# taz.de -- Rückbau der Atommülldeponie Gorleben: Die Probleme kommen erst no… | |
> Im niedersächsischen Gorleben hat der Abriss des Endlager-Bergwerks | |
> begonnen. Es soll mit 400.000 Tonnen Salz zugeschüttet werden. | |
Bild: „Gorleben soll leben“, steht auf dem Reststück einer Mauer, die das … | |
GORLEBEN taz | Über Jahrzehnte wurde der unterirdische Salzstock im | |
niedersächsischen [1][Gorleben] als einziger Standort auf seine Eignung als | |
Endlager für hochradioaktive Abfälle geprüft. Über Jahrzehnte entstand dort | |
– wie führende Behördenvertreter wie der Chef des Atommüllbundesamtes BASE, | |
Wolfram König, später einräumten – unter dem Deckmantel der Erkundung ein | |
fast fertiges Endlager. Und über Jahrzehnte prägten mehrere miteinander | |
verbundene weiße Gebäudekomplexe, der Förderturm und die Verladeanlage, das | |
Bergwerk im Gorlebener Wald. | |
Es ist neblig an diesem Vormittag Anfang März. Doch unschwer lässt sich | |
erkennen, wie sehr sich die Silhouette des Bergwerks in den vergangenen | |
Wochen verändert hat. Die Verladeanlage ist verschwunden, sie wurde mitsamt | |
dem brückenähnlichen Übergang zum Turm abgebrochen. | |
Der Grund: Gorleben schied aus den von Atomkraftgegnern immer wieder | |
vorgebrachten geologischen Gründen aus dem Suchverfahren für ein Endlager | |
aus. Die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE), Betreiberin des | |
Gorlebener Bergwerks, reißt deshalb die oberirdischen Anlagen Stück für | |
Stück ab, baut die Infrastruktur unter Tage ab und will anschließend die | |
Grube mit Salz zuschütten. | |
In dem Vergabeverfahren für die Verfüllung des Bergwerks hat sich eine | |
Bietergemeinschaft aus dem Ruhrgebiet durchgesetzt. An ihr sind die Firmen | |
Redpath Deilmann aus Dortmund und Thyssen Schachtbau aus Mülheim an der | |
Ruhr beteiligt. Die Aufgabe an die Auftragnehmer ist klar: Sie sollen das | |
auf der nahegelegenen Halde lagernde [2][Salz wieder unter die Erde | |
bringen]. Kein leichtes Unterfangen. | |
Die Hohlräume des Bergwerkes wurden überwiegend durch Sprengungen | |
geschaffen. Das so zerkleinerte Steinsalz brachten Bergleute an die | |
Oberfläche und lagerten es auf der Halde ab. Im Lauf der Zeit hat sich das | |
Material jedoch verdichtet, durch den Einfluss der Witterung ist es wieder | |
steinhart geworden. Es lässt sich nur noch mit Fräsen lösen und | |
transportfähig machen. | |
Die Arbeiten könnten beginnen, sobald die bergrechtlichen Genehmigungen | |
vorliegen, sagt BGE-Sprecherin Monika Hotopp. Die ersten 100.000 Tonnen | |
Salz könnten noch in diesem Jahr nach unter Tage gebracht werden. Insgesamt | |
lagern auf der Gorlebener Halde rund 400.000 Tonnen Steinsalz. „Die | |
markante Salzhalde wird nach und nach verschwinden und das | |
Erkundungsbergwerk Schritt für Schritt verfüllt“, erläutert der technische | |
Geschäftsführer der BGE, Thomas Lautsch. Nach Verfüllung der Gruben und | |
Stollen sollen die beiden ins Erdreich getriebenen Schächte über einen | |
weiteren noch auszuschreibenden Bauauftrag zugeschüttet werden. | |
Zu den vorbereitenden Arbeiten gehört auch die Bergung und der Abtransport | |
von Material aus dem Bergwerk. „Es befinden sich noch rund 1.100 Tonnen | |
Anlagen, Systeme und Komponenten unter Tage“, sagt Torsten Rabe, der | |
BGE-Standort- und Projektleiter Gorleben. Dabei handele es sich etwa um die | |
Lüfteranlage, Tankanlagen, Stahleinbauten und den Deckenkran der Werkstatt: | |
„Was über Tage nicht mehr veräußert werden kann, wird von | |
Verwertungsbetrieben entsorgt.“ In drei Jahren soll das gesamte | |
Rückbauprojekt Gorleben beendet sein, schätzt die BGE. | |
## Naturschutzbelange sollen berücksichtigt werden | |
Für Wolfgang Ehmke, den langjährigen Sprecher und Frontmann der | |
Bürgerinitiative (BI) Umweltschutz Lüchow-Dannenberg, ist es „eine wirklich | |
gute Nachricht“, dass das Bergwerk zugeschüttet werden soll. Die | |
Atomkraftgegner:innen hatten dies immer wieder verlangt, seit der | |
Gorlebener Salzstock im Jahr 2020 aus dem neu aufgerollten Suchverfahren | |
für ein Atommüllendlager flog. Nur so lasse sich verhindern, dass noch | |
einmal auf den Salzstock zurückgegriffen werde, falls die Suche stocke. | |
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und andere Unionspolitiker | |
fordern ohnehin, dass Gorleben zu Ende untersucht und dann auch als | |
Atommüllkippe genutzt werden soll. | |
BI-Sprecher Ehmke verlangt, dass beim Rückbau des Bergwerks auch | |
Naturschutzbelange berücksichtigt werden müssten. „Wir haben vorsorglich | |
der BGE einen entsprechenden Katalog schützenswerter Flora und Fauna | |
zukommen lassen“, sagt er. Wünschenswert sei überdies der dauerhafte Erhalt | |
eines Mauerteils, der beim – bereits erfolgten – Abriss der | |
Überwachungsanlagen stehen blieb. „Dieser Mauerrest mit den Graffiti, die | |
von der bewegten Geschichte des Gorleben-Widerstandes zeugen, muss ein | |
Denkmal für die industriepolitische Fehlentwicklung des letzten | |
Jahrhunderts werden.“ | |
Schließlich bleibe nach der Abschaltung der Atomkraftwerke der Müll. Die | |
Suche nach einem Endlager werde sich noch Jahrzehnte hinziehen, für die | |
Zwischenlagerung der hochradioaktiven Abfälle müsse inzwischen mit 100 | |
Jahren gerechnet werden: „Drei Generationen haben von Atomstrom profitiert, | |
30.000 Generationen dürfen sich mit den Folgen herumschlagen“, betont | |
Ehmke. Ihre traditionellen Sonntagsspaziergänge an den Gorlebener | |
Atomanlagen und am Bergwerk wollen die [3][Atomkraftgegner:innen] aus | |
dem Wendland bis zum Ende des Rückbaus fortsetzen. | |
2 Apr 2024 | |
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## AUTOREN | |
Reimar Paul | |
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