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# taz.de -- Rechtsgutachten zu Tierschutz: Kuhhaltung oft illegal
> Milchvieh leide häufig so stark, dass das Tierschutzrecht verletzt wird,
> kritisiert ein Greenpeace-Gutachten. Agrarminister Özdemir müsse
> einschreiten.
Bild: Von solchen Zuständen können Milchkühe nur träumen. Die meisten müss…
Berlin taz | Die Haltung von Milchkühen in Deutschland verstößt laut einem
[1][Rechtsgutachten] im Auftrag von Greenpeace oft gegen das
Tierschutzgesetz. „Deutschland braucht dringend eine klare
Rechtsvorschrift, wie die Millionen Milchkühe hier gehalten werden dürfen“,
sagte Martin Hofstetter, Agraringenieur der Umweltorganisation, am Montag.
„Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir muss dazu einen Vorschlag für
nationale Mindestvorgaben vorlegen. Milchkühe ganzjährig anzubinden und die
Hornanlagen bei Kälbern ohne Schmerz- und Betäubungsmittel auszubrennen
gehört umgehend verboten“, forderte der Umweltschützer. Bislang fehlten
Regeln speziell für Rinder.
In Deutschland werden [2][laut Bundesagrarministerium] rund 3,8 Millionen
Milchkühe gehalten. Die Branche ist demnach mit einem Anteil von 18 Prozent
am Produktionswert der wichtigste Zweig der deutschen Landwirtschaft. Jeder
Mensch in Deutschland verbraucht den Angaben zufolge im Schnitt ungefähr
einen Liter Milch pro Tag in Form von beispielsweise Trinkmilch, Käse oder
Butter. Dabei steht die Rinderhaltung für [3][einen Großteil] der rund 13
Prozent des Treibhausgasausstoßes in Deutschland (inklusive der Emissionen
aus Agrarböden und landwirtschaftlichem Verkehr), den die Bauern
verursachen.
Zudem sind die Haltungsbedingungen der Kühe Greenpeace zufolge oft
„schmerz- und leidvoll“. Das halten die drei JuristInnen, die das Gutachten
verfasst haben, für Verstöße etwa gegen [4][Paragraf 2 des
Tierschutzgesetzes]. Diese Vorschrift verlangt, Tiere artgerecht zu halten
und die Möglichkeit zu artgemäßer Bewegung „nicht so einzuschränken, dass
ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden“.
Doch die Wirklichkeit sieht häufig anders aus: „Viele Tiere müssen das
ganze Jahr im Stall stehen, werden dort zum Teil über Monate fixiert oder
sind in zu engen Laufställen ohne Auslauf und Weidegang untergebracht“,
beklagte Greenpeace. Zwar hätten viele VerbraucherInnen ein idyllisches
Bild der Milchproduktion. In Wirklichkeit würden aber nach amtlichen
Angaben nur noch knapp ein Drittel der Milchkühe im Sommer auf die Weide
kommen, 10 Prozent würden im Stall am Hals fixiert.
Weil die Kühe zu stark auf maximale Milchleistung gezüchtet würden, nehme
die Gesundheit der Tiere Schaden, teilte Greenpeace mit. Sie litten häufig
unter Stoffwechselstörungen, Unfruchtbarkeit, Euterentzündungen und
Klauenkrankheiten. „Anstatt die Ursache der Krankheiten, die
leistungsbedingte Überforderung der Tiere zu bekämpfen, wird versucht, die
Krankheiten mit Infusionen, Antibiotika und Hormonen klein zu halten.“
Dennoch würden Milchkühe in Deutschland nur 4 bis 5 Jahre alt, obwohl die
natürliche Lebenserwartung dieser Tierart bei 15 bis 20 Jahren liege.
Studien in den USA hätten gezeigt, dass die „Abgänge“ von Milchkühen vor
allem durch Krankheiten verursacht würden, sagte Holger Martens,
emeritierter Professor am Institut für Veterinär-Physiologie der Freien
Universität Berlin.
Die [5][„produktionsbedingten Krankheiten“] würden meist dann auftreten,
wenn die Kühe das erste Mal Milch geben, so Martens weiter. Das zeige, dass
die Tiere durch die hohe Milchleistung überfordert würden. Davina Bruhn,
Rechtsanwältin und Co-Autorin des Gutachtens, kritisierte, „dass dies bei
Hochleistungskühen qualzüchterische Ausmaße annimmt“. Deshalb seien
konkrete Regelungen nötig, „wann bei Milchkühen von Qualzucht im Sinne des
Tierschutzgesetzes auszugehen ist“. Der Gesetzgeber müsse dem Staatsziel
Tierschutz aus dem Grundgesetz gerecht werden.
Die Ampelkoalition habe zwar versprochen, Lücken in der
Nutztierhaltungsverordnung zu schließen, sagte Hofstetter. „Aber wir
befinden uns jetzt in der Mitte der Legislatur, und es ist nicht viel
passiert.“ Die angekündigte Frist von zehn Jahren bis zum Ende der
Anbindehaltung sei zu lang.
Der [6][Deutsche Bauernverband] dagegen lehnt ein Verbot der ganzjährigen
Anbindehaltung ab, weil dann gerade kleinere Höfe aus der Milchproduktion
aussteigen müssten. Generalsekretär Bernhard Krüsken teilte der taz mit:
„Das sogenannte Gutachten ist eine Zusammenstellung von allgemeinen
Vorwürfen und Gemeinplätzen und bringt die Diskussion nicht wirklich
weiter.“
Özdemirs Ministerium erklärte, es erarbeite „spezifische
Haltungsanforderungen“. Zudem werde es sich weiter dafür einsetzen, dass
konkrete Regeln für das Halten von Milchkühen und anderen Rindern auch ins
europäische Tierschutzrecht aufgenommen werden, schrieb eine Sprecherin des
Grünen-Politikers der taz. „Der Ausstieg aus der Anbindehaltung muss
verhältnismäßig für alle Beteiligten gestaltet werden.“
3 Apr 2023
## LINKS
[1] https://www.greenpeace.de/publikationen/Rechtsgutachten%20Milchkuhhaltung.p…
[2] https://www.bmel-statistik.de/landwirtschaft/tierhaltung/rinderhaltung
[3] https://nutztierhaltung.de/rind/milch/management/milchviehhaltung-und-klima…
[4] https://www.gesetze-im-internet.de/tierschg/__2.html
[5] /Groesste-Studie-zu-Milchvieh-Gesundheit/!5735419
[6] https://www.bauernverband.de/faktencheck/haltung-von-milchkuehen
## AUTOREN
Jost Maurin
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