Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Rückzug von SPDler Johannes Kahrs: Eine Frustentscheidung
> Der SPD-Politiker Johannes Kahrs wirft hin. Er wollte den Posten des
> Wehrbeauftragten der Bundeswehr – und wurde übergangen.
Bild: War ein Freund der klaren Worte, nun hat er keine Lust mehr: Johannes Kah…
Berlin taz | „Traumschön“ ist das Wort, mit dem der SPD Politiker Johannes
Kahrs auf twitter oder facebook gern bezeichnete, was ihm gefiel. Das
konnte mal der Besuch einer Schülergruppe oder von Soldaten aus Hamburg,
seinem Wahlkreis, bei ihm in Berlin sein. Doch auf twitter und facebook
existiert Johannes Kahrs nicht mehr. Seit Dienstag sind alle accounts
gelöscht. Das ist wohl ein Ausrufzeichen: Dieser Rückzug ist keine Taktik.
Er gilt für immer: das Ende einer Karriere mit einem donnernden Türenknall,
und einer Art Selbstauslöschung als öffentliche Person.
Kahrs war das Gesicht des rechten Flügels der SPD-Fraktion, jovial, offen
schwul, immer direkt. In Hamburg gelang es dem medial stets umtriebige Chef
des Seeheimer Kreises in der SPD eine Art Fangruppe um sich zu scharen.
Kahrs polarisierte. Am Dienstag hat er alle Ämter inklusive seine
Bundestagsmandats niedergelegt.
Der Finanzexperte macht zuletzt im Bundestag manchmal Schlagzeilen mit
Frontalangriffen auf die AfD. Warum die Zange nehmen, wenn man einen Hammer
hat schien sein Motto beim politischen Handwerk zu sein. Kahrs ist affin
zur Bundeswehr, Oberst der Reserve und war früher Mitglied im
Verteidigungsausschuss. Es war kein Geheimnis, dass der 56-jährige, der
seit 21 Jahren Mitglied im Bundestag war, alle Hoffnungen darauf setzte
Wehrbeauftragter der Bundeswehr zu werden und damit seinen Kieler
SPD-Genossen Hans-Peter Bartels zu beerben.
Der Job hätte nicht nur Kahrs Neigung fürs Militärische aufs Schönste
entsprochen – es wäre auch ein Job gewesen, der im Unterschied zu dem eines
SPD Abgeordneten in Zeiten der sozialdemokratischen Baisse recht krisenfest
gewesen wäre.
## Die Union hatte Offenbar Vorbehalte gegen Kahrs
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich, der es als Außenpolitikexperte [1][eher
mit der Diplomatie hält als mit dem Militär], schlug allerdings Eva Högl
für Bartels Job vor. Diese Wahl verblüffte viele – denn Högl hat sich
bisher nur als Innen- und Rechtspolitikerin profiliert. Högl wurde nun am
Dienstagnachmittag von der SPD-Fraktion mit wenig Gegenstimmen als neue
Wehrbeauftragte nominiert. Zeitgleich verschickte Kahrs sein
Rücktrittsschreiben.
„Für das Amt des Wehrbeauftragten bewirbt man sich nicht, man wird
vorgeschlagen. Der Fraktionsvorsitzende [2][hat Eva Högl vorgeschlagen.]
Ich akzeptiere dies und wünsche ihr viel Erfolg.“ heißt es darin recht
unterkühlt.
Aus SPD-Kreisen war zu hören, dass auch oder sogar vor allem die Union
Vorbehalte gegen Kahrs als Wehrbeauftragten hatte. Dies habe den
SPD-Rechten besonders hart getroffen.
Der Seeheimer Kreis, eine einflussreiche Strömung in der SPD, gegen die
personalpolitisch in der Regel wenig geht, verliert mit Kahrs
einenlautstarken, profilierten Sprecher.
5 May 2020
## LINKS
[1] /SPD-Spitze-gegen-nukleare-Teilhabe/!5679784
[2] /Abloesung-des-Wehrbeauftragten-Bartels/!5682265
## AUTOREN
Stefan Reinecke
## TAGS
Wehrbeauftragte
Politiker
SPD
SPD
Johannes Kahrs
Flüchtlinge
Schwerpunkt Coronavirus
Nato
## ARTIKEL ZUM THEMA
Machtkampf in SPD-Fraktion: Das Stühlerücken nach dem Knall
Nach dem Abgang von Johannes Kahrs wirkt der rechte SPD-Flügel
angeschlagen. Fraktionschef Rolf Mützenich ordnet die Machtverhältnisse
neu.
Der Rückzug des Johannes Kahrs: Ein SPD-Strippenzieher gibt auf
Johannes Kahrs hat viele Gesichter: Machtmensch, Lobbyist, Politiker,
Bundeswehrfan und Antifaschist. Nun beendet er seine Karriere.
Aufnahme von Flüchtlingen in Thüringen: Noch ein bisschen warten
Thüringens Migrationsminister will bis zu 2.000 Menschen aus griechischen
Flüchtlingslagern aufnehmen. Doch die SPD-Finanzministerin bremst.
Krisengewinner Markus Söder: Das bayerische Chamäleon
Einst galt er als polternder Opportunist der CSU. Heute erscheint Söder
vielen als Lichtgestalt, die in der Coronakrise alles richtig gemacht hat.
SPD-Spitze gegen „nukleare Teilhabe“: Atomwaffen? Nein, danke
Seit 45 Jahren verstößt Deutschland gegen den Nuklearen
Nichtverbreitungsvertrag. Jetzt fordert Mützenich den Abzug der
US-Atomwaffen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.