# taz.de -- Briten als Gastgeber der COP26: Johnson vermasselt Glasgow | |
> Die Vorbereitungen für die nächste UN-Klimakonferenz sind chaotisch. Die | |
> britischen Gastgeber fechten erstmal interne Kämpfe aus. | |
Bild: Yes, he can? Boris Johnson zum Start der COP26 im Gespräch mit Naturfilm… | |
CHIANG MAI taz | „Wir sind bereit für das großartige, mehrdimensionale | |
Schachspiel, bei dem wir mehrere Verhandlungen gleichzeitig führen“, sagte | |
der britische Premierminister Boris Johnson Anfang der Woche. Gemeint sind | |
die Verhandlungen über Handelsabkommen mit der EU und den USA sowie die | |
UN-Klimakonferenz im November im schottischen Glasgow. | |
Diese Konferenz gilt als die wichtigste seit Paris vor fünf Jahren, denn in | |
Glasgow wird sich zeigen, ob das Paris-Abkommen so funktioniert wie | |
geplant: Es sieht vor, dass die Länder alle fünf Jahre neue und vor allem | |
ehrgeizigere Klimapläne vorlegen. | |
Doch ob insbesondere die großen Staaten das tun werden, sei nicht sicher, | |
sagt Nick Mabey von E3G, einem britischen Thinktank: „Ein Misserfolg ist | |
wirklich auf der Agenda in Glasgow. Wenn Glasgow scheitert, dann scheitert | |
das Paris-Regime und wir verlieren weitere fünf bis zehn Jahre, um ein | |
neues Regime aufzubauen.“ Eine Voraussetzung, um das zu verhindern, ist | |
eine gute Vorbereitung der Konferenz. Doch es bestehen Zweifel, dass die | |
britische Regierung dem die nötige Priorität einräumt. | |
Am Freitag entließ Johnson die Präsidentin der Konferenz, die frühere | |
Klima- und Energieministerin Claire O’Neill. Diese sparte anschließend | |
nicht mit Kritik: Johnson habe versprochen, die Konferenzvorbereitung | |
anzuführen, doch das britische Klimakabinett habe bislang kein einziges Mal | |
getagt – mit fatalen Folgen: „Zu diesem Zeitpunkt sollten wir klare | |
Vorgaben für unser diplomatisches Netzwerk, einen Plan für das | |
internationale Engagement von Ministern, angeführt von Ihnen, und einen | |
Fahrplan für das Klima-Aktionsjahr haben. Bis letzten Freitag hatten wir | |
das nicht.“ Im Gegenteil: „Ohne Ihre versprochene Führung fechten die | |
verschiedenen Behörden interne Kämpfe aus, wer für die Klimakonferenz | |
verantwortlich ist.“ | |
## Bloß weit weg von Schottlands Ministerpräsidentin | |
Am Dienstag lancierte Johnson dann offiziell den Beginn der | |
Konferenzvorbereitung. Einen Nachfolger für O’Neill oder einen konkreten | |
Plan konnte er dabei aber nicht vorstellen. Johnson appellierte einzig an | |
die Länder der Welt, dem britischen Vorbild zu folgen und ebenfalls | |
Netto-Null-Emissionen anzustreben. Außerdem kündigte er an, dass der | |
Verkauf von Autos mit Verbrennungsmotoren schon ab dem Jahr 2035 und nicht | |
erst ab dem Jahr 2040 verboten wird. | |
Johnson sagte hingegen nichts zum Ort der Konferenz und zu deren Budget. | |
[1][Gemäß O’Neills Brief erwägt Johnson, die Konferenz von Schottland nach | |
England zu verlegen]. Johnson sagte auf einer Konferenz seiner | |
konservativen Partei, er wolle die schottische Ministerpräsidentin Nicola | |
Sturgeon „nirgends in der Nähe“ der Konferenz haben. Zudem explodieren | |
offensichtlich die Kosten: Die BBC berichtet, das ursprüngliche Budget habe | |
250 Millionen Pfund betragen, mittlerweile würden die Kosten aber auf 450 | |
Millionen Pfund geschätzt. Dabei handelt es sich bei der Klimakonferenz | |
tatsächlich um ein mehrdimensionales Schachspiel. | |
## Erfolg nur mit EU und China | |
Ob die Konferenz ein Erfolg wird, entscheidet nicht zuletzt der | |
EU-China-Gipfel im September in Leipzig. Die Hoffnung ist, dass China dort | |
sein neues Klimaziel bekannt gibt. Dafür gilt als Voraussetzung, dass die | |
EU schon vorab nicht nur Klimaneutralität bis 2050 verspricht, sondern auch | |
ein ehrgeizigeres Klimaziel für das Jahr 2030 verabschiedet. Daher müsste | |
Johnson mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Chinas | |
Präsident Xi Jinping in engem Kontakt stehen. | |
Dabei kommt es allerdings auch auf die persönliche Integrität an, die | |
O’Neill in einem BBC-Interview anzweifelt: „Mein Rat an alle, denen Boris | |
etwas verspricht, seien es Wähler, die Führer der Welt, Minister, | |
Angestellte oder sogar Familienmitglieder, lautet: Lasst es euch | |
schriftlich geben und von einem Anwalt prüfen und stellt sicher, dass das | |
Geld auf der Bank ist.“ | |
6 Feb 2020 | |
## LINKS | |
[1] http://prod-upp-image-read.ft.com/9267af30-46c1-11ea-aeb3-955839e06441 | |
## AUTOREN | |
Christian Mihatsch | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
UN-Klimakonferenz | |
Schwerpunkt Brexit | |
Boris Johnson | |
Schwerpunkt Fridays For Future | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Großbritannien | |
Schwerpunkt Brexit | |
Schwerpunkt Brexit | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
EU-Umweltagentur schlägt Alarm: Warnung vor Folgen der Klimakrise | |
Mehr Hochwasser, Dürren und Brände gibt es auf jeden Fall. Die | |
EU-Umweltbehörde fordert schnelle Maßnahmen gegen die Folgen der | |
Erderhitzung. | |
Finnland will 2035 klimaneutral sein: Finnische Kohle heißt Torf | |
Helsinki plant bis 2035 Klimaneutralität. Dabei soll auch Atomstrom helfen. | |
Womöglich noch strittiger ist der klimaschädigende Torfabbau. | |
Britische Medien empört: Boris Johnsons Gängelei | |
Großbritanniens Premier schloss einige Journalisten von einem | |
Hintergrundbriefing aus. Aus Protest boykottierten alle Medien den Termin. | |
Nach dem Brexit: Barnier und Johnson im Fernduell | |
Brüssel will die britische Einhaltung von EU-Regeln als Preis für ein | |
Handelsabkommen. London will Freihandel ohne Bedingungen. | |
Einfluss auf Klimapolitik durch Brexit: Klima-Champion verlässt die EU | |
Großbritannien war EU-Vorbild beim Kampf gegen die Erderhitzung. Der Brexit | |
macht es jetzt für alle schwieriger, die Klimaziele zu erreichen. |