| # taz.de -- Agrarsubventionen für Bauern: EU kippt zentrale Umweltauflagen | |
| > Landwirte müssen nicht mehr Brachen einrichten. Minister Özdemir findet | |
| > das okay. Dafür kassiert der Grüne Kritik aus den eigenen Reihen. | |
| Bild: Staatsgeld quasi für lau? Ein Landwirt mäht mit seinem Traktor eine hö… | |
| Berlin taz | Die EU-Länder haben nach den Bauernprotesten die wichtigsten | |
| Umweltauflagen für Agrarsubventionen gekippt – und Deutschlands grüner | |
| [1][Landwirtschaft]sminister Cem Özdemir stimmte nicht dagegen. Sein | |
| Ministerium veranlasste am Montag eine Enthaltung bei der Entscheidung in | |
| Brüssel und hatte sich in der Diskussion nach eigenen Worten sogar dafür | |
| „starkgemacht“, das zentrale Element der vergangenen Agrarreform dauerhaft | |
| außer Kraft zu setzen: Auch Özdemir war also gegen die Regel, dass | |
| Empfänger der pro Hektar gezahlten Subventionen mindestens 4 Prozent ihrer | |
| Ackerfläche etwa für Brachen und „Landschaftselemente“ wie Hecken oder | |
| Baumreihen reservieren müssen. | |
| Das bringt dem Minister nun auch Kritik aus den eigenen Reihen ein: | |
| „Özdemir hätte die Umweltaspekte stärker betonen müssen“, sagte der | |
| agrarpolitische Sprecher der Grünen im Europa-Parlament, Martin Häusling, | |
| der taz. „Mir sagen alle Experten aus dem Bereich der Naturschutzverbände: | |
| Die Pflichtbrache wird dringend gebraucht“, so der Abgeordnete. | |
| Denn die Landwirtschaft trägt maßgeblich dazu bei, dass immer mehr | |
| Pflanzen- und Tierarten aussterben. Sie hat etwa in Deutschland rund die | |
| Hälfte der Landfläche unter Beschlag. Ackerbrachen können Rückzugsräume | |
| beispielsweise für Insekten und Vögel sein. | |
| Auch die Regeln für die Fruchtfolge – also dazu, wie oft die Pflanzenart | |
| auf einem Acker wechseln muss – werden nach dem [2][Beschluss des EU-Rats] | |
| aufgeweicht. Das gilt auch für den Schutz vor Erosion und das Verbot, | |
| klimarelevantes Dauergrünland wie Wiesen und Weiden umzubrechen. Und auf | |
| Höfen mit höchstens 10 Hektar Agrarfläche sollen die Behörden gar nicht | |
| mehr kontrollieren, ob die Umweltvorschriften eingehalten werden – das sind | |
| laut EU-Kommission 65 Prozent aller Betriebe mit einer Fläche so groß wie | |
| das gesamte Agrarland Deutschlands. Das EU-Parlament hatte die Entscheidung | |
| bereits abgesegnet. | |
| ## Begründung: „Ökonomische Vorteile“ für Landwirte | |
| Damit will die EU die heftigen Proteste von Bauern beenden oder künftige | |
| vermeiden. „Diese Überprüfung ist eine Reaktion auf die von den Landwirten | |
| in den letzten Monaten geäußerten Bedenken“, räumte der Rat unumwunden ein. | |
| Der [3][Naturschutzbund hatte vor der Entscheidung gefordert, dass | |
| Deutschland mit Nein stimmt.] Die Bauern müssten etwas für die Umwelt tun, | |
| wenn sie weiterhin allein in Deutschland 6 Milliarden Euro jährlich aus dem | |
| EU-Agrarbudget erhalten wollen. Etliche Betriebe hätten in den vergangenen | |
| Jahren gute Gewinne eingefahren. Auch die Landwirtschaft sei auf | |
| Artenvielfalt und zum Beispiel Bestäuber angewiesen. | |
| Özdemirs Ministerium erklärte aber, dass die Änderungen der Regeln | |
| „ökonomische Vorteile“ für die Landwirte brächten, weshalb sogar eine | |
| Zustimmung „grundsätzlich denkbar gewesen“ wäre. Deutschland habe sich da… | |
| aber enthalten, weil die EU die Standards senke, „ohne andere Maßnahmen zu | |
| etablieren, die das gesellschaftlich gewünschte Klima-, Arten- und | |
