# taz.de -- Rechte Hetze gegen Graffiti-Ausstellung: Gute Christen lernen kein … | |
> Ein Streetart-Gemälde am Goethe-Institut im brasilianischen Porto Alegre | |
> erhitzt die Gemüter. Religiöse Eiferer sehen sich verfolgt. | |
Bild: In Wien sind Jesus-Graffiti kein Problem | |
RIO DE JANEIRO taz | Religiöser Groll macht dem Goethe-Institut im | |
südbrasilianischen Porto Alegre zu schaffen. Statt Künstlern seien dort | |
„Satanisten“ am Werk. Sie sollten ihre „Ideologie der Hölle“ weit weg,… | |
nicht in Brasilien verbreiten, ist im Netz zu lesen. Jede Menge Hasstiraden | |
per Facebook und die Warnung, dass gute Christen beim Goethe-Institut nicht | |
mehr Deutsch lernen wollen. | |
Der Anlass für diese Kampagne wurde bereits Anfang Mai unkenntlich gemacht. | |
Ein Graffito auf der Außenmauer des deutschen Kulturinstituts wurde | |
übertüncht und kommentiert: „Er ist auferstanden“. Nach Meinung der | |
religiösen Eiferer war es ein Abbild von Jesus, das der Graffiti-Künstler | |
Rafael Augustaitiz an die Wand gepinselt hatte. | |
Zu sehen war nur ein abgeschnittener Kopf, der waagerecht auf einem Teller | |
liegt. Augustaitiz ist für seine provokativen Arbeiten mit religiösen | |
Symbolen bekannt, er will damit „spirituelle Versklavung“ und Puritanismus | |
thematisieren. „Solche Darstellungen eines abgeschnittenen Kopfes kommen in | |
der westlichen Kunstgeschichte hundertfach vor“, sagt Marina Ludemann, | |
Leiterin des Instituts in Porto Alegre. | |
Das Graffito ist Teil einer Ausstellung, mit der das Goethe-Institut just | |
in die Debatte über Kunst oder Vandalismus eingreifen will. Bei | |
„Pixo/Graffiti: Parallele Realitäten“ geht es um Streetart und die Frage, | |
ob solche ästhetischen Interventionen den öffentlichen Raum verunstalten. | |
Letzteres meint beispielsweise der Bürgermeister von São Paulo, João Doria, | |
der gleich nach seinem Amtsantritt Anfang 2017 ungezählte Graffiti in der | |
Stadt mit grauer Farbe überstreichen ließ. | |
Die Hetze geht von radikalen Katholiken aus | |
Die Ausstellung, die neben den Sprüharbeiten von Augustaitiz auch gesprayte | |
Traumwelten des Künstlers Amaro Abreu zeigt, ist seit März zu sehen. Erst | |
ein [1][Video] auf YouTube löste jetzt den Shitstorm aus. Das Graffito wird | |
darin als Verfolgung von Christen bezeichnet und mit Bildern aus dem Nahen | |
Osten verglichen. Wegen dieses „Verbrechens“ solle juristisch gegen das | |
Goethe-Institut vorgegangen werden. | |
Der Autor des Videos war bereits im September vergangenen Jahres an einer | |
Kampagne gegen eine Queer-Ausstellung ebenfalls in Porto Alegre beteiligt. | |
Damals war die Kampagne erfolgreich: Die Bank Santander schloss die | |
Ausstellung in ihrem Kulturzentrum, und der evangelikale Bürgermeister von | |
Rio de Janeiro verbot, die Werke in städtischen Räumen zu zeigen. | |
Nicht die immer stärkeren evangelikalen Pfingstkirchen, sondern radikale | |
katholische Gruppen stehen hinter der Hetzkampagne, unter anderem das | |
Centro Dom Bosco in Rio de Janeiro. Mit dabei ist laut Recherchen des | |
Instituts auch die erzkonservative Gruppe MBL (Movimento Brasil Livre), die | |
eine wichtige Rolle beim Rechtsruck des Landes spielt. Sie war 2016 einer | |
der Initiatoren der Massenproteste gegen die damalige Mitte-links-Regierung | |
von Dilma Rousseff. | |
„Offenbar wird hier Religion für den bevorstehenden Wahlkampf missbraucht“, | |
sagt Marina Ludemann. Die Institutsleiterin freut sich aber, dass es | |
zumindest im Kulturbereich viel Solidarität gibt: „Einige sagen, dank | |
Goethe wird jetzt überall über diesen Konflikt geredet.“ Ludemann weiß, | |
dass die Hetze weitergehen wird. Sie setzt auf Dialog, „aber nicht klein | |
beigeben wie damals Santander“. | |
11 May 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://www.youtube.com/watch?v=yaJvJnLUWDg | |
## AUTOREN | |
Andreas Behn | |
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