israelischen Staatsbürger Josef Maiman in Costa Rica, | |
geflossen. Von diesen Konten hat dann Toledos Schwägerin das Geld | |
abgerufen, um Immobilien in Peru zu kaufen. Insgesamt soll die Zahlung laut | |
Staatsanwaltschaft in 18 Raten erfolgt sein. | |
Überrascht dieses Ausmaß der Korruption? | |
Oh ja, dass Toledo derart korrupt ist, hat durchaus überrascht, genauso wie | |
die Tragweite des Korruptionsskandals insgesamt in Peru – er betrifft nicht | |
nur die Amtszeit Toledos von 2000 bis 2006, sondern auch seinen Vorgänger | |
Alberto Kenya Fujimori, der von 1990 bis 2000 im Amt war, und seine | |
Nachfolger Alan García und Ollanta Humala. Der im Juli letzten Jahres | |
vereidigte Präsident Pedro Pablo Kuczynski war Wirtschafts- und | |
Finanzminister im Kabinett unter Alejandro Toledo und später | |
Premierminister. Auch das wirft Fragen auf. | |
Hat Kuczynski die Verträge für den Bau der Interoceánica, der Autobahn von | |
Perus Pazifik- zu Brasiliens Atlantikküste, mit unterzeichnet? | |
Eben nicht – aber da drängt sich die Frage auf, warum er das als | |
verantwortlicher Minister nicht getan hat. Allem Anschein nach hat er sich | |
gedrückt und mit Auslandsreisen entschuldigt. Hat er also von der | |
Korruption gewusst? Diese Frage steht nun im Raum und auch, warum er | |
potenzielle Bedenken nicht öffentlich gemacht hat. | |
Zuletzt hat er der Justiz den Rücken gestärkt, in den USA angerufen und um | |
die Auslieferung von Toledo gebeten … | |
Dazu ist er schon aus moralischen Gründen verpflichtet. | |
Ist dieser Korruptionsskandal ein Schlag für die Glaubwürdigkeit der | |
peruanischen Politik? | |
Ein Tiefschlag, denn es geht um drei Expräsidenten. Und auch die | |
Präsidentschaftskandidatin Keiko Fujimori, die 2016 nur knapp gegen | |
Kuczynski scheiterte, hatte Wahlkampfspenden von Odebrecht erhalten. | |
Übrigens geht es nicht nur um Peru. Auch Juan Manuel Santos in Kolumbien | |
soll Geld erhalten haben, in Panama ist Geld im Wahlkampf geflossen genauso | |
wie in Guatemala und anderen Ländern. | |
Man gewinnt den Eindruck, dass die gesamte politisch-ökonomische Elite | |
diskreditiert ist. | |
Der Eindruck trügt leider nicht, denn die wirtschaftliche Elite des Landes | |
war mit Odebrecht verbandelt und hat die Preise für die Interoceánica und | |
andere Megaprojekte nach oben getrieben. Auch der wichtigste Medienkonzern | |
Perus ist Teil dieser Allianz. | |
Ist die Korruption Teil der politischen Kultur in Peru und dem restlichen | |
Subkontinent? | |
Ich denke schon, und dafür ist der Odebrecht-Skandal ein gutes Beispiel. | |
Aber nicht das einzige. In Mexiko steht der Präsident Enrique Peña Nieto am | |
Pranger, weil er sehr viele Verträge mit ein und derselben Firma | |
abgeschlossen hat, als er den Bundesstaat México regierte. Diese Firma hat | |
ihm dann seine berühmte Casa Blanca gebaut. In Guatemala hat sich die | |
Regierung von Otto Pérez Molina so skrupellos bereichert, dass | |
Massendemonstrationen im September 2015 zum Rücktritt führten. Es gibt kaum | |
ein Land, in dem es keinen Korruptionsskandal gegeben hat. Wir müssen unser | |
politisches System reformieren, das Wahlsystem und die Finanzierung der | |
Wahlkampffonds unter die Lupe nehmen und die Einflussnahme von außen | |
unterbinden. Das ist eine Herausforderung für die gesamte Region. | |
2 Mar 2017 | |
## AUTOREN | |
Knut Henkel | |
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