| Umweltschutzniveau erhalten.“ | |
| Özdemir hatte die voraussichtliche Enthaltung der Regierung auch damit | |
| gerechtfertigt, dass die anderen 26 EU-Länder zustimmen würden – was sie | |
| jetzt auch taten. Wenn er sich enthalte oder mit Nein votiere, ändere das | |
| nichts, hatte der Grüne der taz gesagt. Umweltschützer hielten dagegen, | |
| dass sich an Deutschland andere EU-Staaten orientierten und so | |
| möglicherweise doch eine Sperrminorität zustande kommen könne. | |
| ## Problem: Scholz und die FDP | |
| „Da hätte Deutschland eine klare Haltung beweisen müssen“, antwortete der | |
| grüne EU-Abgeordnete Häusling am Montag auf die Frage der taz, ob die | |
| Bundesregierung mit Nein hätte stimmen sollen. Sie hätte ein Zeichen setzen | |
| müssen, dass die Agrarpolitik in die falsche Richtung läuft, so der Hesse. | |
| Häusling machte für die deutsche Enthaltung auch die SPD verantwortlich. | |
| „Unser größeres Problem ist der Bundeskanzler. Das hat mit der FDP nur am | |
| Rande zu tun“, so Häusling. Üblich ist, dass sich Deutschland enthält, wenn | |
| sich die Koalitionspartner nicht einigen können. | |
| Der Bauernverband hatte die Abschaffung der Umweltvorschriften | |
| [4][begrüßt]. Sie würde die Wettbewerbsfähigkeit der hiesigen Höfe erhöhe… | |
| teilte Deutschlands größte Agrarorganisation mit. | |
| 13 May 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Landwirtschaft/!t5007831 | |
| [2] https://www.consilium.europa.eu/en/press/press-releases/2024/05/13/council-… | |
| [3] /Nabu-Chef-ueber-EU-Agrarpolitik/!5999780 | |
| [4] /Rollback-bei-EU-Agrarsubventionen/!6003674 | |
| ## AUTOREN | |
| Jost Maurin | |
| ## TAGS | |
| Landwirtschaft | |
| Artensterben | |
| Schwerpunkt Klimawandel | |
| Bauernprotest | |
| Cem Özdemir | |
| Landwirtschaft | |
| Insekten | |
| Kolumne Vor der Tür | |
| Landwirtschaft | |
| Cem Özdemir | |
| Landwirtschaft | |
| Landwirtschaft | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Agrar- und Umweltverbände bei EU-Forum: Vager Konsens für Landwirtschaft | |
| Umweltschützer und Bauernlobbyisten einigen sich auf mehr Naturschutz. Ob | |
| dieser allgemeine Kompromiss wirklich der Ökologie nützen wird, ist unklar. | |
| 16 Insektenarten als Lebensmittel: Singapur ändert Lebensmittelgesetz | |
| Die meisten Menschen kostet es noch viel Überwindung, Insekten zu | |
| verspeisen. Aber sie gelten als nachhaltige Proteinquelle und | |
| umweltschonend. | |
| Landwirtschaft in Irland: „Ein teures Hobby“ | |
| Für manchen Bauern an der irischen Westküste ist Landwirtschaft ein teures | |
| Hobby. Aber Traditionen wollen bewahrt werden – trotz hoher EU-Auflagen. | |
| Grundeinkommen für Kleinbauern: Was ihnen blüht | |
| Dem größten Blumenfest Österreichs setzen Klimakrise und Wandel in der | |
| Landwirtschaft zu. Hilft ein Grundeinkommen für Landwirte? | |
| Halb so viele Pestizide: Özdemirs vage Pläne | |
| Agrarminister Özdemir will weniger Gift auf Äckern. Umweltverbände halten | |
| die Maßnahmen für zu unkonkret. Auch die Landwirte sind nicht glücklich. | |
| EU und Ampel geben Bauernprotesten nach: Unnötiger Deal auf Kosten der Natur | |
| Die Politik schwächt wegen Treckerdemos den Umweltschutz, trotz Arten- und | |
| Klimakrise. Und obwohl die Bauern nur wenige Wählerstimmen haben. | |
| Rollback bei EU-Agrarsubventionen: Umweltschützer schockiert | |
| Greenpeace hält die Mehrheit im EU-Parlament für die Schwächung des | |
| Naturschutzes in der Landwirtschaft für „schockierend“. Der Bauernverband | |
| jubelt. |