Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Rollback bei EU-Agrarsubventionen: Umweltschützer schockiert
> Greenpeace hält die Mehrheit im EU-Parlament für die Schwächung des
> Naturschutzes in der Landwirtschaft für „schockierend“. Der Bauernverband
> jubelt.
Bild: Die Bauernproteste zeigen Wirkung
Berlin taz | „EU-Parlament schreddert Naturschutz in der
[1][Landwirtschaft]“, „rücksichtsloses Votum“, „desaströser Rückschr…
Umweltschützer haben mit drastischen Worten darauf reagiert, dass das
Europäische Parlament zugestimmt hat, die wichtigsten Umweltbedingungen für
den Erhalt von Agrarsubventionen aufzuweichen oder gleich abzuschaffen. Die
Bauernverbände dagegen freuen sich – und fordern, noch mehr Vorschriften
abzubauen.
Die Abgeordneten hatten am Mittwochabend in Straßburg mit 425 Ja- und nur
130 Neinstimmen abgesegnet, dass Subventionsempfänger nun auch dauerhaft
nicht mehr mindestens [2][4 Prozent ihrer Ackerfläche] für Brachen und
Landschaftselemente wie Hecken oder Baumreihen reservieren müssen. Per
Ausnahmeregel galt das bereits in den vergangenen beiden Jahren. Greenpeace
nannte die Abstimmung „schockierend“.
Die EU-Staaten dürfen ihnen nun auch erlauben, jedes Jahr die gleiche
Fruchtart auf einem Acker anzubauen, also auf eine Fruchtfolge zu
verzichten. Das Verbot, Dauergrünland wie Wiesen und Weiden umzubrechen,
wird aufgeweicht. Bei Höfen mit höchstens 10 Hektar Agrarfläche – das sind
65 Prozent aller Betriebe in der EU – dürfen die Behörden nicht mehr
kontrollieren, ob die Umweltvorschriften eingehalten werden.
Damit werde die Landwirtschaft auf fast 17 Millionen Hektar Ackerland – so
viel wie die gesamte landwirtschaftliche Fläche Deutschlands – von
jeglichen Umweltkontrollen ausgenommen, kritisierte Greenpeace. Zu den
Unterstützern der Aufweichung gehörten aus Deutschland [3][Abgeordnete von
CDU], CSU, FDP, Freien Wählern und AfD. Die Gegner kamen vor allem von den
Grünen, SPD und der Linkspartei.
## Deutsche Position im Rat ungewiss
Die nun zur Disposition stehenden [4][Vorschriften] sollten zur Lösung von
Problemen beitragen, die die Landwirtschaft verursacht oder unter der sie
leidet: Die Branche ist Kritikern zufolge maßgeblich dafür verantwortlich,
dass immer mehr Pflanzen- und Tierarten aussterben. Sie setzt laut
Umweltbundesamt [5][13 Prozent der deutschen Treibhausgase] frei, inklusive
der Emissionen aus Böden und Maschinen. Der Einfluss der jährlich rund 55
Milliarden Euro Agrarsubventionen auf die Methoden der Branche ist groß:
In Deutschland zum Beispiel machen sie im Schnitt etwa die Hälfte des
Einkommens der Höfe aus.
Die Umweltvorschriften für die Subventionen „sollen die biologische
Vielfalt und die Gesundheit der Böden schützen – beides ist entscheidend
für die Nahrungsmittelproduktion und den Lebensunterhalt der Landwirte“,
argumentierte der Naturschutzverband BirdLife International. Brachen und
Landschaftselemente bieten Rückzugsräume, zum Beispiel für das vom
Aussterben bedrohte Rebhuhn oder für Bestäuber, auf die die Landwirtschaft
angewiesen ist. Die naturnahen Flächen sind auch Puffer, die Abdrift von
Pestiziden von den Feldern verhindern.
Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, monierte
zudem, dass der Beschluss in nur drei Wochen „abgeräumt“ worden sei,
„weitestgehend am Parlament vorbei und ohne die übliche Folgenabschätzung
durch die EU-Kommission“.
Der Deutsche Bauernverband dagegen begrüßte das Votum. Damit hätten die
Abgeordneten gezeigt, „dass sie die zentralen Anliegen der europäischen und
deutschen Landwirte für mehr Bürokratieabbau, Entlastung und
Praxistauglichkeit bei der Umsetzung der EU-Agrarförderung unterstützen“.
Das sei ein wichtiges Signal für „einen ebenso zukunfts- wie
wettbewerbsfähigen Landwirtschaftsstandort Europa“. Die Bundesregierung
müsse die EU-Vorgaben nun „uneingeschränkt umzusetzen“. Der Verband hatte
die Bauernproteste mitorganisiert, die die EU offenbar unbedingt vor den
Wahlen zum Europaparlament im Juni beendet sehen will.
Nun muss der Rat der Mitgliedstaaten offiziell zustimmen, was nur noch als
Formsache gilt, da ein Ausschuss des Gremiums bereits grünes Licht
signalisiert hat. „Dem deutschen Abstimmungsverhalten kann ich nicht
vorgreifen“, teilte ein Sprecher von Bundesagrarminister Cem Özdemir
(Grüne) der taz auf Anfrage mit.
25 Apr 2024
## LINKS
[1] /Landwirtschaft/!t5007831
[2] https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-9-2024-0344_EN.html
[3] https://twitter.com/Gruene_Europa/status/1783443711713480709/photo/1
[4] https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A32021R2115#ntr4…
[5] https://www.umweltbundesamt.de/themen/landwirtschaft/landwirtschaft-umweltf…
## AUTOREN
Jost Maurin
## TAGS
Landwirtschaft
Naturschutz
Bauernprotest
Agrarpolitik
Landwirtschaft
Landwirtschaft
Landwirtschaft
Bauernprotest
Bauernprotest
Landwirtschaft
## ARTIKEL ZUM THEMA
Agrarsubventionen für Bauern: EU kippt zentrale Umweltauflagen
Landwirte müssen nicht mehr Brachen einrichten. Minister Özdemir findet das
okay. Dafür kassiert der Grüne Kritik aus den eigenen Reihen.
Weniger Umweltregeln bei Agrarsubvention: Deutschland sagt wohl nicht Nein
Die Regierung wird sich wahrscheinlich bei der EU-Abstimmung über den Stopp
der „Pflichtbrache“ für Bauern enthalten. Damit rechnet Minister Özdemir.
EU und Ampel geben Bauernprotesten nach: Unnötiger Deal auf Kosten der Natur
Die Politik schwächt wegen Treckerdemos den Umweltschutz, trotz Arten- und
Klimakrise. Und obwohl die Bauern nur wenige Wählerstimmen haben.
EU-Parlamentarier über Bauernproteste: „Kein Erbrecht auf Subventionen“
Das Europaparlament will die zentralen Umweltregeln für Agrarsubventionen
abschaffen. Ganz falsch, findet der Grüne Martin Häusling.
Bauern verhindern Agrarwende: Traktoren im Rückwärtsgang
Die erfolgreichen Bauernproteste schaden vor allem der Landwirtschaft
selbst. Dabei liegt gerade bei ihr die Hoffnung auf eine ökologische Wende.
Nabu-Chef über EU-Agrarpolitik: „Die Ampel sollte mit Nein stimmen“
Die Agrarpolitik von Rot-Grün-Gelb droht schlechter zu werden als die der
CDU, sagt Nabu-Chef Jörg-Andreas Krüger. Auch bei Abstimmungen auf
EU-Ebene.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.