# taz.de -- Weniger Umweltregeln bei Agrarsubvention: Deutschland sagt wohl nic… | |
> Die Regierung wird sich wahrscheinlich bei der EU-Abstimmung über den | |
> Stopp der „Pflichtbrache“ für Bauern enthalten. Damit rechnet Minister | |
> Özdemir. | |
Bild: Dauergrünland ist Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten und spei… | |
BERLIN taz | Deutschland wird im Rat der EU-Staaten laut | |
Landwirtschaftsminister Cem Özdemir wohl nicht gegen die [1][Abschaffung | |
wichtiger Umweltregeln für Agrarsubventionen] stimmen. Die letzten zwei | |
Jahre sei „nicht immer alles harmonisch“ in der Ampelregierung gewesen, „… | |
dass ich mir vorstellen könnte, dass wir unterschiedliche Vorstellungen in | |
dieser Frage haben“, sagte der Grünen-Politiker beim tazlab am Samstag in | |
Berlin. Wenn ein Koalitionspartner auf EU-Ebene in solchen Situationen | |
nicht mitmache, „dann gibt es die berühmte kraftvolle Enthaltung | |
Deutschlands.“ | |
Die EU-Staaten müssen demnächst darüber entscheiden, ob Empfänger der | |
wichtigsten Agrarsubventionen, der Direktzahlungen, [2][jetzt doch nicht | |
mindestens 4 Prozent ihrer Ackerfläche etwa für Brachen und | |
„Landschaftselemente“ wie Hecken oder Baumreihen reservieren müssen]. Das | |
Europäische Parlament hat bereits sein Okay gegeben und damit auch auf die | |
Bauernproteste der vergangenen Monate reagiert. | |
Dabei war die „Pflichtbrache“ für Naturschützer einer der wenigen | |
Fortschritte bei der vergangenen Reform der EU-Agrarsubventionen, die pro | |
Jahr rund 55 Milliarden Euro und etwa in Deutschland die Hälfte des | |
Einkommens des Durchschnittshofs betragen. Der Naturschutzbund | |
beispielsweise fordert, dass die Bundesregierung gegen die Aufhebung der | |
Pflichtbrache stimmt. Denn die [3][Landwirtschaft] trägt maßgeblich dazu | |
bei, dass immer mehr Pflanzen- und Tierarten aussterben. | |
Özdemir verteidigte die voraussichtliche Enthaltung der Regierung auch | |
damit, dass die anderen 26 EU-Länder zustimmen würden. Wenn er sich | |
enthalte oder mit Nein votiere, ändere das nichts. Umweltschützer | |
argumentieren dagegen, dass sich an Deutschland andere EU-Staaten | |
orientierten und so möglicherweise doch eine Sperrminorität zustande käme. | |
Die FDP hatte jedoch bereits im Februar „den generellen Verzicht auf die | |
Flächenstilllegung“ gefordert. | |
## Mehr Geld für Ökoregelungen statt für Direktzahlungen | |
Özdemir will die Debatte aber nun nutzen, um mit mehr EU-Agrarsubventionen | |
Leistungen von Bauern für die Umwelt zu honorieren. „Ich nehme einen | |
bestimmten Teil der Direktzahlungen, und das mache ich zum Beispiel in den | |
Dauergrünlandprämien. … oder ich mache Biotopvernetzung“, sagte der | |
Minister. So könnten Landwirte „attraktive Öko-Prämien“ dafür bekommen, | |
dass sie die Artenvielfalt fördern. Özdemir räumte ein, dass die Prämien | |
für neue Ökoregelungen erst einige Zeit nach dem Wegfall der Pflichtbrache | |
kommen würden. | |
Die Direktzahlungen werden vor allem pro Fläche ausgeschüttet, weitgehend | |
egal, wie umweltfreundlich darauf gewirtschaftet wird. Über die genaue | |
Verteilung entscheidet jeder Mitgliedstaat im Rahmen der EU-Verordnungen | |
für sich. Dauergrünland wie Acker und Weiden bietet Lebensraum für | |
besonders zahlreiche Pflanzen- sowie Tierarten und speichert viel | |
Treibhausgas. Diskutiert wird zum Beispiel, dass Bauern extra Geld | |
erhalten, wenn sie Grünland höchstens zwei mal pro Jahr mähen. | |
Die Landwirtschaft verursacht inklusive der Emissionen aus Böden und | |
Maschinen laut Umweltbundesamt 13 Prozent der deutschen Treibhausgase. | |
Sebastian Lakner, Agrarökonom der Universität Rostock, begrüßte, dass der | |
Minister mehr Direktzahlungsgeld für Öko-Regelungen nutzen will: „Das ist | |
eine Empfehlung der Wissenschaft, aus der Özdemir jetzt relativ spät | |
Konsequenzen zieht.“ Aber es bleibe abzuwarten, ob die neuen Prämien | |
genauso stark der Artenvielfalt dienen werden, wie es die Pflichtbrache | |
getan hätte. „Es kommt darauf an, dass die Anforderungen der einzelnen | |
Öko-Regelungen hoch genug sind, um einen ökologischen Mehrwert zu | |
erzielen“, sagte Lakner der taz. | |
28 Apr 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Nabu-Chef-ueber-EU-Agrarpolitik/!5999780 | |
[2] /Bundesregierung-gibt-Agrarlobby-nach/!5995472 | |
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## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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