| # taz.de -- Korruptionsaffäre in Südamerika: Wie geschmiert | |
| > Im Odebrecht-Skandal wird gegen 83 hohe Politiker ermittelt. Kolumbiens | |
| > Präsident will von illegalen Spenden nichts gewusst haben. | |
| Bild: Dilma Rousseff ist eine der 83 Spitzenpolitiker*innen, gegen die ermittel… | |
| Rio de Janeiro taz | Kistenweise Beweismaterial hat Brasiliens | |
| Generalstaatsanwalt Rodrigo Janot am Dienstag (Ortszeit) dem Obersten | |
| Gerichtshof übergeben – darunter eine höchst brisante Liste: Sie zählt die | |
| Politiker auf, die von dem skandalträchtigen Baukonzern Odebrecht | |
| Bestechungsgeld erhalten haben sollen. | |
| Eigentlich handelt es sich um das gesamte Establishment in Brasilia: | |
| mindestens fünf amtierende Minister, die Präsidenten von Senat und | |
| Parlament, einflussreiche Senatoren und Parteichefs der Regierungskoalition | |
| sowie die Expräsidenten Dilma Rousseff und Luis Inácio Lula da Silva. | |
| „Wir stehen vor der traurigen Tatsache, dass die Demokratie unter Beschuss | |
| steht“, sagte Janot. Er empfiehlt dem höchsten Gericht die Einleitung von | |
| insgesamt 83 Strafprozessen. Weitere 211 Verfahren sollen an | |
| untergeordneten Gerichten auf den Weg gebracht werden. Grundlage der neuen | |
| Flut von Ermittlungen sind über 70 Kronzeugenaussagen von ehemaligen | |
| Odebrecht-Managern. Es geht um nicht deklarierte Parteispenden, illegale | |
| Wahlkampfspenden, persönliche Bereicherung und Geldwäsche. | |
| Gemeinsam mit anderen Bauunternehmen hat Odebrecht jahrelang Politiker | |
| aller Couleur bestochen, um lukrative und meist überteuerte staatliche | |
| Aufträge zu ergattern. Zum Beispiel das Maracanã-Stadion in Rio de Janeiro, | |
| das zur Fußball-WM renoviert wurde. Die Stadt fordert jetzt eine | |
| Rückzahlung in dreistelligen Millionenhöhe, nachdem Pfusch in der | |
| Buchhaltung festgestellt wurde. Der Umbau kostete schließlich fast das | |
| Doppelte des Voranschlags. | |
| ## Brasília reagiert gefasst | |
| Noch ist Janots Liste geheim. Vor einer Veröffentlichung muss sie erst von | |
| einem Obersten Richter freigegeben werden. Doch lokale Medien haben schon | |
| die brisantesten Fälle recherchiert und veröffentlicht. Demnach steht | |
| Präsident Michel Temer zwar nicht auf der Liste, muss aber dennoch mit | |
| Strafermittlungen rechnen. Er hatte im Jahr 2014 in seiner Residenz | |
| Odebrecht-Manager zum Abendessen geladen und um Wahlkampfhilfen in | |
| Millionenhöhe gebeten. | |
| Damals war Temer noch Vizepräsident unter Rousseff. Zwei Jahre später | |
| übernahm er ihr Amt, nachdem seine Partei PMDB mit der rechten Opposition | |
| ein umstrittenes Amtsenthebungsverfahren durchsetzte. Mehrere der jetzt | |
| offiziell verdächtigten PMDB-Größen hatten bereits in einem | |
| mitgeschnittenen Gespräch zugegeben, dass Rousseff geschasst wurde, um das | |
| „Ausbluten“ der Politikerklasse im Zuge der Korruptionsermittlungen zu | |
| stoppen. Zumindest dieses Kalkül ging bislang nicht auf. | |
| Brasília reagierte gefasst, fast überheblich auf den neuen Stand im | |
| Korruptionsskandal. Da fast alle Parteien auf der Liste erwähnt wurden und | |
| die Zahl der erwähnten Politiker so hoch ist, sei davon auszugehen, dass | |
| der Effekt nach diesem Knall schnell wieder verpufft, so die Hoffnung in | |
| Regierungskreisen. Zudem wird die Debatte, ob illegale Spenden wirklich | |
| illegal sind, munter fortgesetzt. Es soll sogar ein entsprechender | |
| Gesetzesentwurf, der viele der Odebrecht-Finanzierungen nachträglich | |
| legalisieren würde, wieder aus der Schublade geholt werden. | |
| Auch in Kolumbien zieht die Odebrecht-Affäre die Regierung in | |
| Mitleidenschaft. Präsident Juan Manuel Santos entschuldigte sich am | |
| Dienstag für eine illegale Wahlkampfspende. Er will nicht gewusst haben, | |
| dass im Jahr 2010 eine Millionenauflage von Wahlplakaten von Odebrecht | |
| bezahlt wurde, wie zuvor sein damaliger Wahlkampfmanager eingestanden | |
| hatte. Bereits seit Anfang Februar prüft die Staatsanwaltschaft | |
| Korruptionsvorwürfe gegen Santos, mehrere Oppositionspolitiker und | |
| ehemalige Minister. | |
| 15 Mar 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Andreas Behn | |
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