# taz.de -- Rechte Regierung in Schweden: Kein eigenes Umweltministerium | |
> Ulf Kristerssons neue Regierung grenzt sich deutlich von ihrer | |
> Vorgängerin ab. Sie hat das Umweltministerium in das für Wirtschaft | |
> eingegliedert. | |
Bild: Alter König, neue Regierungsmitglieder im Schloß in Stockholm | |
BERLIN taz | Die „feministische Außenpolitik“ Schwedens ist Geschichte – | |
genauso wie ein eigenständiges Umweltministerium, das nach 35 Jahren jetzt | |
Teil des Wirtschaftsministeriums ist. Nachdem der konservative | |
Ministerpräsident Ulf Kristersson von den Moderaten am Dienstag dem | |
Parlament sein Kabinett präsentiert hatte, stellte die neue | |
Minderheitenregierung klar, was sie von ihren sozialdemokratischen | |
Vorgängern unterscheidet. | |
Der Ministerpräsident benannte vor dem Parlament Schwedens große Probleme: | |
die Bandenkriminalität und die Energiekrise. Im Kampf gegen ersteres sollen | |
Aufenthaltstitel zukünftig leichter aberkannt werden können. Hinsichtlich | |
der Ukraine und des Nato-Beitritts will die Regierung aber die bisherige | |
Politik fortsetzen. | |
Damit hatten die drei jetzt koalierenden Parteien der konservativen | |
Moderaten, Christdemokraten und Liberalen bereits im Wahlkampf um Stimmen | |
geworben. Letztlich brauchten sie aber die Unterstützung der rechtsextremen | |
Schwedendemokraten, für die Wahl [1][Ulf Kristerssons] zum | |
Ministerpräsidenten. | |
Eigentlich hatten die Schwedendemokraten bei der Wahl die zweitmeisten | |
Stimmen geholt. Aber mit der 1988 unter anderem von Nazis gegründeten | |
Partei wollte keine andere in die Regierung gehen. Auch Kristerssons | |
jetzige Koalition wollte das nicht. Stattdessen bildeten sie | |
Minderheitenregierung. | |
## Keine „feministische Außenpolitik“ mehr | |
In Schweden ist das zwar nichts Neues. Bisher mieden aber alle die | |
Schwedendemokraten. Kristersson ist hingegen auf sie angewiesen. Am | |
[2][Montag wurde er im Reichstag mit 176 zu 173 Stimmen] gewählt. Die | |
Schwedendemokraten dürften auf die Regierung einen großen Einfluss ausüben, | |
meinen Beobachter*innen. | |
13 der 24 Kabinettsmitglieder stammen aus Kristerssons Partei, 6 gehören | |
den Christdemokraten und 5 den Liberalen an. Vize-Ministerpräsidentin sowie | |
Energie- und Wirtschaftsministerin ist Ebba Busch, die Parteichefin der | |
Christdemokraten. Der Vorsitzende der Liberalen, Johan Pehrson, besetzt das | |
Arbeits- und Migrationsministerium. | |
Für eine Überraschung in Schweden sorgte die Ernennung von Tobias Billström | |
(Moderate) zum Außenminister. Der 48-Jährige sitzt seit 2002 im Reichstag | |
und war bereits von 2006 bis 2014 Minister für Migration. | |
Billström ist für seinen rauen Ton bekannt. Damals empfanden manche seine | |
Äußerungen über das Aussehen von Migrant*innen als rassistisch, wie die | |
schwedische Zeitung Dagens Nyheter berichtet. Zudem war er als offen | |
Bisexueller im Vorstand einer Gewerkschaft für LGBTQ-Personen. | |
Jetzt hat Billström veranlasst, den [3][Begriff „feministische | |
Außenpolitik“ in der schwedischen Regierungspolitik zu] streichen. Die | |
Gleichstellung der Geschlechter bleibe aber ein grundlegender Wert der | |
Regierung, versicherte er der Nachrichtenagentur TT. | |
Die Grünen kritisierten, dass das Umweltministerium in das | |
Wirtschaftsministerium eingegliedert wurde. Das zeige, twitterte | |
Grünen-Chef Per Bolund, wie „diese Regierung Umwelt und Klima einschätzt“. | |
Trotzdem benannte Kristersson eine Umweltministerin: die 26-jährige Romina | |
Pourmokhtari (Liberale). In Schweden braucht sie kein eigenständiges | |
Ministerium für diesen Titel zu führen. | |
Sie ist die jüngste Ministerin, die das Land bisher hatte. Allerdings | |
engagierte sich die junge Liberale sonst eher in der Bildungs- und der | |
Integrationspolitik. Die Grünen befürchten aber, wenn sie unter | |
Wirtschaftsministerin Ebba Busch arbeitet, sei mit weniger Geld für | |
Klimapolitik zu rechnen. | |
Brigitta Dahl (Sozialdemokraten), die 1987 erste ausschließliche | |
Umweltministerin Schwedens wurde, sagte gegenüber dem Svenska Dagebladet, | |
es sei furchtbar, dass das Wirtschaftsministerium nun über dem | |
Umweltministerium stehe. | |
19 Oct 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Ulf-Kristersson/!t5658517 | |
[2] /Ministerpraesident-in-Schweden-gewaehlt/!5888405 | |
[3] /Schwedens-feministische-Aussenpolitik/!5885566 | |
## AUTOREN | |
David Muschenich | |
## TAGS | |
Schweden | |
Schwedendemokraten | |
Ulf Kristersson | |
Feminismus | |
Schweden | |
Tierschutz | |
Schwerpunkt Atomkraft | |
Schweden | |
Schweden | |
Ulf Kristersson | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Schwedens Kehrtwende bei Atomenergie: Nichts als Augenwischerei | |
Die Ankündigung von Schwedens Regierung, neue AKWs zu bauen, muss man nicht | |
ernst nehmen. Aktuell findet sich niemand, der ein Interesse daran hätte. | |
Wolfsjagd in Schweden: Frei zum Abschuss | |
In diesem Jahr dürfen in Schweden so viele Wölfe erlegt werden wie noch | |
nie. Bereits in den ersten Tagen von 2023 starben 33 Raubtiere. | |
Pläne des baldigen Staatskonzerns: Uniper plant AKW in Schweden | |
Eine Tochter des baldigen deutschen Staatskonzerns kündigt den Bau eines | |
neuen Meilers an. Die blau-braune Regierung in Stockholm ist begeistert. | |
Schwedens feministische Außenpolitik: Nein heißt tatsächlich Nein | |
Schwedens rechtsbürgerliche Regierung kippt die feministische Außenpolitik. | |
Wird etwas nicht mehr benannt, verschwindet es auch in der Realität. | |
Neue schwedische Mitte-rechts-Regierung: Kein orbanesker Regimewechsel | |
Kristersson braucht die Rückendeckung der Rechtspopulisten. Was er er ihnen | |
im Gegenzug anzubieten hat, steht auf einem anderen Blatt. | |
Parlamentswahl in Schweden: Pragmatiker oder Opportunist? | |
Der konservative Ulf Kristersson will sich mit den Stimmen der rechten | |
Schwedendemokraten zum neuen Regierungschef Schwedens krönen lassen. |