# taz.de -- Repressionen in Belarus: Zwei Jahre Lager für einen Stream | |
> Ein Gericht in Minsk hat zwei Fernsehjournalistinnen verurteilt, weil sie | |
> gefilmt haben. Sie sollen angeblich die öffentliche Ordnung gestört | |
> haben. | |
Bild: Die Journalistinnen Katerina Bachwalowa (r.) und Daria Tschulzowa (l.) be… | |
BERLIN taz | Zwei Jahre Arbeitslager für einen Stream: So lautet das Urteil | |
gegen [1][die belarussischen Journalistinnen Katerina Bachwalowa und Daria | |
Tschulzowa]. Ein Gericht in der Hauptstadt Minsk befand die beiden | |
Mitarbeiterinnen des oppositionellen Fernsehkanals Belsat am Donnerstag für | |
schuldig, Massenaktionen organisiert und die öffentliche Ordnung gestört zu | |
haben. Zuvor hatten beide in einer letzten Stellungnahme die | |
Anschuldigungen gegen sie als politisch motiviert bezeichnet und ihre | |
eigene sowie die Freilassung aller politischen Gefangenen in Belarus | |
gefordert. | |
[2][Die oppositionelle ehemalige Präsidentschaftskandidatin Swetlana | |
Tichanowskaja] lobte die Stärke der Journalist*innen, die diese nach der | |
Urteilsverkündung gezeigt hätten. „Lukaschenko kann uns nicht brechen“, | |
schrieb Tichanowskaja am Donnerstag auf Twitter. Innenminister Igor Lutzki, | |
der am Donnerstag Termine bei einer Buchausstellung wahrnahm, kommentierte | |
das Urteil mit den Worten, irgendetwas müsse da wohl vorgefallen sein, aber | |
er sei ja kein Richter. Natürlich interessiere ihn das Schicksal von | |
Journalist*innen, wenn sie denn gesetzestreu handelten. | |
Bachwalowa und Tschulzowa waren am 15. November 2020 festgenommen worden. | |
An diesem Tag hatten sie mehrere Stunden lang in Minsk aus einer Wohnung | |
Ereignisse auf dem sogenannten Platz der Veränderungen gefilmt und | |
gestreamt. Dort hatten Anwohner*innen zum Gedenken an Roman Bondarenko | |
eine Installation errichtet. Der 31-Jährige war vier Tage zuvor von | |
maskierten Unbekannten überfallen und zusammengeschlagen worden. Einen Tag | |
später erlag er seinen Verletzungen. | |
Präsident Alexander Lukaschenko behauptete, Bondarenko sei betrunken | |
gewesen. Doch offensichtlich werden jetzt auch andere Szenarien für möglich | |
gehalten. Laut Berichten des unabhängigen belarussischen Nachrichtenportals | |
tut.by vom Donnerstag hat die Generalstaatsanwaltschaft ein Strafverfahren | |
eingeleitet, um die tatsächlichen Ursachen von Bondarenkos schweren | |
Kopfverletzungen zu klären. Auf den Aufnahmen von Bachwalowa und Tschulzowa | |
ist zu sehen, wie sich Menschen in dem Hof versammeln und Sicherheitskräfte | |
zahlreiche von ihnen festnehmen. Anschließend wird Bondarenkos Installation | |
zerstört. | |
## Ungebetener Besuch | |
Anfang dieser Woche wurden die Wohnungen von mehr als zwei Dutzend | |
Journalist*innen durchsucht. Ungebetenen Besuch bekam auch der | |
Vizepräsident des unabhängigen belarussischen Journalistenverbandes | |
(Basch), Boris Haretski. Die Razzien, sagte dieser gegenüber Radio Free | |
Europe, seien der härteste Schlag gegen Medienmacher*innen und | |
Menschenrechtsverteidiger*innen, den es in Europa bislang gegeben habe. | |
Insgesamt seien allein in den vergangenen sechs Monaten mehr als 400 | |
Journalist*innen festgenommen worden. Die Behörden machten keine | |
Anstalten, das Vorgehen zu stoppen. | |
Im Gegenteil: An diesem Freitag steht mit Katerina Borisewitsch eine | |
weitere Journalistin vor Gericht. Sie arbeitet für das Portal tut.by und | |
ist seit dem 19. November 2020 in Haft. Auch in ihrem Fall geht es um Roman | |
Bondarenko. So wird ihr unter anderem vorgeworfen, in ihren Berichten über | |
den Fall das Arztgeheimnis verletzt zu haben. Darauf steht in Belarus eine | |
mehrjährige Freiheitsstrafe. | |
„Wir sind von dem jüngsten Urteil geschockt“, sagte eine unabhängige | |
belarussische Journalistin, die namentlich nicht genannt werden will, der | |
taz am Donnerstag. „Uns ist klar, dass wir jederzeit im Knast landen | |
können. Und das nur, weil wir unsere Arbeit machen.“ | |
18 Feb 2021 | |
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## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
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