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# taz.de -- Korruptionsermittlungen in Brasilien: Das ganze System bloßgestellt
> Der Oberste Gerichtshof ermittelt gegen 300 Politiker aus dem gesamten
> Spektrum. Darunter die Expräsidenten Cardoso, Lula und Rousseff.
Bild: Steht in den nächsten Monaten im Mittelpunkt der Politik: Der Oberste Ge…
Rio de Janeiro taz | Generalverdacht gegen die gesamte politische Klasse
Brasiliens: Der Oberste Gerichtshof hat am Dienstag Korruptionsermittlungen
gegen 8 Minister, 24 Senatoren und 39 Abgeordnete öffentlich gemacht. Es
geht um die Annahme von Bestechungsgeld, Geldwäsche und illegale
Parteienfinanzierung. Ein Rückschlag für die ohnehin umstrittene Regierung
von Präsident Michel Temer, der sein Land gerade davon überzeugen will,
dass in Zukunft alle den Gürtel enger schnallen sollen.
Der oberste Richter Edson Fachin wollte sich mit der Veröffentlichung der
bombastischen Nachricht eigentlich noch etwas Zeit lassen. Doch wie so oft
sickerten brisante Details aus der Justiz an die Presse durch und setzten
ihn unter Druck.
Am Dienstagabend veröffentlichte Fachin die komplette Namensliste: Rund 300
amtierende oder ehemalige Politiker werden verdächtigt, vom Baukonzern
Odebrecht Geld gegen Gefälligkeiten angenommen zu haben.
Die Ermittlungsverfahren betreffen einige der engsten Vertrauten von Temer
wie seinen Kabinettschef Eliseu Padilha und den Vorsitzenden seiner
Regierungspartei PMDB, Senator Romero Jucá. Neben den Präsidenten von Senat
und Parlament, Außenminister Aloysio Nunes Ferreira und dem im jüngsten
Gammelfleischskandal oft zitierten Agrarminister Blairo Maggi steht auch
der frühere Bürgermeister der Olympiastadt Rio de Janeiro, Eduardo Paes,
auf der Liste. Aécio Neves, ehemaliger Präsidentschaftskandidat und
Vorsitzender der wichtigsten Koalitionspartei PSDB, steht ebenfalls unter
Verdacht.
## Bestechung für überteuerte staatliche Aufträge
Grundlage der Ermittlungen sind Kronzeugenaussagen von ehemaligen Managern
des Bauunternehmens Odebrecht. Gemeinsam mit anderen Firmen soll Odebrecht
jahrelang Politiker aller Couleur bestochen haben, um lukrative und
überteuerte staatliche Aufträge zu ergattern, unter anderem vom
halbstaatlichen Ölkonzern Petrobras. Auch Temer selbst soll in zwei Fällen
an Straftaten beteiligt gewesen sein. Ermittelt wird gegen ihn jedoch
nicht, da das Staatsoberhaupt Immunität für Taten vor seinem Amtsantritt
besitzt.
Neben den Ermittlungen gegen insgesamt 97 Politiker und einen Richter des
Rechnungshofs, gegen die aufgrund ihres Ämter nur vor dem Obersten Gericht
prozessiert werden darf, gibt es 200 weitere Fälle, die Fachin an
untergeordnete Instanzen verwies. Auf dieser Liste finden sich die Namen
von immerhin vier Expräsidenten, darunter Dilma Rousseff, Luis Inácio Lula
da Silva und deren Vorgänger Fernando Henrique Cardoso.
Die Bloßstellung des gesamten politischen Systems Brasiliens hat aber noch
keine unmittelbaren juristischen oder personellen Konsequenzen. Mit einer
Anklageerhebung wird frühestens im nächsten Jahr gerechnet. Zudem bereitet
der Kongress bereits neue Gesetze vor, mit denen unter anderem illegale
Wahlkampffinanzierung nachträglich erlaubt werden soll.
12 Apr 2017
## AUTOREN
Andreas Behn
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Brasilien
Schwerpunkt Korruption
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