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# taz.de -- Reformierung der BBC: Kritisches unerwünscht
> Boris Johnsons Regierung beginnt damit, die BBC zu schwächen. Auch die
> Rundfunkgebühr soll wohl abgeschafft werden.
Bild: Zentrale der BBC in London
Die schönste Geschichte im Zusammenhang [1][mit der BBC] hat sich leider
schon wieder erledigt: Nein, Elisabeth Murdoch wird nicht neue Chefin des
ältesten öffentlich-rechtlichen Rundfunks der Welt. Eine knappe Woche hatte
dieses Gerücht das britische Medienestablishment und die Wettbüros in Atem
gehalten. Doch dann winkte die Tochter von Medienmogul Rupert Murdoch, die
selbst erfolgreiche TV-Unternehmerin ist, ab.
Dabei hätte ein BBC Director General namens Murdoch Großbritanniens
Premierminister Boris Johnson vermutlich sehr glücklich gemacht.
Schließlich trommeln Papas Zeitungen Sun und Times verlässlich für seinen
Kurs.
Seit Johnson vergangenen Donnerstag sein Kabinett durcheinandergewirbelt
und zahlreiche kompetente Minister*nnen gegen harmlos-loyale Busenfreunde
ausgetauscht hat, ist zumindest klar, wer auf Regierungsseite künftig für
die BBC zuständig ist. Der neue Kultur- und Medienminister heißt Oliver
Dowden und kommt direkt aus dem Johnson unterstehenden Cabinet Office.
Zunächst war sogar spekuliert worden, das gesamte Department for Culture,
Media and Sports (DCMS) könne abgewickelt und der Medienbereich direkt dem
Cabinet Office unterstellt werden.
Nun ist es zumindest so ähnlich gekommen. Johnsons Medienpolitik macht
dabei ohnehin dessen Super-Berater Dominic Cummings. Zu sagen, dass
Cummings die BBC hasst, [2][wäre nur eine leichte Übertreibung]. Er verfügt
jedenfalls schon mal, dass Minister*nnen nicht in bestimmten BBC-Programmen
auftreten, und schließt unliebsame Parlamentsjournalist*nnen von
Regierungsbriefings aus.
## Ordnungswidrigkeit statt Straftat
Dowden darf nun also in den nächsten Jahren eine „Reform“ der BBC nach
Johnson-Cumming’schen Gnaden durchexerzieren. In zwei Jahren steht die
„Mid-Term Review“ an, bei der es vor allem um die Höhe der Rundfunkgebühr
ab 2022 geht. Bis dahin ist diese an den Verbraucherindex gekoppelt. 2027
folgt dann die nächste „Royal Charter“, die wie bei uns der
Rundfunkstaatsvertrag die Grundlage für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk
bildet. Wohin die Reise geht, ist aber schon heute klar: Anfang April will
die Regierung entscheiden, ob man mit Gebührenverweigerern laxer umgeht.
Bislang begeht, wer nicht bezahlt, eine Straftat. Erklärtes Ziel der
Regierung ist, daraus bloß eine Ordnungswidrigkeit zu machen. Prinzipiell
wäre gegen so eine Entkriminalisierung nichts zu sagen. Allerdings geht es
Johnson & Co nur darum, die BBC zu schwächen. Die hält die Drohung mit dem
Knast als Abschreckung nämlich weiterhin für dringend geboten.
Außerdem wird Dowden die Regierungslinie bei der Suche nach der neuen
BBC-Chefin beziehungsweise dem neuen BBC-Chef durchsetzen. Anders als in
Deutschland hat die Regierung hier eine Menge zu melden. Und Johnson soll
gar nicht begeistert sein, dass der bisherige Director General Tony Hall
schon diesen Sommer seinen Posten räumt. Denn damit ist der nicht eben auf
Johnson-Kurs liegende Vorsitzende des BBC-Aufsichtsgremiums BBC Board,
David Clementi, nochmal der andere entscheidende König*nnenmacher.
Clementis Amtszeit endet nächstes Jahr, Halls Vertrag wäre noch bis 2022
gelaufen.
## Finanzierung wie bei Netflix?
Welche Position Dowden persönlich zur BBC vertritt, ist schwer auszumachen.
Auf seiner Abgeordnetenhomepage spielte sein neuer Aufgabenbereich bisher
kaum eine Rolle. Dowden ist eigentlich Jurist, hat an der Eliteuniversität
Cambridge studiert und gilt als glänzender Stratege. Außer einem Abstecher
zu einer großen Beratungsagentur hat der 41-Jährige seine ganze Karriere in
der konservativen Partei verbracht.
Einen Bezug zur BBC hat Dowden immerhin: In seinem Wahlkreis Hertsmere
nordwestlich von London liegt Elstree, wo die BBC einen großen
Studiokomplex unterhält. Produziert wird hier vor allem Unterhaltung, unter
anderem die Soap „East Enders“. Dowden hat sich da zwar mal als Fan
geoutet. Ende 2019 feierte er aber deutlich prominenter auf Twitter, dass
auch Murdochs Bezahlsender Sky gerade ein Studio in Elstree baut.
Schon Dowdens Vorgängerin Nicky Morgan hatte durchblicken lassen, dass sie
[3][einer künftigen Finanzierung der BBC nach dem Vorbild von Abo-Modellen]
wie bei Sky oder Netflix positiv gegenübersteht. [4][Nach dem Bericht einer
großen Londoner Zeitung] soll das mittlerweile beschlossene Sache sein,
außerdem solle die BBC zahlreiche ihrer aktuell über 60 Radiostationen
dichtmachen. Bei dem Blatt handelt es sich übrigens um die altehrwürdige
Times. Besitzer: Rupert Murdoch.
17 Feb 2020
## LINKS
[1] /BBC-Direktor-Tony-Hall-tritt-zurueck/!5655754
[2] /Nach-der-Wahl-in-Grossbritannien/!5647652
[3] /Plan-fuer-Abo-Modell-bei-BBC/!5637222
[4] https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-02/boris-johnson-bbc-rundfunkgebue…
## AUTOREN
Steffen Grimberg
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