# taz.de -- Britische Medien empört: Boris Johnsons Gängelei | |
> Großbritanniens Premier schloss einige Journalisten von einem | |
> Hintergrundbriefing aus. Aus Protest boykottierten alle Medien den | |
> Termin. | |
Bild: Die Rache: Unvorteilhafte Fotos von Chefberater Dominic Cummings in Downi… | |
LONDON taz | Wie kleine Kinder im Schulhof – so beschrieb | |
Politikredakteurin Pippa Crear vom linken Daily Mirror die Szene in Downing | |
Street, dem Amtssitz des britischen Premierministers, am Montag: Die einen | |
auf die eine Seite des roten Teppichs geordert, die anderen auf die | |
gegenüberliegende, mit dieser Selektion hatte sich Pressechef Lee Cain | |
erlaubt, sich unter den britischen Parlamentskorrespondent*Innen nur die | |
Erwünschten auszusuchen. | |
Es ging um einen Pressehintergrund über [1][Großbritanniens | |
Handelsvorstellungen] mit David Forst, dem britischen | |
EU-Verhandlungsführer. „Es tut mir leid, nur jene mit Einladung dürfen | |
reinkommen, die anderen müssen gehen“, so die Worte Cains. Abgewiesen | |
wurden kleinere kritische Medien wie Independent oder Huffington Post, aber | |
auch die Times und der Daily Mirror. | |
Normalerweise dürfen zu den „Lobby Briefings“ der Regierung alle | |
Journalist*innen dazustoßen, die wollen, so war es bisher Brauch in | |
Westminster. Nun sagte Cain: „Wir können briefen, wen und wann wir wollen.“ | |
Auch die Journalist*innen hatten am Montag eine Antwort. Sie verließen | |
Downing Street geschlossen, egal ob eingeladen oder nicht, und ließen Cain | |
und Frost alleine stehen. Selbst die Kolleg*Innen regierungstreuer Medien | |
wie Daily Mail und Daily Telegraph gingen. Ein Akt der Solidarität und des | |
Protests. | |
## Lange Liste von Kontrollversuchen | |
Die Brüskierung vom Montag war nur das neueste Kapitel in einer langen | |
Liste von Kontrollversuchen aus dem engsten Regierungskreis. Dieser steht | |
unter Boris Johnson unter dem Diktat seines Chefberaters [2][Dominic | |
Cummings]. Zu Jahresanfang hatte er die Hintergrundgespräche der Regierung, | |
die normalerweise im Parlamentsgebäude stattfinden, nach Downing Street | |
verlagert, wo der Zugang besser eingeschränkt werden kann. Zahlreiche | |
Medien beschwerten sich darüber. | |
Vergangene Woche wurde der Daily Mirror von einem Informationsevent | |
ausgeschlossen. Eine Beschwerde an Kabinettsdirektor Mark Sedwill ist bis | |
heute unbeantwortet. | |
Johnson Kabinettsminister unterliegen seit Neustem strikten Verboten, in | |
bestimmten Live-Programmen zu erscheinen, von der tiefgründigen | |
Nachrichtensendung „Today“ bei BBC Radio 4 bis zur quasseligen | |
ITV-Morgenshow „Good Morning Britain“. Der eher linke Privatsender Channel | |
4 wird komplett boykottiert. Die Ansprache Johnsons an die Nation zum | |
Brexit am 31. Januar wurde von seinem Pressestab aufgezeichnet und | |
verbreitet, nicht wie sonst von den großen Sendern BBC und ITV. | |
## Spione in der Mittagspause | |
Darüber hinaus soll ein Verbot für Regierungsmitglieder bestehen, sich mit | |
Reporter*Innen informell zu treffen. Berichten zufolge hat Cummings ein | |
„Netzwerk von Spionen“ aufgestellt, das Regierungsberater in den | |
Mittagspausen überwachen soll. | |
Wer sich die Presse zum Feind macht, muss sich nicht darüber wundern, was | |
am nächsten Tag in den Medien steht. Viele Zeitungen berichteten am | |
Dienstag über den Streit vom Montag auf den Titelseiten. Altgediente | |
Kolumnisten schrieben, das habe es seit Jahrzehnten nicht gegeben. Am | |
Dienstag war beim täglichen Hintergrundbriefing zunächst wieder alles beim | |
Alten. | |
4 Feb 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Nach-dem-Brexit/!5657911/ | |
[2] /Machtuebergabe-in-Grossbritannien/!5608591/ | |
## AUTOREN | |
Daniel Zylbersztajn | |
## TAGS | |
Großbritannien | |
Boris Johnson | |
Dominic Cummings | |
Kolumne Flimmern und Rauschen | |
BBC | |
Schwerpunkt Brexit | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Schwerpunkt Brexit | |
BBC | |
Schwerpunkt Brexit | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
„Daily Telegraph“ vor Verkauf: Zoff um Johnsons Hausblatt | |
Das erzkonservative Blatt steckt in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Die | |
adligen Eigentümer sind zerstritten. | |
Reformierung der BBC: Kritisches unerwünscht | |
Boris Johnsons Regierung beginnt damit, die BBC zu schwächen. Auch die | |
Rundfunkgebühr soll wohl abgeschafft werden. | |
Kabinettsumbildung nach dem Brexit: Johnson wirft Aufmüpfige raus | |
Finanzminister Javid wird geschasst, Nachfolger wird der aalglatte | |
Brexit-Loyalist Sunak. Auch Nordirlandminister Smith muss gehen. | |
Briten als Gastgeber der COP26: Johnson vermasselt Glasgow | |
Die Vorbereitungen für die nächste UN-Klimakonferenz sind chaotisch. Die | |
britischen Gastgeber fechten erstmal interne Kämpfe aus. | |
Nach dem Brexit: Barnier und Johnson im Fernduell | |
Brüssel will die britische Einhaltung von EU-Regeln als Preis für ein | |
Handelsabkommen. London will Freihandel ohne Bedingungen. | |
BBC-Direktor Tony Hall tritt zurück: Tony, Boris und die BBC | |
BBC-Chef Tony Hall tritt zurück. Aus strategischen Gründen, der britischen | |
Rundfunkanstalt stehen Verhandlungen mit der Regierung Johnson bevor. | |
Nach der Wahl in Großbritannien: Die BBC zwischen den Fronten | |
Die Konservativen wollen die BBC zum Teil boykottieren – und die Labour | |
Party ist sauer auf den Sender, weil sie die Wahl verloren hat. |